Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

den vortheilhaftesten Eindruck, und zeigte, welchen Er¬
folg man hätte hoffen dürfen, wenn von allen Seiten
mit gleicher Entschlossenheit, wie von der einen, wäre
eingewirkt worden. Allgemein galt das Unternehmen
für einen der glänzendsten Reiterzüge, wie denn auch
der Kaiser Alexander zum Zeichen seiner Zufriedenheit
den St. Wladimirorden zweiter Klasse mit schmeichel¬
haften Ausdrücken an Tettenborn senden ließ. Der
ganze Ueberfall kostete wenige Kosaken, die einzeln in
den Straßen verirrt, sich zuletzt abgeschnitten fanden;
ein tapferer und liebenswürdiger Offizier, Wilhelm
von Blomberg, der auch schöne dichterische Gaben hatte,
war gleich im ersten Anreiten durch eine Kugel getöd¬
tet worden. Die Franzosen verschwiegen ihren Ver¬
lust, allein die Gefangenen konnte man in Pankow
angehäuft sehen, wohin die Berliner, trotz der fran¬
zösischen Wachsamkeit, in den nächsten Tagen schaa¬
renweise strömten.

Nachdem der Marschall Augereau den General Poin¬
sot von Werneuchen wieder an sich gezogen hatte, hielt
er Berlin und das linke Ufer der Spree noch mehrere
Tage besetzt, um die Trümmer aufzunehmen, welche
der Vicekönig Eugen von der Oder zurückbrachte, wo¬
durch die französische Macht in und um Berlin auf
16,000 Mann stieg. So verstärkt, und wieder mit
einiger Reiterei versehen, wagten die Franzosen nun
öftere Ausfälle, und vor den Thoren fielen täglich blu¬

den vortheilhafteſten Eindruck, und zeigte, welchen Er¬
folg man haͤtte hoffen duͤrfen, wenn von allen Seiten
mit gleicher Entſchloſſenheit, wie von der einen, waͤre
eingewirkt worden. Allgemein galt das Unternehmen
fuͤr einen der glaͤnzendſten Reiterzuͤge, wie denn auch
der Kaiſer Alexander zum Zeichen ſeiner Zufriedenheit
den St. Wladimirorden zweiter Klaſſe mit ſchmeichel¬
haften Ausdruͤcken an Tettenborn ſenden ließ. Der
ganze Ueberfall koſtete wenige Koſaken, die einzeln in
den Straßen verirrt, ſich zuletzt abgeſchnitten fanden;
ein tapferer und liebenswuͤrdiger Offizier, Wilhelm
von Blomberg, der auch ſchoͤne dichteriſche Gaben hatte,
war gleich im erſten Anreiten durch eine Kugel getoͤd¬
tet worden. Die Franzoſen verſchwiegen ihren Ver¬
luſt, allein die Gefangenen konnte man in Pankow
angehaͤuft ſehen, wohin die Berliner, trotz der fran¬
zoͤſiſchen Wachſamkeit, in den naͤchſten Tagen ſchaa¬
renweiſe ſtroͤmten.

Nachdem der Marſchall Augereau den General Poin¬
ſot von Werneuchen wieder an ſich gezogen hatte, hielt
er Berlin und das linke Ufer der Spree noch mehrere
Tage beſetzt, um die Truͤmmer aufzunehmen, welche
der Vicekoͤnig Eugen von der Oder zuruͤckbrachte, wo¬
durch die franzoͤſiſche Macht in und um Berlin auf
16,000 Mann ſtieg. So verſtaͤrkt, und wieder mit
einiger Reiterei verſehen, wagten die Franzoſen nun
oͤftere Ausfaͤlle, und vor den Thoren fielen taͤglich blu¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0257" n="245"/>
den vortheilhafte&#x017F;ten Eindruck, und zeigte, welchen Er¬<lb/>
folg man ha&#x0364;tte hoffen du&#x0364;rfen, wenn von allen Seiten<lb/>
mit gleicher Ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit, wie von der einen, wa&#x0364;re<lb/>
eingewirkt worden. Allgemein galt das Unternehmen<lb/>
fu&#x0364;r einen der gla&#x0364;nzend&#x017F;ten Reiterzu&#x0364;ge, wie denn auch<lb/>
der Kai&#x017F;er Alexander zum Zeichen &#x017F;einer Zufriedenheit<lb/>
den St. Wladimirorden zweiter Kla&#x017F;&#x017F;e mit &#x017F;chmeichel¬<lb/>
haften Ausdru&#x0364;cken an Tettenborn &#x017F;enden ließ. Der<lb/>
ganze Ueberfall ko&#x017F;tete wenige Ko&#x017F;aken, die einzeln in<lb/>
den Straßen verirrt, &#x017F;ich zuletzt abge&#x017F;chnitten fanden;<lb/>
ein tapferer und liebenswu&#x0364;rdiger Offizier, Wilhelm<lb/>
von Blomberg, der auch &#x017F;cho&#x0364;ne dichteri&#x017F;che Gaben hatte,<lb/>
war gleich im er&#x017F;ten Anreiten durch eine Kugel geto&#x0364;<lb/>
tet worden. Die Franzo&#x017F;en ver&#x017F;chwiegen ihren Ver¬<lb/>
lu&#x017F;t, allein die Gefangenen konnte man in Pankow<lb/>
angeha&#x0364;uft &#x017F;ehen, wohin die Berliner, trotz der fran¬<lb/>
zo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Wach&#x017F;amkeit, in den na&#x0364;ch&#x017F;ten Tagen &#x017F;chaa¬<lb/>
renwei&#x017F;e &#x017F;tro&#x0364;mten.</p><lb/>
        <p>Nachdem der Mar&#x017F;chall Augereau den General Poin¬<lb/>
&#x017F;ot von Werneuchen wieder an &#x017F;ich gezogen hatte, hielt<lb/>
er Berlin und das linke Ufer der Spree noch mehrere<lb/>
Tage be&#x017F;etzt, um die Tru&#x0364;mmer aufzunehmen, welche<lb/>
der Viceko&#x0364;nig Eugen von der Oder zuru&#x0364;ckbrachte, wo¬<lb/>
durch die franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Macht in und um Berlin auf<lb/><hi rendition="#b">16,000</hi> Mann &#x017F;tieg. So ver&#x017F;ta&#x0364;rkt, und wieder mit<lb/>
einiger Reiterei ver&#x017F;ehen, wagten die Franzo&#x017F;en nun<lb/>
o&#x0364;ftere Ausfa&#x0364;lle, und vor den Thoren fielen ta&#x0364;glich blu¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0257] den vortheilhafteſten Eindruck, und zeigte, welchen Er¬ folg man haͤtte hoffen duͤrfen, wenn von allen Seiten mit gleicher Entſchloſſenheit, wie von der einen, waͤre eingewirkt worden. Allgemein galt das Unternehmen fuͤr einen der glaͤnzendſten Reiterzuͤge, wie denn auch der Kaiſer Alexander zum Zeichen ſeiner Zufriedenheit den St. Wladimirorden zweiter Klaſſe mit ſchmeichel¬ haften Ausdruͤcken an Tettenborn ſenden ließ. Der ganze Ueberfall koſtete wenige Koſaken, die einzeln in den Straßen verirrt, ſich zuletzt abgeſchnitten fanden; ein tapferer und liebenswuͤrdiger Offizier, Wilhelm von Blomberg, der auch ſchoͤne dichteriſche Gaben hatte, war gleich im erſten Anreiten durch eine Kugel getoͤd¬ tet worden. Die Franzoſen verſchwiegen ihren Ver¬ luſt, allein die Gefangenen konnte man in Pankow angehaͤuft ſehen, wohin die Berliner, trotz der fran¬ zoͤſiſchen Wachſamkeit, in den naͤchſten Tagen ſchaa¬ renweiſe ſtroͤmten. Nachdem der Marſchall Augereau den General Poin¬ ſot von Werneuchen wieder an ſich gezogen hatte, hielt er Berlin und das linke Ufer der Spree noch mehrere Tage beſetzt, um die Truͤmmer aufzunehmen, welche der Vicekoͤnig Eugen von der Oder zuruͤckbrachte, wo¬ durch die franzoͤſiſche Macht in und um Berlin auf 16,000 Mann ſtieg. So verſtaͤrkt, und wieder mit einiger Reiterei verſehen, wagten die Franzoſen nun oͤftere Ausfaͤlle, und vor den Thoren fielen taͤglich blu¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/257
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/257>, abgerufen am 24.11.2024.