Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

dings manche Hamburger unter solcherlei Gerüchten
und Vorstellungen einiges Bedenkliche aufgriffen, und
mit der Zuversicht auch den Eifer sinken ließen. Doch
von andrer Seite wurde derselbe wieder um so stärker
angefacht.

Während alles dieses vorging, begann es nämlich
an der obern Elbe, nach einem langen, damals un¬
begreiflich dünkenden, und gewiß höchst nachtheiligen
Stocken der Kriegsbewegungen, nach und nach lebhaft
zu werden, und alles deutete auf ein nachdrückliches
Vorrücken der Heere. Die Schweden, die noch zöger¬
ten, die Dänen, die bereit standen, beide schienen kaum
noch einigen Theil an dem Feldzuge gewinnen zu kön¬
nen. Das, was geschehn war, schien über das, was
bevorstand, zu täuschen. Die nordischen Hülfstruppen
konnten der, wie man meinte, anderweitig genugsam
verbürgten Sicherheit Hamburgs ein überflüssiger Zu¬
wachs erscheinen, die Aufstände in den Ländern jenseits
der Elbe versprachen einen ungeheuren Stoff zur Bil¬
dung neuer Kriegsvölker, wie damit auch im Mecklen¬
burgischen, in Hamburg und Lübeck thätig fortgeschrit¬
ten wurde. Diese und ähnliche Betrachtungen mögen
wohl Ursache gewesen sein, daß man nicht für nöthig
hielt, neue Truppen nach der untern Elbe abzusenden,
indem nur etwa 150 Mann preußischer Dragoner un¬
ter dem Major von Schill, einen Bruder des bei
Stralsund gebliebenen, als einziger Nachschub ankamen.

dings manche Hamburger unter ſolcherlei Geruͤchten
und Vorſtellungen einiges Bedenkliche aufgriffen, und
mit der Zuverſicht auch den Eifer ſinken ließen. Doch
von andrer Seite wurde derſelbe wieder um ſo ſtaͤrker
angefacht.

Waͤhrend alles dieſes vorging, begann es naͤmlich
an der obern Elbe, nach einem langen, damals un¬
begreiflich duͤnkenden, und gewiß hoͤchſt nachtheiligen
Stocken der Kriegsbewegungen, nach und nach lebhaft
zu werden, und alles deutete auf ein nachdruͤckliches
Vorruͤcken der Heere. Die Schweden, die noch zoͤger¬
ten, die Daͤnen, die bereit ſtanden, beide ſchienen kaum
noch einigen Theil an dem Feldzuge gewinnen zu koͤn¬
nen. Das, was geſchehn war, ſchien uͤber das, was
bevorſtand, zu taͤuſchen. Die nordiſchen Huͤlfstruppen
konnten der, wie man meinte, anderweitig genugſam
verbuͤrgten Sicherheit Hamburgs ein uͤberfluͤſſiger Zu¬
wachs erſcheinen, die Aufſtaͤnde in den Laͤndern jenſeits
der Elbe verſprachen einen ungeheuren Stoff zur Bil¬
dung neuer Kriegsvoͤlker, wie damit auch im Mecklen¬
burgiſchen, in Hamburg und Luͤbeck thaͤtig fortgeſchrit¬
ten wurde. Dieſe und aͤhnliche Betrachtungen moͤgen
wohl Urſache geweſen ſein, daß man nicht fuͤr noͤthig
hielt, neue Truppen nach der untern Elbe abzuſenden,
indem nur etwa 150 Mann preußiſcher Dragoner un¬
ter dem Major von Schill, einen Bruder des bei
Stralſund gebliebenen, als einziger Nachſchub ankamen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0330" n="318"/>
dings manche Hamburger unter &#x017F;olcherlei Geru&#x0364;chten<lb/>
und Vor&#x017F;tellungen einiges Bedenkliche aufgriffen, und<lb/>
mit der Zuver&#x017F;icht auch den Eifer &#x017F;inken ließen. Doch<lb/>
von andrer Seite wurde der&#x017F;elbe wieder um &#x017F;o &#x017F;ta&#x0364;rker<lb/>
angefacht.</p><lb/>
        <p>Wa&#x0364;hrend alles die&#x017F;es vorging, begann es na&#x0364;mlich<lb/>
an der obern Elbe, nach einem langen, damals un¬<lb/>
begreiflich du&#x0364;nkenden, und gewiß ho&#x0364;ch&#x017F;t nachtheiligen<lb/>
Stocken der Kriegsbewegungen, nach und nach lebhaft<lb/>
zu werden, und alles deutete auf ein nachdru&#x0364;ckliches<lb/>
Vorru&#x0364;cken der Heere. Die Schweden, die noch zo&#x0364;ger¬<lb/>
ten, die Da&#x0364;nen, die bereit &#x017F;tanden, beide &#x017F;chienen kaum<lb/>
noch einigen Theil an dem Feldzuge gewinnen zu ko&#x0364;<lb/>
nen. Das, was ge&#x017F;chehn war, &#x017F;chien u&#x0364;ber das, was<lb/>
bevor&#x017F;tand, zu ta&#x0364;u&#x017F;chen. Die nordi&#x017F;chen Hu&#x0364;lfstruppen<lb/>
konnten der, wie man meinte, anderweitig genug&#x017F;am<lb/>
verbu&#x0364;rgten Sicherheit Hamburgs ein u&#x0364;berflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Zu¬<lb/>
wachs er&#x017F;cheinen, die Auf&#x017F;ta&#x0364;nde in den La&#x0364;ndern jen&#x017F;eits<lb/>
der Elbe ver&#x017F;prachen einen ungeheuren Stoff zur Bil¬<lb/>
dung neuer Kriegsvo&#x0364;lker, wie damit auch im Mecklen¬<lb/>
burgi&#x017F;chen, in Hamburg und Lu&#x0364;beck tha&#x0364;tig fortge&#x017F;chrit¬<lb/>
ten wurde. Die&#x017F;e und a&#x0364;hnliche Betrachtungen mo&#x0364;gen<lb/>
wohl Ur&#x017F;ache gewe&#x017F;en &#x017F;ein, daß man nicht fu&#x0364;r no&#x0364;thig<lb/>
hielt, neue Truppen nach der untern Elbe abzu&#x017F;enden,<lb/>
indem nur etwa <hi rendition="#b">150</hi> Mann preußi&#x017F;cher Dragoner un¬<lb/>
ter dem Major von Schill, einen Bruder des bei<lb/>
Stral&#x017F;und gebliebenen, als einziger Nach&#x017F;chub ankamen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0330] dings manche Hamburger unter ſolcherlei Geruͤchten und Vorſtellungen einiges Bedenkliche aufgriffen, und mit der Zuverſicht auch den Eifer ſinken ließen. Doch von andrer Seite wurde derſelbe wieder um ſo ſtaͤrker angefacht. Waͤhrend alles dieſes vorging, begann es naͤmlich an der obern Elbe, nach einem langen, damals un¬ begreiflich duͤnkenden, und gewiß hoͤchſt nachtheiligen Stocken der Kriegsbewegungen, nach und nach lebhaft zu werden, und alles deutete auf ein nachdruͤckliches Vorruͤcken der Heere. Die Schweden, die noch zoͤger¬ ten, die Daͤnen, die bereit ſtanden, beide ſchienen kaum noch einigen Theil an dem Feldzuge gewinnen zu koͤn¬ nen. Das, was geſchehn war, ſchien uͤber das, was bevorſtand, zu taͤuſchen. Die nordiſchen Huͤlfstruppen konnten der, wie man meinte, anderweitig genugſam verbuͤrgten Sicherheit Hamburgs ein uͤberfluͤſſiger Zu¬ wachs erſcheinen, die Aufſtaͤnde in den Laͤndern jenſeits der Elbe verſprachen einen ungeheuren Stoff zur Bil¬ dung neuer Kriegsvoͤlker, wie damit auch im Mecklen¬ burgiſchen, in Hamburg und Luͤbeck thaͤtig fortgeſchrit¬ ten wurde. Dieſe und aͤhnliche Betrachtungen moͤgen wohl Urſache geweſen ſein, daß man nicht fuͤr noͤthig hielt, neue Truppen nach der untern Elbe abzuſenden, indem nur etwa 150 Mann preußiſcher Dragoner un¬ ter dem Major von Schill, einen Bruder des bei Stralſund gebliebenen, als einziger Nachſchub ankamen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/330
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/330>, abgerufen am 26.11.2024.