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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

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deten frühern Zustandes so plötzlich nicht umwandeln
können, dieser frühere Zustand war in allem, was das
Oertliche betraf, nach wie vor in ungestörter Wirksam¬
keit, und für den Anschein keine Veränderung merklich,
als daß die gräfliche Leib- und Schloßwache von 50 Mann,
welche ehmals bewaffnet und von einem Hauptmann
befehligt waren, jetzt ohne Waffen und ohne Offizier,
aber doch in ihrer rothen Montur, ihren Dienst ver¬
sahen.

Die gräfliche Familie bewohnte das dicht an der
Stadt liegende, von dem kleinen Fluß Aa rings umge¬
bene und ehmals wohlbefestigte Schloß, auf dessen einer
Seite der große, prächtige, von dem regierenden Grafen
mit eifriger Liebhaberei und ungeheuern Kosten ange¬
legte, weit und breit berühmte Lustpark, Bagno ge¬
nannt, sich über einen bedeutenden Raum erstreckte, der
mit herrlichen großartigen Spazirgängen, See- und
Waldstrecken, mächtigen Wasserfällen und Springbrunnen,
aber auch mit Grotten, Tempeln, Sälen, Kiosken,
Moscheen und so weiter, überall erfüllt war, und in
letzterer Hinsicht den Geschmack einer vergangenen Zeit
nicht allzu günstig darstellte. Alles war zum Schau¬
platz eines reichen und feierlichen Hoflebens eingerichtet,
zu großen Festlichkeiten, bei welchen die Pracht und
Herrlichkeit des Gebieters zur vollen Erscheinung kommen
sollte; ein großer Saal war eigends für die Konzerte
erbaut, welche von der Kapelle des Grafen aufgeführt

III. 9

deten fruͤhern Zuſtandes ſo ploͤtzlich nicht umwandeln
koͤnnen, dieſer fruͤhere Zuſtand war in allem, was das
Oertliche betraf, nach wie vor in ungeſtoͤrter Wirkſam¬
keit, und fuͤr den Anſchein keine Veraͤnderung merklich,
als daß die graͤfliche Leib- und Schloßwache von 50 Mann,
welche ehmals bewaffnet und von einem Hauptmann
befehligt waren, jetzt ohne Waffen und ohne Offizier,
aber doch in ihrer rothen Montur, ihren Dienſt ver¬
ſahen.

Die graͤfliche Familie bewohnte das dicht an der
Stadt liegende, von dem kleinen Fluß Aa rings umge¬
bene und ehmals wohlbefeſtigte Schloß, auf deſſen einer
Seite der große, praͤchtige, von dem regierenden Grafen
mit eifriger Liebhaberei und ungeheuern Koſten ange¬
legte, weit und breit beruͤhmte Luſtpark, Bagno ge¬
nannt, ſich uͤber einen bedeutenden Raum erſtreckte, der
mit herrlichen großartigen Spazirgaͤngen, See- und
Waldſtrecken, maͤchtigen Waſſerfaͤllen und Springbrunnen,
aber auch mit Grotten, Tempeln, Saͤlen, Kiosken,
Moſcheen und ſo weiter, uͤberall erfuͤllt war, und in
letzterer Hinſicht den Geſchmack einer vergangenen Zeit
nicht allzu guͤnſtig darſtellte. Alles war zum Schau¬
platz eines reichen und feierlichen Hoflebens eingerichtet,
zu großen Feſtlichkeiten, bei welchen die Pracht und
Herrlichkeit des Gebieters zur vollen Erſcheinung kommen
ſollte; ein großer Saal war eigends fuͤr die Konzerte
erbaut, welche von der Kapelle des Grafen aufgefuͤhrt

III. 9
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[129/0141] deten fruͤhern Zuſtandes ſo ploͤtzlich nicht umwandeln koͤnnen, dieſer fruͤhere Zuſtand war in allem, was das Oertliche betraf, nach wie vor in ungeſtoͤrter Wirkſam¬ keit, und fuͤr den Anſchein keine Veraͤnderung merklich, als daß die graͤfliche Leib- und Schloßwache von 50 Mann, welche ehmals bewaffnet und von einem Hauptmann befehligt waren, jetzt ohne Waffen und ohne Offizier, aber doch in ihrer rothen Montur, ihren Dienſt ver¬ ſahen. Die graͤfliche Familie bewohnte das dicht an der Stadt liegende, von dem kleinen Fluß Aa rings umge¬ bene und ehmals wohlbefeſtigte Schloß, auf deſſen einer Seite der große, praͤchtige, von dem regierenden Grafen mit eifriger Liebhaberei und ungeheuern Koſten ange¬ legte, weit und breit beruͤhmte Luſtpark, Bagno ge¬ nannt, ſich uͤber einen bedeutenden Raum erſtreckte, der mit herrlichen großartigen Spazirgaͤngen, See- und Waldſtrecken, maͤchtigen Waſſerfaͤllen und Springbrunnen, aber auch mit Grotten, Tempeln, Saͤlen, Kiosken, Moſcheen und ſo weiter, uͤberall erfuͤllt war, und in letzterer Hinſicht den Geſchmack einer vergangenen Zeit nicht allzu guͤnſtig darſtellte. Alles war zum Schau¬ platz eines reichen und feierlichen Hoflebens eingerichtet, zu großen Feſtlichkeiten, bei welchen die Pracht und Herrlichkeit des Gebieters zur vollen Erſcheinung kommen ſollte; ein großer Saal war eigends fuͤr die Konzerte erbaut, welche von der Kapelle des Grafen aufgefuͤhrt III. 9

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/141>, abgerufen am 04.12.2024.