"Il aurait fait la guerre aux Parthes!" und diese Worte mehrmals heftig wiederholt. Müller durfte uns diesen Zug, der allerdings die Stimmung und den Geist Napoleon's sehr bedenklich zu erkennen gab, mündlich wohl anvertrauen, doch liegen auch die Gründe nahe genug, welche ihn abhalten konnten, dergleichen während des höchsten Schwebens jener Machtverhältnisse schriftlich in die Ferne mitzutheilen. --
Adolph Müller traf nun auch aus Halle ein, wo er noch im Stillen eilig Doctor der Medizin geworden war. Dieser junge Mann, früher oft geistig schwankend und gesellig zurückhaltend, entfaltete jetzt die herrlichsten Schwingen, und erschien als ein edler, starker, für das Leben und die Wissenschaft ausgerüsteter, frei und sicher umschauender, entschlossen und maßvoll thätiger Arzt und Mensch, der auf der Stelle Gunst und Zutrauen gewann, ja, durch Feinheit und Würde eines nie feh¬ lenden, und doch stets lebhaften und beseelten Betragens, Liebe und Bewunderung erweckte. Man konnte von ihm sagen, je stärker er in die Wirklichkeit des Lebens einging, am Krankenbette beschäftigt war, Anstalten besuchte, Verhältnisse anknüpfte, desto reiner und kräf¬ tiger lebte er in höherer Sphäre, und jener Sommer war unstreitig für ihn eine Zeit ununterbrochenen Glückes, daß durch die Aussicht auf eine Reise nach Paris, so wie auf den künftigen Aufenthalt in Bremen, wo ihm alles die schönsten Lebenstage versprach, noch erhöht
„Il aurait fait la guerre aux Parthes!“ und dieſe Worte mehrmals heftig wiederholt. Muͤller durfte uns dieſen Zug, der allerdings die Stimmung und den Geiſt Napoleon's ſehr bedenklich zu erkennen gab, muͤndlich wohl anvertrauen, doch liegen auch die Gruͤnde nahe genug, welche ihn abhalten konnten, dergleichen waͤhrend des hoͤchſten Schwebens jener Machtverhaͤltniſſe ſchriftlich in die Ferne mitzutheilen. —
Adolph Muͤller traf nun auch aus Halle ein, wo er noch im Stillen eilig Doctor der Medizin geworden war. Dieſer junge Mann, fruͤher oft geiſtig ſchwankend und geſellig zuruͤckhaltend, entfaltete jetzt die herrlichſten Schwingen, und erſchien als ein edler, ſtarker, fuͤr das Leben und die Wiſſenſchaft ausgeruͤſteter, frei und ſicher umſchauender, entſchloſſen und maßvoll thaͤtiger Arzt und Menſch, der auf der Stelle Gunſt und Zutrauen gewann, ja, durch Feinheit und Wuͤrde eines nie feh¬ lenden, und doch ſtets lebhaften und beſeelten Betragens, Liebe und Bewunderung erweckte. Man konnte von ihm ſagen, je ſtaͤrker er in die Wirklichkeit des Lebens einging, am Krankenbette beſchaͤftigt war, Anſtalten beſuchte, Verhaͤltniſſe anknuͤpfte, deſto reiner und kraͤf¬ tiger lebte er in hoͤherer Sphaͤre, und jener Sommer war unſtreitig fuͤr ihn eine Zeit ununterbrochenen Gluͤckes, daß durch die Ausſicht auf eine Reiſe nach Paris, ſo wie auf den kuͤnftigen Aufenthalt in Bremen, wo ihm alles die ſchoͤnſten Lebenstage verſprach, noch erhoͤht
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„Il aurait fait la guerre aux Parthes!“ und dieſe
Worte mehrmals heftig wiederholt. Muͤller durfte uns
dieſen Zug, der allerdings die Stimmung und den Geiſt
Napoleon's ſehr bedenklich zu erkennen gab, muͤndlich
wohl anvertrauen, doch liegen auch die Gruͤnde nahe
genug, welche ihn abhalten konnten, dergleichen waͤhrend
des hoͤchſten Schwebens jener Machtverhaͤltniſſe ſchriftlich
in die Ferne mitzutheilen. —
Adolph Muͤller traf nun auch aus Halle ein, wo
er noch im Stillen eilig Doctor der Medizin geworden
war. Dieſer junge Mann, fruͤher oft geiſtig ſchwankend
und geſellig zuruͤckhaltend, entfaltete jetzt die herrlichſten
Schwingen, und erſchien als ein edler, ſtarker, fuͤr das
Leben und die Wiſſenſchaft ausgeruͤſteter, frei und ſicher
umſchauender, entſchloſſen und maßvoll thaͤtiger Arzt
und Menſch, der auf der Stelle Gunſt und Zutrauen
gewann, ja, durch Feinheit und Wuͤrde eines nie feh¬
lenden, und doch ſtets lebhaften und beſeelten Betragens,
Liebe und Bewunderung erweckte. Man konnte von
ihm ſagen, je ſtaͤrker er in die Wirklichkeit des Lebens
einging, am Krankenbette beſchaͤftigt war, Anſtalten
beſuchte, Verhaͤltniſſe anknuͤpfte, deſto reiner und kraͤf¬
tiger lebte er in hoͤherer Sphaͤre, und jener Sommer
war unſtreitig fuͤr ihn eine Zeit ununterbrochenen Gluͤckes,
daß durch die Ausſicht auf eine Reiſe nach Paris, ſo
wie auf den kuͤnftigen Aufenthalt in Bremen, wo ihm
alles die ſchoͤnſten Lebenstage verſprach, noch erhoͤht
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/22>, abgerufen am 24.11.2024.
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