bereit, wie denn im Auslande allgemein der Hambur¬ ger als grob verschrieen ist. Die starken Arbeiten, der Matrosenverkehr, und die Wohlhabenheit, trugen sämmt¬ lich dazu bei, diesen Sinn zu nähren. Diese Unterlage bildete sich bei dem Mittelstande in eine große bürger¬ liche Tüchtigkeit aus, die sich auf mannigfache Art of¬ fenbarte, in gewöhnlichen Zeiten durch strenge Ehrbar¬ keit des Lebens, und durch musterhafte bis zum Eigen¬ sinn getriebene Rechtschaffenheit im Handel, in bedräng¬ ten Umständen durch große Aufopferung, in diesen letzten Zeiten durch den außerordentlichen Eifer mit wel¬ chem man Hand anlegte, und die Sache des Vater¬ landes führen half.
Ueberhaupt waren die Gedanken der Hamburger von jeher auf den Staat gerichtet, und zwar weniger auf die äußern Verhältnisse desselben, als vielmehr auf dessen innere, stille Einrichtungen, die nirgends so eigen¬ thümlich, reichlich, zweckmäßig waren, als in dieser nur durch künstliche Vereinigung rastloser Thätigkeiten bestehenden, an sich landarmen, zum Theil auf mora¬ stigen Inseln unter vielem Ungemach zusammen ge¬ drängten Stadt. England mit den anlockenden Bewe¬ gungen seines politischen Lebens lag hier den Blicken nah; Frankreichs Veränderungen fanden hier vorur¬ theilsfreiere Beurtheilung; die Kraft altdeutscher Staats¬ einrichtungen war hier länger lebendig geblieben, und mit Einem Worte, was unsre Zeit grade am meisten
bereit, wie denn im Auslande allgemein der Hambur¬ ger als grob verſchrieen iſt. Die ſtarken Arbeiten, der Matroſenverkehr, und die Wohlhabenheit, trugen ſaͤmmt¬ lich dazu bei, dieſen Sinn zu naͤhren. Dieſe Unterlage bildete ſich bei dem Mittelſtande in eine große buͤrger¬ liche Tuͤchtigkeit aus, die ſich auf mannigfache Art of¬ fenbarte, in gewoͤhnlichen Zeiten durch ſtrenge Ehrbar¬ keit des Lebens, und durch muſterhafte bis zum Eigen¬ ſinn getriebene Rechtſchaffenheit im Handel, in bedraͤng¬ ten Umſtaͤnden durch große Aufopferung, in dieſen letzten Zeiten durch den außerordentlichen Eifer mit wel¬ chem man Hand anlegte, und die Sache des Vater¬ landes fuͤhren half.
Ueberhaupt waren die Gedanken der Hamburger von jeher auf den Staat gerichtet, und zwar weniger auf die aͤußern Verhaͤltniſſe deſſelben, als vielmehr auf deſſen innere, ſtille Einrichtungen, die nirgends ſo eigen¬ thuͤmlich, reichlich, zweckmaͤßig waren, als in dieſer nur durch kuͤnſtliche Vereinigung raſtloſer Thaͤtigkeiten beſtehenden, an ſich landarmen, zum Theil auf mora¬ ſtigen Inſeln unter vielem Ungemach zuſammen ge¬ draͤngten Stadt. England mit den anlockenden Bewe¬ gungen ſeines politiſchen Lebens lag hier den Blicken nah; Frankreichs Veraͤnderungen fanden hier vorur¬ theilsfreiere Beurtheilung; die Kraft altdeutſcher Staats¬ einrichtungen war hier laͤnger lebendig geblieben, und mit Einem Worte, was unſre Zeit grade am meiſten
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bereit, wie denn im Auslande allgemein der Hambur¬
ger als grob verſchrieen iſt. Die ſtarken Arbeiten, der
Matroſenverkehr, und die Wohlhabenheit, trugen ſaͤmmt¬
lich dazu bei, dieſen Sinn zu naͤhren. Dieſe Unterlage
bildete ſich bei dem Mittelſtande in eine große buͤrger¬
liche Tuͤchtigkeit aus, die ſich auf mannigfache Art of¬
fenbarte, in gewoͤhnlichen Zeiten durch ſtrenge Ehrbar¬
keit des Lebens, und durch muſterhafte bis zum Eigen¬
ſinn getriebene Rechtſchaffenheit im Handel, in bedraͤng¬
ten Umſtaͤnden durch große Aufopferung, in dieſen
letzten Zeiten durch den außerordentlichen Eifer mit wel¬
chem man Hand anlegte, und die Sache des Vater¬
landes fuͤhren half.
Ueberhaupt waren die Gedanken der Hamburger
von jeher auf den Staat gerichtet, und zwar weniger
auf die aͤußern Verhaͤltniſſe deſſelben, als vielmehr auf
deſſen innere, ſtille Einrichtungen, die nirgends ſo eigen¬
thuͤmlich, reichlich, zweckmaͤßig waren, als in dieſer
nur durch kuͤnſtliche Vereinigung raſtloſer Thaͤtigkeiten
beſtehenden, an ſich landarmen, zum Theil auf mora¬
ſtigen Inſeln unter vielem Ungemach zuſammen ge¬
draͤngten Stadt. England mit den anlockenden Bewe¬
gungen ſeines politiſchen Lebens lag hier den Blicken
nah; Frankreichs Veraͤnderungen fanden hier vorur¬
theilsfreiere Beurtheilung; die Kraft altdeutſcher Staats¬
einrichtungen war hier laͤnger lebendig geblieben, und
mit Einem Worte, was unſre Zeit grade am meiſten
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/284>, abgerufen am 24.11.2024.
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