Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

bereit, zu einem solchen aus allen Kräften mitzuwir¬
ken. Von Stein ist schon gesprochen. Karl von No¬
stitz, Pfuel, und noch andre Norddeutsche, die sich hier
zusammenfanden, waren nur zum Kriege gegen die
Franzosen in österreichischen Dienst getreten, und kei¬
neswegs geneigt, nun an der Seite der bisherigen
Feinde zu fechten. Französische Emigrirte der beharr¬
lichsten Art, und meist in österreichischem Kriegsdienst,
unter ihnen der Fürst von Rohan, der Major von
Trogoff, der Marquis von Favras, Sohn des im An¬
fange der Revolution hingerichteten Vertrauten Mon¬
sieurs's nachherigen Königs Ludwigs des Achtzehnten,
hatten hier ihren Aufenthalt; deßgleichen ein Korse, der
Hauptmann Pozzo di Borgo, Neffe des berühmten
Diplomaten und wie dieser voll bittern Hasses gegen
den allgewalt'gen Landsmann. Die Zahl solcher Un¬
zufriednen mehrte sich mit jedem Tage. Aus Sachsen
traf der Major von Bose ein, dann der Oberst Rühle
von Lilienstern. Von Berlin nahm der bisherige Po¬
lizeipräsident Justus Gruner hieher seine Zuflucht; aus
Hamburg kam als Flüchtling unter fremdem Namen
der Buchhändler und Schriftsteller Bran, welchen der
Marschall Davoust wegen Uebersetzung und Bekannt¬
machung der spanischen Aktenstücke des Cevallos wollte
erschießen lassen; er dankte seine Rettung nur dem Um¬
stande, daß die Leipziger Polizei, kopfschüttelnd über
den unglaublichen Namen Bran, den das französische

bereit, zu einem ſolchen aus allen Kraͤften mitzuwir¬
ken. Von Stein iſt ſchon geſprochen. Karl von No¬
ſtitz, Pfuel, und noch andre Norddeutſche, die ſich hier
zuſammenfanden, waren nur zum Kriege gegen die
Franzoſen in oͤſterreichiſchen Dienſt getreten, und kei¬
neswegs geneigt, nun an der Seite der bisherigen
Feinde zu fechten. Franzoͤſiſche Emigrirte der beharr¬
lichſten Art, und meiſt in oͤſterreichiſchem Kriegsdienſt,
unter ihnen der Fuͤrſt von Rohan, der Major von
Trogoff, der Marquis von Favras, Sohn des im An¬
fange der Revolution hingerichteten Vertrauten Mon¬
ſieurs's nachherigen Koͤnigs Ludwigs des Achtzehnten,
hatten hier ihren Aufenthalt; deßgleichen ein Korſe, der
Hauptmann Pozzo di Borgo, Neffe des beruͤhmten
Diplomaten und wie dieſer voll bittern Haſſes gegen
den allgewalt'gen Landsmann. Die Zahl ſolcher Un¬
zufriednen mehrte ſich mit jedem Tage. Aus Sachſen
traf der Major von Boſe ein, dann der Oberſt Ruͤhle
von Lilienſtern. Von Berlin nahm der bisherige Po¬
lizeipraͤſident Juſtus Gruner hieher ſeine Zuflucht; aus
Hamburg kam als Fluͤchtling unter fremdem Namen
der Buchhaͤndler und Schriftſteller Bran, welchen der
Marſchall Davouſt wegen Ueberſetzung und Bekannt¬
machung der ſpaniſchen Aktenſtuͤcke des Cevallos wollte
erſchießen laſſen; er dankte ſeine Rettung nur dem Um¬
ſtande, daß die Leipziger Polizei, kopfſchuͤttelnd uͤber
den unglaublichen Namen Bran, den das franzoͤſiſche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0208" n="196"/>
bereit, zu einem &#x017F;olchen aus allen Kra&#x0364;ften mitzuwir¬<lb/>
ken. Von Stein i&#x017F;t &#x017F;chon ge&#x017F;prochen. Karl von No¬<lb/>
&#x017F;titz, Pfuel, und noch andre Norddeut&#x017F;che, die &#x017F;ich hier<lb/>
zu&#x017F;ammenfanden, waren nur zum Kriege gegen die<lb/>
Franzo&#x017F;en in o&#x0364;&#x017F;terreichi&#x017F;chen Dien&#x017F;t getreten, und kei¬<lb/>
neswegs geneigt, nun an der Seite der bisherigen<lb/>
Feinde zu fechten. Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Emigrirte der beharr¬<lb/>
lich&#x017F;ten Art, und mei&#x017F;t in o&#x0364;&#x017F;terreichi&#x017F;chem Kriegsdien&#x017F;t,<lb/>
unter ihnen der Fu&#x0364;r&#x017F;t von Rohan, der Major von<lb/>
Trogoff, der Marquis von Favras, Sohn des im An¬<lb/>
fange der Revolution hingerichteten Vertrauten Mon¬<lb/>
&#x017F;ieurs's nachherigen Ko&#x0364;nigs Ludwigs des Achtzehnten,<lb/>
hatten hier ihren Aufenthalt; deßgleichen ein Kor&#x017F;e, der<lb/>
Hauptmann Pozzo di Borgo, Neffe des beru&#x0364;hmten<lb/>
Diplomaten und wie die&#x017F;er voll bittern Ha&#x017F;&#x017F;es gegen<lb/>
den allgewalt'gen Landsmann. Die Zahl &#x017F;olcher Un¬<lb/>
zufriednen mehrte &#x017F;ich mit jedem Tage. Aus Sach&#x017F;en<lb/>
traf der Major von Bo&#x017F;e ein, dann der Ober&#x017F;t Ru&#x0364;hle<lb/>
von Lilien&#x017F;tern. Von Berlin nahm der bisherige Po¬<lb/>
lizeipra&#x0364;&#x017F;ident Ju&#x017F;tus Gruner hieher &#x017F;eine Zuflucht; aus<lb/>
Hamburg kam als Flu&#x0364;chtling unter fremdem Namen<lb/>
der Buchha&#x0364;ndler und Schrift&#x017F;teller Bran, welchen der<lb/>
Mar&#x017F;chall Davou&#x017F;t wegen Ueber&#x017F;etzung und Bekannt¬<lb/>
machung der &#x017F;pani&#x017F;chen Akten&#x017F;tu&#x0364;cke des Cevallos wollte<lb/>
er&#x017F;chießen la&#x017F;&#x017F;en; er dankte &#x017F;eine Rettung nur dem Um¬<lb/>
&#x017F;tande, daß die Leipziger Polizei, kopf&#x017F;chu&#x0364;ttelnd u&#x0364;ber<lb/>
den unglaublichen Namen Bran, den das franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0208] bereit, zu einem ſolchen aus allen Kraͤften mitzuwir¬ ken. Von Stein iſt ſchon geſprochen. Karl von No¬ ſtitz, Pfuel, und noch andre Norddeutſche, die ſich hier zuſammenfanden, waren nur zum Kriege gegen die Franzoſen in oͤſterreichiſchen Dienſt getreten, und kei¬ neswegs geneigt, nun an der Seite der bisherigen Feinde zu fechten. Franzoͤſiſche Emigrirte der beharr¬ lichſten Art, und meiſt in oͤſterreichiſchem Kriegsdienſt, unter ihnen der Fuͤrſt von Rohan, der Major von Trogoff, der Marquis von Favras, Sohn des im An¬ fange der Revolution hingerichteten Vertrauten Mon¬ ſieurs's nachherigen Koͤnigs Ludwigs des Achtzehnten, hatten hier ihren Aufenthalt; deßgleichen ein Korſe, der Hauptmann Pozzo di Borgo, Neffe des beruͤhmten Diplomaten und wie dieſer voll bittern Haſſes gegen den allgewalt'gen Landsmann. Die Zahl ſolcher Un¬ zufriednen mehrte ſich mit jedem Tage. Aus Sachſen traf der Major von Boſe ein, dann der Oberſt Ruͤhle von Lilienſtern. Von Berlin nahm der bisherige Po¬ lizeipraͤſident Juſtus Gruner hieher ſeine Zuflucht; aus Hamburg kam als Fluͤchtling unter fremdem Namen der Buchhaͤndler und Schriftſteller Bran, welchen der Marſchall Davouſt wegen Ueberſetzung und Bekannt¬ machung der ſpaniſchen Aktenſtuͤcke des Cevallos wollte erſchießen laſſen; er dankte ſeine Rettung nur dem Um¬ ſtande, daß die Leipziger Polizei, kopfſchuͤttelnd uͤber den unglaublichen Namen Bran, den das franzoͤſiſche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/208
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/208>, abgerufen am 22.11.2024.