Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

verlegen wagte. Tettenborn hatte, wie schon erwähnt,
mit aller Sorgfalt Schiffe, Kähne und Boote von dem
jenseitigen Ufer auf das diesseitige schaffen lassen, um
dem Feinde den Uebergang wenigstens zu erschweren,
aber freilich konnte die weite Strecke des Ufers von
Kuxhaven bis Haarburg, mit allen Inseln, Flüssen und
Kanälen, nicht so beaufsichtigt werden, daß nicht Schiffe
versteckt geblieben, oder von der dänischen Seite wieder
hinübergegangen wären; in einer auf den Verkehr zu
Wasser seit Jahrhunderten eingerichteten Gegend, wo
fast jeder Anwohner des Stroms ein Schiffer ist, und
selbst die täglichen Bedürfnisse des Lebens von den
Bauern zu Schiffe nach den Märkten geführt werden,
ließ sich um so weniger in der kurzen Zeit eine genü¬
gende Maßregel verfügen, als man an die meisten Orte
nur den Befehl, nicht aber Leute ihn auszuführen,
schicken konnte, und ein großer Theil des Ufers, das
dänische der ganzen Länge Holsteins nach, der russischen
Anordnung nicht Folge zu leisten brauchte. Dessenun¬
geachtet hatten die Franzosen in der ersten Zeit große
Mühe, auch nur einige Kähne zu finden, und als sie
deren eine geringe Zahl versammelt hatten, sahen sie
dieselben gleich darauf durch eine von Tettenborn zu
diesem Handstreich ausgesandte Abtheilung Mecklenbur¬
ger abgeholt. Sie ließen jedoch nicht nach, sich deren
neue zu verschaffen, und an dem Eifer, womit sie die¬
selben zum Theil auf Wagen aus den innern Flüssen

verlegen wagte. Tettenborn hatte, wie ſchon erwaͤhnt,
mit aller Sorgfalt Schiffe, Kaͤhne und Boote von dem
jenſeitigen Ufer auf das dieſſeitige ſchaffen laſſen, um
dem Feinde den Uebergang wenigſtens zu erſchweren,
aber freilich konnte die weite Strecke des Ufers von
Kuxhaven bis Haarburg, mit allen Inſeln, Fluͤſſen und
Kanaͤlen, nicht ſo beaufſichtigt werden, daß nicht Schiffe
verſteckt geblieben, oder von der daͤniſchen Seite wieder
hinuͤbergegangen waͤren; in einer auf den Verkehr zu
Waſſer ſeit Jahrhunderten eingerichteten Gegend, wo
faſt jeder Anwohner des Stroms ein Schiffer iſt, und
ſelbſt die taͤglichen Beduͤrfniſſe des Lebens von den
Bauern zu Schiffe nach den Maͤrkten gefuͤhrt werden,
ließ ſich um ſo weniger in der kurzen Zeit eine genuͤ¬
gende Maßregel verfuͤgen, als man an die meiſten Orte
nur den Befehl, nicht aber Leute ihn auszufuͤhren,
ſchicken konnte, und ein großer Theil des Ufers, das
daͤniſche der ganzen Laͤnge Holſteins nach, der ruſſiſchen
Anordnung nicht Folge zu leiſten brauchte. Deſſenun¬
geachtet hatten die Franzoſen in der erſten Zeit große
Muͤhe, auch nur einige Kaͤhne zu finden, und als ſie
deren eine geringe Zahl verſammelt hatten, ſahen ſie
dieſelben gleich darauf durch eine von Tettenborn zu
dieſem Handſtreich ausgeſandte Abtheilung Mecklenbur¬
ger abgeholt. Sie ließen jedoch nicht nach, ſich deren
neue zu verſchaffen, und an dem Eifer, womit ſie die¬
ſelben zum Theil auf Wagen aus den innern Fluͤſſen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0339" n="327"/>
verlegen wagte. Tettenborn hatte, wie &#x017F;chon erwa&#x0364;hnt,<lb/>
mit aller Sorgfalt Schiffe, Ka&#x0364;hne und Boote von dem<lb/>
jen&#x017F;eitigen Ufer auf das die&#x017F;&#x017F;eitige &#x017F;chaffen la&#x017F;&#x017F;en, um<lb/>
dem Feinde den Uebergang wenig&#x017F;tens zu er&#x017F;chweren,<lb/>
aber freilich konnte die weite Strecke des Ufers von<lb/>
Kuxhaven bis Haarburg, mit allen In&#x017F;eln, Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
Kana&#x0364;len, nicht &#x017F;o beauf&#x017F;ichtigt werden, daß nicht Schiffe<lb/>
ver&#x017F;teckt geblieben, oder von der da&#x0364;ni&#x017F;chen Seite wieder<lb/>
hinu&#x0364;bergegangen wa&#x0364;ren; in einer auf den Verkehr zu<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eit Jahrhunderten eingerichteten Gegend, wo<lb/>
fa&#x017F;t jeder Anwohner des Stroms ein Schiffer i&#x017F;t, und<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die ta&#x0364;glichen Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e des Lebens von den<lb/>
Bauern zu Schiffe nach den Ma&#x0364;rkten gefu&#x0364;hrt werden,<lb/>
ließ &#x017F;ich um &#x017F;o weniger in der kurzen Zeit eine genu&#x0364;¬<lb/>
gende Maßregel verfu&#x0364;gen, als man an die mei&#x017F;ten Orte<lb/>
nur den Befehl, nicht aber Leute ihn auszufu&#x0364;hren,<lb/>
&#x017F;chicken konnte, und ein großer Theil des Ufers, das<lb/>
da&#x0364;ni&#x017F;che der ganzen La&#x0364;nge Hol&#x017F;teins nach, der ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Anordnung nicht Folge zu lei&#x017F;ten brauchte. De&#x017F;&#x017F;enun¬<lb/>
geachtet hatten die Franzo&#x017F;en in der er&#x017F;ten Zeit große<lb/>
Mu&#x0364;he, auch nur einige Ka&#x0364;hne zu finden, und als &#x017F;ie<lb/>
deren eine geringe Zahl ver&#x017F;ammelt hatten, &#x017F;ahen &#x017F;ie<lb/>
die&#x017F;elben gleich darauf durch eine von Tettenborn zu<lb/>
die&#x017F;em Hand&#x017F;treich ausge&#x017F;andte Abtheilung Mecklenbur¬<lb/>
ger abgeholt. Sie ließen jedoch nicht nach, &#x017F;ich deren<lb/>
neue zu ver&#x017F;chaffen, und an dem Eifer, womit &#x017F;ie die¬<lb/>
&#x017F;elben zum Theil auf Wagen aus den innern Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0339] verlegen wagte. Tettenborn hatte, wie ſchon erwaͤhnt, mit aller Sorgfalt Schiffe, Kaͤhne und Boote von dem jenſeitigen Ufer auf das dieſſeitige ſchaffen laſſen, um dem Feinde den Uebergang wenigſtens zu erſchweren, aber freilich konnte die weite Strecke des Ufers von Kuxhaven bis Haarburg, mit allen Inſeln, Fluͤſſen und Kanaͤlen, nicht ſo beaufſichtigt werden, daß nicht Schiffe verſteckt geblieben, oder von der daͤniſchen Seite wieder hinuͤbergegangen waͤren; in einer auf den Verkehr zu Waſſer ſeit Jahrhunderten eingerichteten Gegend, wo faſt jeder Anwohner des Stroms ein Schiffer iſt, und ſelbſt die taͤglichen Beduͤrfniſſe des Lebens von den Bauern zu Schiffe nach den Maͤrkten gefuͤhrt werden, ließ ſich um ſo weniger in der kurzen Zeit eine genuͤ¬ gende Maßregel verfuͤgen, als man an die meiſten Orte nur den Befehl, nicht aber Leute ihn auszufuͤhren, ſchicken konnte, und ein großer Theil des Ufers, das daͤniſche der ganzen Laͤnge Holſteins nach, der ruſſiſchen Anordnung nicht Folge zu leiſten brauchte. Deſſenun¬ geachtet hatten die Franzoſen in der erſten Zeit große Muͤhe, auch nur einige Kaͤhne zu finden, und als ſie deren eine geringe Zahl verſammelt hatten, ſahen ſie dieſelben gleich darauf durch eine von Tettenborn zu dieſem Handſtreich ausgeſandte Abtheilung Mecklenbur¬ ger abgeholt. Sie ließen jedoch nicht nach, ſich deren neue zu verſchaffen, und an dem Eifer, womit ſie die¬ ſelben zum Theil auf Wagen aus den innern Fluͤſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/339
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/339>, abgerufen am 26.11.2024.