stürzte er bei dem ersten Begegnen auf den Feind, und fiel, von vier Kugeln in den Leib getroffen, todt vom Pferde. Seine Lieder konnten der Gegenwart genü¬ gen, seine Gesinnung allen Zeiten; ein Gedicht von Stägemann feiert das Andenken von beiden mit milder Ueberlegenheit. Noch ein anderer Offizier von unschätz¬ barem Werthe, der Hauptmann Schäffer, dessen wir schon Gelegenheit fanden zu erwähnen, verdient, daß sein Name nicht sogleich vergessen werde; er war in diesen Tagen auf einem Streifzuge jenseits der Elbe, wo er, obgleich Ingenieuroffizier, und durch keinen Beruf dazu verpflichtet, mit kampfbegierigem Muthe auf den Feind eindrang, bei Dannenberg von einer Flintenkugel getödtet worden.
Inzwischen hatte der Marschall Davoust den Ge¬ neral Loison gegen Wismar abgeschickt, und dieser, nach mehrern Gefechten mit dem General von Vegesack, die Stadt besetzt. Die Beute war nicht so ansehnlich, als man erwartet hatte, desto beträchtlicher sollten die Gelderpressungen ausfallen, die sich der General Loison daselbst nebst der schnödesten Behandlung der Einwoh¬ ner erlaubte. Eine Unternehmung auf Rostock, wo große Waarenlager aufgehäuft waren, reizte die unbe¬ friedigte Raubsucht, und ein Versuch, dahin vorzudrin¬ gen, wurde sogleich gemacht. Allein der General von Vegesack schlug die Franzosen bei Neu-Bukow, und warf sie wieder auf Wismar zurück, welches sie darauf
III.27
ſtuͤrzte er bei dem erſten Begegnen auf den Feind, und fiel, von vier Kugeln in den Leib getroffen, todt vom Pferde. Seine Lieder konnten der Gegenwart genuͤ¬ gen, ſeine Geſinnung allen Zeiten; ein Gedicht von Staͤgemann feiert das Andenken von beiden mit milder Ueberlegenheit. Noch ein anderer Offizier von unſchaͤtz¬ barem Werthe, der Hauptmann Schaͤffer, deſſen wir ſchon Gelegenheit fanden zu erwaͤhnen, verdient, daß ſein Name nicht ſogleich vergeſſen werde; er war in dieſen Tagen auf einem Streifzuge jenſeits der Elbe, wo er, obgleich Ingenieuroffizier, und durch keinen Beruf dazu verpflichtet, mit kampfbegierigem Muthe auf den Feind eindrang, bei Dannenberg von einer Flintenkugel getoͤdtet worden.
Inzwiſchen hatte der Marſchall Davouſt den Ge¬ neral Loiſon gegen Wismar abgeſchickt, und dieſer, nach mehrern Gefechten mit dem General von Vegeſack, die Stadt beſetzt. Die Beute war nicht ſo anſehnlich, als man erwartet hatte, deſto betraͤchtlicher ſollten die Gelderpreſſungen ausfallen, die ſich der General Loiſon daſelbſt nebſt der ſchnoͤdeſten Behandlung der Einwoh¬ ner erlaubte. Eine Unternehmung auf Roſtock, wo große Waarenlager aufgehaͤuft waren, reizte die unbe¬ friedigte Raubſucht, und ein Verſuch, dahin vorzudrin¬ gen, wurde ſogleich gemacht. Allein der General von Vegeſack ſchlug die Franzoſen bei Neu-Bukow, und warf ſie wieder auf Wismar zuruͤck, welches ſie darauf
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ſtuͤrzte er bei dem erſten Begegnen auf den Feind, und
fiel, von vier Kugeln in den Leib getroffen, todt vom
Pferde. Seine Lieder konnten der Gegenwart genuͤ¬
gen, ſeine Geſinnung allen Zeiten; ein Gedicht von
Staͤgemann feiert das Andenken von beiden mit milder
Ueberlegenheit. Noch ein anderer Offizier von unſchaͤtz¬
barem Werthe, der Hauptmann Schaͤffer, deſſen wir
ſchon Gelegenheit fanden zu erwaͤhnen, verdient, daß
ſein Name nicht ſogleich vergeſſen werde; er war in
dieſen Tagen auf einem Streifzuge jenſeits der Elbe,
wo er, obgleich Ingenieuroffizier, und durch keinen
Beruf dazu verpflichtet, mit kampfbegierigem Muthe
auf den Feind eindrang, bei Dannenberg von einer
Flintenkugel getoͤdtet worden.
Inzwiſchen hatte der Marſchall Davouſt den Ge¬
neral Loiſon gegen Wismar abgeſchickt, und dieſer,
nach mehrern Gefechten mit dem General von Vegeſack,
die Stadt beſetzt. Die Beute war nicht ſo anſehnlich,
als man erwartet hatte, deſto betraͤchtlicher ſollten die
Gelderpreſſungen ausfallen, die ſich der General Loiſon
daſelbſt nebſt der ſchnoͤdeſten Behandlung der Einwoh¬
ner erlaubte. Eine Unternehmung auf Roſtock, wo
große Waarenlager aufgehaͤuft waren, reizte die unbe¬
friedigte Raubſucht, und ein Verſuch, dahin vorzudrin¬
gen, wurde ſogleich gemacht. Allein der General von
Vegeſack ſchlug die Franzoſen bei Neu-Bukow, und
warf ſie wieder auf Wismar zuruͤck, welches ſie darauf
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/429>, abgerufen am 24.11.2024.
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