spiel verließ, spannten ihm die Bürger die Pferde aus, und zogen ihn mit Jubelgeschrei nach Hause, wo sie ihn auf ihren Schultern aus dem Wagen trugen. Er hatte seinen schönsten Tag erlebt; er war der Held des Volks geworden, sein Name schallte weit im Land um¬ her und über die See hinüber.
Am folgenden Tage erschienen sogleich zwei Be¬ kanntmachungen, durch welche Tettenborn auf höhern Befehl den Hamburgern freie Schiffahrt und Handlung ankündigte, dagegen alles französische Eigenthum anzu¬ geben und einzuziehen befahl. Die gefüllten Douanen¬ speicher, welche für mehr als 400,000 Thaler eingezo¬ gener Waaren enthielten, übergab er der Stadt, damit das nachzuweisende Eigenthum den ehemaligen Besitzern unentgeltlich zurückgegeben würde. Die alte Regierung der Stadt, die nun als eine freie und selbstständige Macht angesehen wurde, erhielt den Auftrag, dieses Geschäft, so wie alle andern, ihr Inneres betreffenden Einrichtungen, zu übernehmen. Durch dieses uneigen¬ nützige Verfahren erwarb Tettenborn auf die Dankbar¬ keit der Hamburger neue Ansprüche, und überall wurde sein Name gepriesen und sein Ruhm verherrlicht. Daß es seine Nachtheile hat, dem Volke als ein zu großer Wohlthäter zu erscheinen, haben viele alte und neue Beispiele dargethan, allein wir rühmen doch immer die, deren edler Trieb solche Klugheit verachtete.
ſpiel verließ, ſpannten ihm die Buͤrger die Pferde aus, und zogen ihn mit Jubelgeſchrei nach Hauſe, wo ſie ihn auf ihren Schultern aus dem Wagen trugen. Er hatte ſeinen ſchoͤnſten Tag erlebt; er war der Held des Volks geworden, ſein Name ſchallte weit im Land um¬ her und uͤber die See hinuͤber.
Am folgenden Tage erſchienen ſogleich zwei Be¬ kanntmachungen, durch welche Tettenborn auf hoͤhern Befehl den Hamburgern freie Schiffahrt und Handlung ankuͤndigte, dagegen alles franzoͤſiſche Eigenthum anzu¬ geben und einzuziehen befahl. Die gefuͤllten Douanen¬ ſpeicher, welche fuͤr mehr als 400,000 Thaler eingezo¬ gener Waaren enthielten, uͤbergab er der Stadt, damit das nachzuweiſende Eigenthum den ehemaligen Beſitzern unentgeltlich zuruͤckgegeben wuͤrde. Die alte Regierung der Stadt, die nun als eine freie und ſelbſtſtaͤndige Macht angeſehen wurde, erhielt den Auftrag, dieſes Geſchaͤft, ſo wie alle andern, ihr Inneres betreffenden Einrichtungen, zu uͤbernehmen. Durch dieſes uneigen¬ nuͤtzige Verfahren erwarb Tettenborn auf die Dankbar¬ keit der Hamburger neue Anſpruͤche, und uͤberall wurde ſein Name geprieſen und ſein Ruhm verherrlicht. Daß es ſeine Nachtheile hat, dem Volke als ein zu großer Wohlthaͤter zu erſcheinen, haben viele alte und neue Beiſpiele dargethan, allein wir ruͤhmen doch immer die, deren edler Trieb ſolche Klugheit verachtete.
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ſpiel verließ, ſpannten ihm die Buͤrger die Pferde aus,
und zogen ihn mit Jubelgeſchrei nach Hauſe, wo ſie
ihn auf ihren Schultern aus dem Wagen trugen. Er
hatte ſeinen ſchoͤnſten Tag erlebt; er war der Held des
Volks geworden, ſein Name ſchallte weit im Land um¬
her und uͤber die See hinuͤber.
Am folgenden Tage erſchienen ſogleich zwei Be¬
kanntmachungen, durch welche Tettenborn auf hoͤhern
Befehl den Hamburgern freie Schiffahrt und Handlung
ankuͤndigte, dagegen alles franzoͤſiſche Eigenthum anzu¬
geben und einzuziehen befahl. Die gefuͤllten Douanen¬
ſpeicher, welche fuͤr mehr als 400,000 Thaler eingezo¬
gener Waaren enthielten, uͤbergab er der Stadt, damit
das nachzuweiſende Eigenthum den ehemaligen Beſitzern
unentgeltlich zuruͤckgegeben wuͤrde. Die alte Regierung
der Stadt, die nun als eine freie und ſelbſtſtaͤndige
Macht angeſehen wurde, erhielt den Auftrag, dieſes
Geſchaͤft, ſo wie alle andern, ihr Inneres betreffenden
Einrichtungen, zu uͤbernehmen. Durch dieſes uneigen¬
nuͤtzige Verfahren erwarb Tettenborn auf die Dankbar¬
keit der Hamburger neue Anſpruͤche, und uͤberall wurde
ſein Name geprieſen und ſein Ruhm verherrlicht. Daß
es ſeine Nachtheile hat, dem Volke als ein zu großer
Wohlthaͤter zu erſcheinen, haben viele alte und neue
Beiſpiele dargethan, allein wir ruͤhmen doch immer die,
deren edler Trieb ſolche Klugheit verachtete.
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/278>, abgerufen am 24.11.2024.
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