ich Karl Sieveking zu nennen, den jetzigen Syndikus seiner Vaterstadt, der schon damals durch seine Bildung und vielfache Kenntnisse sich bemerkbar machte, so z. B. hatte er zu Lust und Uebung eine Tragödie des Aeschy¬ los metrisch übersetzt; ferner Middeldorpf, der jetzt Pro¬ fessor der Theologie in Breslau ist, und schon damals seine Vorliebe für das Hebräische zeigte; dann wäre Emanuel zu nennen, der später ein tüchtiger Schulmann im Preußischen geworden, Noodt, erst Prediger in Ber¬ lin und dann im Hamburg, Moldenhawer, Arzt in Berlin, und manche Andre.
Zu wahrhaft innigem Verein aber gelangten wir mit David Mendel, einem stillen und scheuen Jüngling, der aber von tiefer Gluth erfüllt war. Aus Göttingen ge¬ bürtig, war er mit Mutter und Schwestern früh nach Hamburg gekommen, wo er den Schulstudien fleißig oblag. Sein Aeußeres war ganz vernachlässigt; die Sinnenwelt hatte für ihn keinen Reiz, bot ihm kein Vergnügen, keine Zerstreuung, ja kaum einen Gegen¬ stand, und er suchte in seinem Innern Ersatz für all' diese Entbehrungen. Er besaß in den alten Sprachen große Geläufigkeit. Das Griechische hatte ihn auf den Platon geführt, und seit er diesen gefunden, saß er nun und studirte ihn unablässig, besonders die Bücher vom Staat, deren Ideen er ganz in sich aufnahm und ver¬ arbeitete. Es gereicht dem würdigen Gurlitt zur Ehre,
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ich Karl Sieveking zu nennen, den jetzigen Syndikus ſeiner Vaterſtadt, der ſchon damals durch ſeine Bildung und vielfache Kenntniſſe ſich bemerkbar machte, ſo z. B. hatte er zu Luſt und Uebung eine Tragoͤdie des Aeſchy¬ los metriſch uͤberſetzt; ferner Middeldorpf, der jetzt Pro¬ feſſor der Theologie in Breslau iſt, und ſchon damals ſeine Vorliebe fuͤr das Hebraͤiſche zeigte; dann waͤre Emanuel zu nennen, der ſpaͤter ein tuͤchtiger Schulmann im Preußiſchen geworden, Noodt, erſt Prediger in Ber¬ lin und dann im Hamburg, Moldenhawer, Arzt in Berlin, und manche Andre.
Zu wahrhaft innigem Verein aber gelangten wir mit David Mendel, einem ſtillen und ſcheuen Juͤngling, der aber von tiefer Gluth erfuͤllt war. Aus Goͤttingen ge¬ buͤrtig, war er mit Mutter und Schweſtern fruͤh nach Hamburg gekommen, wo er den Schulſtudien fleißig oblag. Sein Aeußeres war ganz vernachlaͤſſigt; die Sinnenwelt hatte fuͤr ihn keinen Reiz, bot ihm kein Vergnuͤgen, keine Zerſtreuung, ja kaum einen Gegen¬ ſtand, und er ſuchte in ſeinem Innern Erſatz fuͤr all' dieſe Entbehrungen. Er beſaß in den alten Sprachen große Gelaͤufigkeit. Das Griechiſche hatte ihn auf den Platon gefuͤhrt, und ſeit er dieſen gefunden, ſaß er nun und ſtudirte ihn unablaͤſſig, beſonders die Buͤcher vom Staat, deren Ideen er ganz in ſich aufnahm und ver¬ arbeitete. Es gereicht dem wuͤrdigen Gurlitt zur Ehre,
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[83/0097]
ich Karl Sieveking zu nennen, den jetzigen Syndikus
ſeiner Vaterſtadt, der ſchon damals durch ſeine Bildung
und vielfache Kenntniſſe ſich bemerkbar machte, ſo z. B.
hatte er zu Luſt und Uebung eine Tragoͤdie des Aeſchy¬
los metriſch uͤberſetzt; ferner Middeldorpf, der jetzt Pro¬
feſſor der Theologie in Breslau iſt, und ſchon damals
ſeine Vorliebe fuͤr das Hebraͤiſche zeigte; dann waͤre
Emanuel zu nennen, der ſpaͤter ein tuͤchtiger Schulmann
im Preußiſchen geworden, Noodt, erſt Prediger in Ber¬
lin und dann im Hamburg, Moldenhawer, Arzt in
Berlin, und manche Andre.
Zu wahrhaft innigem Verein aber gelangten wir mit
David Mendel, einem ſtillen und ſcheuen Juͤngling, der
aber von tiefer Gluth erfuͤllt war. Aus Goͤttingen ge¬
buͤrtig, war er mit Mutter und Schweſtern fruͤh nach
Hamburg gekommen, wo er den Schulſtudien fleißig
oblag. Sein Aeußeres war ganz vernachlaͤſſigt; die
Sinnenwelt hatte fuͤr ihn keinen Reiz, bot ihm kein
Vergnuͤgen, keine Zerſtreuung, ja kaum einen Gegen¬
ſtand, und er ſuchte in ſeinem Innern Erſatz fuͤr all'
dieſe Entbehrungen. Er beſaß in den alten Sprachen
große Gelaͤufigkeit. Das Griechiſche hatte ihn auf den
Platon gefuͤhrt, und ſeit er dieſen gefunden, ſaß er nun
und ſtudirte ihn unablaͤſſig, beſonders die Buͤcher vom
Staat, deren Ideen er ganz in ſich aufnahm und ver¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/97>, abgerufen am 26.12.2024.
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