die ganze Stadt in Bewegung gebracht, man glaubte den Feind auf dem Hamburgerberg gelandet, und dankte Gott, daß den Abend vorher die Schweden angekom¬ men waren. Der gute Ausgang der Sache konnte nicht ganz für den Schrecken und die Besorgniß, die man ausgestanden hatte, schadlos halten, man sah im Grunde nichts gewonnen, sondern nur einen Verlust abgewen¬ det, vielleicht auf nur kurze Zeit, und erhielt die be¬ unruhigende Einsicht, wie viele Blößen die hamburgische Vertheidigung dem Feinde zu benützen lasse, die einzeln wohl zu decken seien, aber durchaus nicht alle zugleich.
Die Franzosen begannen auch bald aufs neue, die Stadt zu bombardiren, und beschossen sie die ganze Nacht vom 23. auf den 24. mit der größten Lebhaf¬ tigkeit, doch ohne sonderlich Schaden zu thun; das Feuer wurde, noch ehe es recht ausbrach, jedesmal glücklich gelöscht; die Geschützkugeln und Bombenstücke verwundeten einige Bürger in den Straßen, die auf¬ gestellten Truppen erlitten keinen Verlust. Am meisten fürchtete man für das ungeheure Theemagazin auf dem Deiche, allein zum Glück richteten die Franzosen ihr Geschütz nicht dahin, und man gewann Zeit, die Ton¬ nen in die Ebene zu rollen und Haardecken und Erde darüber zu werfen, bei welchem Geschäft ein junger Mann Namens Flügge den unerschrockensten Muth und kundigsten Eifer bewies. Tettenborn war bald auf dem Grasbrook, bald auf dem Hamburgerberg, bald in der
die ganze Stadt in Bewegung gebracht, man glaubte den Feind auf dem Hamburgerberg gelandet, und dankte Gott, daß den Abend vorher die Schweden angekom¬ men waren. Der gute Ausgang der Sache konnte nicht ganz fuͤr den Schrecken und die Beſorgniß, die man ausgeſtanden hatte, ſchadlos halten, man ſah im Grunde nichts gewonnen, ſondern nur einen Verluſt abgewen¬ det, vielleicht auf nur kurze Zeit, und erhielt die be¬ unruhigende Einſicht, wie viele Bloͤßen die hamburgiſche Vertheidigung dem Feinde zu benuͤtzen laſſe, die einzeln wohl zu decken ſeien, aber durchaus nicht alle zugleich.
Die Franzoſen begannen auch bald aufs neue, die Stadt zu bombardiren, und beſchoſſen ſie die ganze Nacht vom 23. auf den 24. mit der groͤßten Lebhaf¬ tigkeit, doch ohne ſonderlich Schaden zu thun; das Feuer wurde, noch ehe es recht ausbrach, jedesmal gluͤcklich geloͤſcht; die Geſchuͤtzkugeln und Bombenſtuͤcke verwundeten einige Buͤrger in den Straßen, die auf¬ geſtellten Truppen erlitten keinen Verluſt. Am meiſten fuͤrchtete man fuͤr das ungeheure Theemagazin auf dem Deiche, allein zum Gluͤck richteten die Franzoſen ihr Geſchuͤtz nicht dahin, und man gewann Zeit, die Ton¬ nen in die Ebene zu rollen und Haardecken und Erde daruͤber zu werfen, bei welchem Geſchaͤft ein junger Mann Namens Fluͤgge den unerſchrockenſten Muth und kundigſten Eifer bewies. Tettenborn war bald auf dem Grasbrook, bald auf dem Hamburgerberg, bald in der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0379"n="367"/>
die ganze Stadt in Bewegung gebracht, man glaubte<lb/>
den Feind auf dem Hamburgerberg gelandet, und dankte<lb/>
Gott, daß den Abend vorher die Schweden angekom¬<lb/>
men waren. Der gute Ausgang der Sache konnte nicht<lb/>
ganz fuͤr den Schrecken und die Beſorgniß, die man<lb/>
ausgeſtanden hatte, ſchadlos halten, man ſah im Grunde<lb/>
nichts gewonnen, ſondern nur einen Verluſt abgewen¬<lb/>
det, vielleicht auf nur kurze Zeit, und erhielt die be¬<lb/>
unruhigende Einſicht, wie viele Bloͤßen die hamburgiſche<lb/>
Vertheidigung dem Feinde zu benuͤtzen laſſe, die einzeln<lb/>
wohl zu decken ſeien, aber durchaus nicht alle zugleich.</p><lb/><p>Die Franzoſen begannen auch bald aufs neue, die<lb/>
Stadt zu bombardiren, und beſchoſſen ſie die ganze<lb/>
Nacht vom <hirendition="#b">23.</hi> auf den <hirendition="#b">24.</hi> mit der groͤßten Lebhaf¬<lb/>
tigkeit, doch ohne ſonderlich Schaden zu thun; das<lb/>
Feuer wurde, noch ehe es recht ausbrach, jedesmal<lb/>
gluͤcklich geloͤſcht; die Geſchuͤtzkugeln und Bombenſtuͤcke<lb/>
verwundeten einige Buͤrger in den Straßen, die auf¬<lb/>
geſtellten Truppen erlitten keinen Verluſt. Am meiſten<lb/>
fuͤrchtete man fuͤr das ungeheure Theemagazin auf dem<lb/>
Deiche, allein zum Gluͤck richteten die Franzoſen ihr<lb/>
Geſchuͤtz nicht dahin, und man gewann Zeit, die Ton¬<lb/>
nen in die Ebene zu rollen und Haardecken und Erde<lb/>
daruͤber zu werfen, bei welchem Geſchaͤft ein junger<lb/>
Mann Namens Fluͤgge den unerſchrockenſten Muth und<lb/>
kundigſten Eifer bewies. Tettenborn war bald auf dem<lb/>
Grasbrook, bald auf dem Hamburgerberg, bald in der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[367/0379]
die ganze Stadt in Bewegung gebracht, man glaubte
den Feind auf dem Hamburgerberg gelandet, und dankte
Gott, daß den Abend vorher die Schweden angekom¬
men waren. Der gute Ausgang der Sache konnte nicht
ganz fuͤr den Schrecken und die Beſorgniß, die man
ausgeſtanden hatte, ſchadlos halten, man ſah im Grunde
nichts gewonnen, ſondern nur einen Verluſt abgewen¬
det, vielleicht auf nur kurze Zeit, und erhielt die be¬
unruhigende Einſicht, wie viele Bloͤßen die hamburgiſche
Vertheidigung dem Feinde zu benuͤtzen laſſe, die einzeln
wohl zu decken ſeien, aber durchaus nicht alle zugleich.
Die Franzoſen begannen auch bald aufs neue, die
Stadt zu bombardiren, und beſchoſſen ſie die ganze
Nacht vom 23. auf den 24. mit der groͤßten Lebhaf¬
tigkeit, doch ohne ſonderlich Schaden zu thun; das
Feuer wurde, noch ehe es recht ausbrach, jedesmal
gluͤcklich geloͤſcht; die Geſchuͤtzkugeln und Bombenſtuͤcke
verwundeten einige Buͤrger in den Straßen, die auf¬
geſtellten Truppen erlitten keinen Verluſt. Am meiſten
fuͤrchtete man fuͤr das ungeheure Theemagazin auf dem
Deiche, allein zum Gluͤck richteten die Franzoſen ihr
Geſchuͤtz nicht dahin, und man gewann Zeit, die Ton¬
nen in die Ebene zu rollen und Haardecken und Erde
daruͤber zu werfen, bei welchem Geſchaͤft ein junger
Mann Namens Fluͤgge den unerſchrockenſten Muth und
kundigſten Eifer bewies. Tettenborn war bald auf dem
Grasbrook, bald auf dem Hamburgerberg, bald in der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/379>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.