Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

fahren war. Der Senator Bartels, dessen Muth und
Thätigkeit in diesen drangvollen Tagen vielfach voran¬
stehen mußten, erließ an Tettenborn bei Uebersendung
des Bürgerbriefs ein Schreiben, welches ihm später
den Grimm der Franzosen und die Aechtung von Sei¬
ten des Marschalls Davoust zuzog.

Vandamme indessen, da er die russischen Truppen
keinen ihrer häufigen Vortheile mit Nachdruck verfol¬
gen sah, urtheilte bald, daß es ihnen noch ganz an
Fußvolk mangeln müsse, und wollte daher den Schimpf,
von einigen Kosaken und Hanseaten auf Bremen be¬
schränkt zu sein, nicht länger ertragen. Er rückte mit
etwa 3000 Mann zu Fuß und 6 Kanonen am 22. April
gegen Ottersberg vor, und drängte die ausgestellten
Posten bis Rothenburg auf den Haupttrupp zurück,
indem die plänkelnden Kosaken wohl wie früher die
dichten Massen des Fußvolks umschwärmen, aber nicht
durchbrechen, und also deren Marsch nicht aufhalten
konnten. Allein kaum hatte Benkendorf bei Rothen¬
burg die Zurückgedrängten aufgenommen, als er sogleich
mit seiner ganzen Reiterei, unterstützt von zwei Kano¬
nen, die vorgedrungenen Franzosen ungestüm anfiel, sie
in die Flucht warf, und unausgesetzt bis vor die Thore
von Bremen verfolgte, unter beständigem Kartätschen¬
feuer, das rasch vorrückend die flüchtigen Reihen lich¬
tete und dem Feinde gegen 300 Mann tödtete und
verwundete, während die Reiterei ihm über 100 Ge¬

fahren war. Der Senator Bartels, deſſen Muth und
Thaͤtigkeit in dieſen drangvollen Tagen vielfach voran¬
ſtehen mußten, erließ an Tettenborn bei Ueberſendung
des Buͤrgerbriefs ein Schreiben, welches ihm ſpaͤter
den Grimm der Franzoſen und die Aechtung von Sei¬
ten des Marſchalls Davouſt zuzog.

Vandamme indeſſen, da er die ruſſiſchen Truppen
keinen ihrer haͤufigen Vortheile mit Nachdruck verfol¬
gen ſah, urtheilte bald, daß es ihnen noch ganz an
Fußvolk mangeln muͤſſe, und wollte daher den Schimpf,
von einigen Koſaken und Hanſeaten auf Bremen be¬
ſchraͤnkt zu ſein, nicht laͤnger ertragen. Er ruͤckte mit
etwa 3000 Mann zu Fuß und 6 Kanonen am 22. April
gegen Ottersberg vor, und draͤngte die ausgeſtellten
Poſten bis Rothenburg auf den Haupttrupp zuruͤck,
indem die plaͤnkelnden Koſaken wohl wie fruͤher die
dichten Maſſen des Fußvolks umſchwaͤrmen, aber nicht
durchbrechen, und alſo deren Marſch nicht aufhalten
konnten. Allein kaum hatte Benkendorf bei Rothen¬
burg die Zuruͤckgedraͤngten aufgenommen, als er ſogleich
mit ſeiner ganzen Reiterei, unterſtuͤtzt von zwei Kano¬
nen, die vorgedrungenen Franzoſen ungeſtuͤm anfiel, ſie
in die Flucht warf, und unausgeſetzt bis vor die Thore
von Bremen verfolgte, unter beſtaͤndigem Kartaͤtſchen¬
feuer, das raſch vorruͤckend die fluͤchtigen Reihen lich¬
tete und dem Feinde gegen 300 Mann toͤdtete und
verwundete, waͤhrend die Reiterei ihm uͤber 100 Ge¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0334" n="322"/>
fahren war. Der Senator Bartels, de&#x017F;&#x017F;en Muth und<lb/>
Tha&#x0364;tigkeit in die&#x017F;en drangvollen Tagen vielfach voran¬<lb/>
&#x017F;tehen mußten, erließ an Tettenborn bei Ueber&#x017F;endung<lb/>
des Bu&#x0364;rgerbriefs ein Schreiben, welches ihm &#x017F;pa&#x0364;ter<lb/>
den Grimm der Franzo&#x017F;en und die Aechtung von Sei¬<lb/>
ten des Mar&#x017F;challs Davou&#x017F;t zuzog.</p><lb/>
        <p>Vandamme inde&#x017F;&#x017F;en, da er die ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Truppen<lb/>
keinen ihrer ha&#x0364;ufigen Vortheile mit Nachdruck verfol¬<lb/>
gen &#x017F;ah, urtheilte bald, daß es ihnen noch ganz an<lb/>
Fußvolk mangeln mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, und wollte daher den Schimpf,<lb/>
von einigen Ko&#x017F;aken und Han&#x017F;eaten auf Bremen be¬<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;nkt zu &#x017F;ein, nicht la&#x0364;nger ertragen. Er ru&#x0364;ckte mit<lb/>
etwa <hi rendition="#b">3000</hi> Mann zu Fuß und <hi rendition="#b">6</hi> Kanonen am <hi rendition="#b">22.</hi> April<lb/>
gegen Ottersberg vor, und dra&#x0364;ngte die ausge&#x017F;tellten<lb/>
Po&#x017F;ten bis Rothenburg auf den Haupttrupp zuru&#x0364;ck,<lb/>
indem die pla&#x0364;nkelnden Ko&#x017F;aken wohl wie fru&#x0364;her die<lb/>
dichten Ma&#x017F;&#x017F;en des Fußvolks um&#x017F;chwa&#x0364;rmen, aber nicht<lb/>
durchbrechen, und al&#x017F;o deren Mar&#x017F;ch nicht aufhalten<lb/>
konnten. Allein kaum hatte Benkendorf bei Rothen¬<lb/>
burg die Zuru&#x0364;ckgedra&#x0364;ngten aufgenommen, als er &#x017F;ogleich<lb/>
mit &#x017F;einer ganzen Reiterei, unter&#x017F;tu&#x0364;tzt von zwei Kano¬<lb/>
nen, die vorgedrungenen Franzo&#x017F;en unge&#x017F;tu&#x0364;m anfiel, &#x017F;ie<lb/>
in die Flucht warf, und unausge&#x017F;etzt bis vor die Thore<lb/>
von Bremen verfolgte, unter be&#x017F;ta&#x0364;ndigem Karta&#x0364;t&#x017F;chen¬<lb/>
feuer, das ra&#x017F;ch vorru&#x0364;ckend die flu&#x0364;chtigen Reihen lich¬<lb/>
tete und dem Feinde gegen <hi rendition="#b">300</hi> Mann to&#x0364;dtete und<lb/>
verwundete, wa&#x0364;hrend die Reiterei ihm u&#x0364;ber <hi rendition="#b">100</hi> Ge¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0334] fahren war. Der Senator Bartels, deſſen Muth und Thaͤtigkeit in dieſen drangvollen Tagen vielfach voran¬ ſtehen mußten, erließ an Tettenborn bei Ueberſendung des Buͤrgerbriefs ein Schreiben, welches ihm ſpaͤter den Grimm der Franzoſen und die Aechtung von Sei¬ ten des Marſchalls Davouſt zuzog. Vandamme indeſſen, da er die ruſſiſchen Truppen keinen ihrer haͤufigen Vortheile mit Nachdruck verfol¬ gen ſah, urtheilte bald, daß es ihnen noch ganz an Fußvolk mangeln muͤſſe, und wollte daher den Schimpf, von einigen Koſaken und Hanſeaten auf Bremen be¬ ſchraͤnkt zu ſein, nicht laͤnger ertragen. Er ruͤckte mit etwa 3000 Mann zu Fuß und 6 Kanonen am 22. April gegen Ottersberg vor, und draͤngte die ausgeſtellten Poſten bis Rothenburg auf den Haupttrupp zuruͤck, indem die plaͤnkelnden Koſaken wohl wie fruͤher die dichten Maſſen des Fußvolks umſchwaͤrmen, aber nicht durchbrechen, und alſo deren Marſch nicht aufhalten konnten. Allein kaum hatte Benkendorf bei Rothen¬ burg die Zuruͤckgedraͤngten aufgenommen, als er ſogleich mit ſeiner ganzen Reiterei, unterſtuͤtzt von zwei Kano¬ nen, die vorgedrungenen Franzoſen ungeſtuͤm anfiel, ſie in die Flucht warf, und unausgeſetzt bis vor die Thore von Bremen verfolgte, unter beſtaͤndigem Kartaͤtſchen¬ feuer, das raſch vorruͤckend die fluͤchtigen Reihen lich¬ tete und dem Feinde gegen 300 Mann toͤdtete und verwundete, waͤhrend die Reiterei ihm uͤber 100 Ge¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/334
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/334>, abgerufen am 08.07.2024.