fände, wäre den begleitenden Umständen nach einer der schändlichsten, die je verübt worden, und ich unterlasse da¬ her, einen so argen Verdacht näher anzudeuten. Jedoch reisten wir nach der Mitte des August endlich getrost ab.
In Töplitz, wo wir uns dem König von Preußen auf's neue vorstellten, und deßhalb ein paar Tage ver¬ weilten, widerfuhr mir eines der wunderbarsten und wichtigsten Begegnisse. Ich empfing eine bestimmte und ausführliche Warnung, meine Reise nicht fortzusetzen, der französische Gesandte Graf von Saint-Marsan in Berlin sei angewiesen, Pfuel's, meine und meines Rei¬ segefährten Ankunft sogleich nach Hamburg an d'Au¬ bignosc zu melden, uns auch in keinem Falle weiter reisen, sondern verhaften zu lassen; wir seien sämmtlich beschuldigt, Aufstände gegen die Franzosen anstiften zu wollen, Pfuel sei zwar glücklich entkommen, desto schär¬ fer aber werde man nun mit uns verfahren. Dies alles hatte der Graf von Saint-Marsan selbst versichert! Aus welcher Quelle jedoch mir diese Mittheilung kam, ziemt mir noch zu verschweigen, obwohl die menschenfreundlichste Absicht, mit Gefahr eigner Bloßstellung ausgeführt, mich zur treuesten Dankbarkeit verpflichtet hat, für welche der lauteste Ausdruck eine Befriedigung wäre! -- Wir kämpf¬ ten eine Zeit lang, und überlegten Gefahr und Gewinn; da jedoch unsre nächsten Zwecke wirklich harmlos waren und nicht über Berlin hinausgingen, keinerlei Beweis gegen uns möglich sein konnte, und selbst unsre Eigenschaft als
III.14
faͤnde, waͤre den begleitenden Umſtaͤnden nach einer der ſchaͤndlichſten, die je veruͤbt worden, und ich unterlaſſe da¬ her, einen ſo argen Verdacht naͤher anzudeuten. Jedoch reiſten wir nach der Mitte des Auguſt endlich getroſt ab.
In Toͤplitz, wo wir uns dem Koͤnig von Preußen auf's neue vorſtellten, und deßhalb ein paar Tage ver¬ weilten, widerfuhr mir eines der wunderbarſten und wichtigſten Begegniſſe. Ich empfing eine beſtimmte und ausfuͤhrliche Warnung, meine Reiſe nicht fortzuſetzen, der franzoͤſiſche Geſandte Graf von Saint-Marſan in Berlin ſei angewieſen, Pfuel's, meine und meines Rei¬ ſegefaͤhrten Ankunft ſogleich nach Hamburg an d'Au¬ bignosc zu melden, uns auch in keinem Falle weiter reiſen, ſondern verhaften zu laſſen; wir ſeien ſaͤmmtlich beſchuldigt, Aufſtaͤnde gegen die Franzoſen anſtiften zu wollen, Pfuel ſei zwar gluͤcklich entkommen, deſto ſchaͤr¬ fer aber werde man nun mit uns verfahren. Dies alles hatte der Graf von Saint-Marſan ſelbſt verſichert! Aus welcher Quelle jedoch mir dieſe Mittheilung kam, ziemt mir noch zu verſchweigen, obwohl die menſchenfreundlichſte Abſicht, mit Gefahr eigner Bloßſtellung ausgefuͤhrt, mich zur treueſten Dankbarkeit verpflichtet hat, fuͤr welche der lauteſte Ausdruck eine Befriedigung waͤre! — Wir kaͤmpf¬ ten eine Zeit lang, und uͤberlegten Gefahr und Gewinn; da jedoch unſre naͤchſten Zwecke wirklich harmlos waren und nicht uͤber Berlin hinausgingen, keinerlei Beweis gegen uns moͤglich ſein konnte, und ſelbſt unſre Eigenſchaft als
III.14
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faͤnde, waͤre den begleitenden Umſtaͤnden nach einer der
ſchaͤndlichſten, die je veruͤbt worden, und ich unterlaſſe da¬
her, einen ſo argen Verdacht naͤher anzudeuten. Jedoch
reiſten wir nach der Mitte des Auguſt endlich getroſt ab.
In Toͤplitz, wo wir uns dem Koͤnig von Preußen
auf's neue vorſtellten, und deßhalb ein paar Tage ver¬
weilten, widerfuhr mir eines der wunderbarſten und
wichtigſten Begegniſſe. Ich empfing eine beſtimmte und
ausfuͤhrliche Warnung, meine Reiſe nicht fortzuſetzen,
der franzoͤſiſche Geſandte Graf von Saint-Marſan in
Berlin ſei angewieſen, Pfuel's, meine und meines Rei¬
ſegefaͤhrten Ankunft ſogleich nach Hamburg an d'Au¬
bignosc zu melden, uns auch in keinem Falle weiter
reiſen, ſondern verhaften zu laſſen; wir ſeien ſaͤmmtlich
beſchuldigt, Aufſtaͤnde gegen die Franzoſen anſtiften zu
wollen, Pfuel ſei zwar gluͤcklich entkommen, deſto ſchaͤr¬
fer aber werde man nun mit uns verfahren. Dies
alles hatte der Graf von Saint-Marſan ſelbſt verſichert!
Aus welcher Quelle jedoch mir dieſe Mittheilung kam, ziemt
mir noch zu verſchweigen, obwohl die menſchenfreundlichſte
Abſicht, mit Gefahr eigner Bloßſtellung ausgefuͤhrt, mich
zur treueſten Dankbarkeit verpflichtet hat, fuͤr welche der
lauteſte Ausdruck eine Befriedigung waͤre! — Wir kaͤmpf¬
ten eine Zeit lang, und uͤberlegten Gefahr und Gewinn; da
jedoch unſre naͤchſten Zwecke wirklich harmlos waren und
nicht uͤber Berlin hinausgingen, keinerlei Beweis gegen
uns moͤglich ſein konnte, und ſelbſt unſre Eigenſchaft als
III. 14
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/221>, abgerufen am 24.11.2024.
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