gen Schaaren vor sich hertreibe, mit Macht gegen Hamburg vorrücke. Die Insel Wilhelmsburg hat einen flachen Marschboden, der überall von Wassergräben durchschnitten ist, so daß man sich mit Truppen und Geschütz nur auf den Deichen bewegen kann, welche rings in mancherlei Bogen die Insel vor der Fluth schützen, und selbst diese sind bei schlechtem Wetter kaum zu befahren. In Betracht dieses Umstandes hatte Tettenborn die südliche Spitze der Insel, wegen ihrer Entlegenheit von aller Unterstützung, als durchaus un¬ haltbar gegen einen ernsthaften Angriff im voraus preis¬ gegeben, und weil man doch einmal, um die Elbe und Haarburg zu bestreichen, das Geschütz dorthin hatte bringen müssen, wo es weder zu retten noch zu ver¬ theidigen war, die Vorkehrung getroffen, daß die Ka¬ nonen, im Falle sie zurückzulassen wären, auf der Stelle unbrauchbar gemacht werden könnten. Als der gün¬ stigste Ort für den Widerstand war der nördliche Theil der Insel und die sogenannte Feddel ausersehn, wo auch an Verschanzungen thätig gearbeitet wurde. Als daher in der Nacht vom 8. zum 9. Mai der General Vandamme, unter Begünstigung der Dunkelheit, mit¬ telst zusammengebrachter Flöße eine starke Truppen¬ macht, deren 5500 Mann bei Haarburg versammelt standen, übersetzen und auf Wilhelmsburg landen ließ, mußte der Oberst Graf von Kielmannsegge, welcher auf der Insel den Befehl führte, seine vordern Posten
gen Schaaren vor ſich hertreibe, mit Macht gegen Hamburg vorruͤcke. Die Inſel Wilhelmsburg hat einen flachen Marſchboden, der uͤberall von Waſſergraͤben durchſchnitten iſt, ſo daß man ſich mit Truppen und Geſchuͤtz nur auf den Deichen bewegen kann, welche rings in mancherlei Bogen die Inſel vor der Fluth ſchuͤtzen, und ſelbſt dieſe ſind bei ſchlechtem Wetter kaum zu befahren. In Betracht dieſes Umſtandes hatte Tettenborn die ſuͤdliche Spitze der Inſel, wegen ihrer Entlegenheit von aller Unterſtuͤtzung, als durchaus un¬ haltbar gegen einen ernſthaften Angriff im voraus preis¬ gegeben, und weil man doch einmal, um die Elbe und Haarburg zu beſtreichen, das Geſchuͤtz dorthin hatte bringen muͤſſen, wo es weder zu retten noch zu ver¬ theidigen war, die Vorkehrung getroffen, daß die Ka¬ nonen, im Falle ſie zuruͤckzulaſſen waͤren, auf der Stelle unbrauchbar gemacht werden koͤnnten. Als der guͤn¬ ſtigſte Ort fuͤr den Widerſtand war der noͤrdliche Theil der Inſel und die ſogenannte Feddel auserſehn, wo auch an Verſchanzungen thaͤtig gearbeitet wurde. Als daher in der Nacht vom 8. zum 9. Mai der General Vandamme, unter Beguͤnſtigung der Dunkelheit, mit¬ telſt zuſammengebrachter Floͤße eine ſtarke Truppen¬ macht, deren 5500 Mann bei Haarburg verſammelt ſtanden, uͤberſetzen und auf Wilhelmsburg landen ließ, mußte der Oberſt Graf von Kielmannsegge, welcher auf der Inſel den Befehl fuͤhrte, ſeine vordern Poſten
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gen Schaaren vor ſich hertreibe, mit Macht gegen
Hamburg vorruͤcke. Die Inſel Wilhelmsburg hat einen
flachen Marſchboden, der uͤberall von Waſſergraͤben
durchſchnitten iſt, ſo daß man ſich mit Truppen und
Geſchuͤtz nur auf den Deichen bewegen kann, welche
rings in mancherlei Bogen die Inſel vor der Fluth
ſchuͤtzen, und ſelbſt dieſe ſind bei ſchlechtem Wetter
kaum zu befahren. In Betracht dieſes Umſtandes hatte
Tettenborn die ſuͤdliche Spitze der Inſel, wegen ihrer
Entlegenheit von aller Unterſtuͤtzung, als durchaus un¬
haltbar gegen einen ernſthaften Angriff im voraus preis¬
gegeben, und weil man doch einmal, um die Elbe und
Haarburg zu beſtreichen, das Geſchuͤtz dorthin hatte
bringen muͤſſen, wo es weder zu retten noch zu ver¬
theidigen war, die Vorkehrung getroffen, daß die Ka¬
nonen, im Falle ſie zuruͤckzulaſſen waͤren, auf der Stelle
unbrauchbar gemacht werden koͤnnten. Als der guͤn¬
ſtigſte Ort fuͤr den Widerſtand war der noͤrdliche Theil
der Inſel und die ſogenannte Feddel auserſehn, wo
auch an Verſchanzungen thaͤtig gearbeitet wurde. Als
daher in der Nacht vom 8. zum 9. Mai der General
Vandamme, unter Beguͤnſtigung der Dunkelheit, mit¬
telſt zuſammengebrachter Floͤße eine ſtarke Truppen¬
macht, deren 5500 Mann bei Haarburg verſammelt
ſtanden, uͤberſetzen und auf Wilhelmsburg landen ließ,
mußte der Oberſt Graf von Kielmannsegge, welcher
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/350>, abgerufen am 23.11.2024.
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