Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Den der Unschuld helles Licht
Auf der reinen Stirn verbreitet,
Muß in freudevollem Staunen
Bannen jeden düstern Zweifel;
Der Gemahl nur, dem am nächsten
Dies Kleinod vertraut und eigen,
Der allein giebt es dem Feuer
Prüfend hin, der strenge Heinrich.
Stolz und herrlich er vom Saale
Jetzt die Stufen niedersteiget,
Tritt hervor, und findet alle
Seine treuen Diener weinen,
Die zu Rosse in dem Schloßhof
Seiner harr'n zur Jagd bereitet.
Finster wälzt er da die Augen,
Kehret um in dunklem Schweigen,
Und in strenger Furcht gefesselt
Wagt ihn anzureden keiner.
Viel Herzoge, viele Grafen,
Brannten wohl in tapfrem Eifer,
Unterdrückter Wahrheit Ehre
Zu befrein aus schnödem Zweifel,
Und in einem offnen Kampfe
Für die Kaiserin zu streiten:
Doch die aufgezückten Schwerter
Gleiten abwärts in die Scheiden.
2.
Seht ihr dort das blüh'nde Antlitz,
In der zarten Jugend Farben
Den der Unſchuld helles Licht
Auf der reinen Stirn verbreitet,
Muß in freudevollem Staunen
Bannen jeden duͤſtern Zweifel;
Der Gemahl nur, dem am naͤchſten
Dies Kleinod vertraut und eigen,
Der allein giebt es dem Feuer
Pruͤfend hin, der ſtrenge Heinrich.
Stolz und herrlich er vom Saale
Jetzt die Stufen niederſteiget,
Tritt hervor, und findet alle
Seine treuen Diener weinen,
Die zu Roſſe in dem Schloßhof
Seiner harr'n zur Jagd bereitet.
Finſter waͤlzt er da die Augen,
Kehret um in dunklem Schweigen,
Und in ſtrenger Furcht gefeſſelt
Wagt ihn anzureden keiner.
Viel Herzoge, viele Grafen,
Brannten wohl in tapfrem Eifer,
Unterdruͤckter Wahrheit Ehre
Zu befrein aus ſchnoͤdem Zweifel,
Und in einem offnen Kampfe
Fuͤr die Kaiſerin zu ſtreiten:
Doch die aufgezuͤckten Schwerter
Gleiten abwaͤrts in die Scheiden.
2.
Seht ihr dort das bluͤh'nde Antlitz,
In der zarten Jugend Farben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0524" n="510"/>
              <lg n="2">
                <l>Den der Un&#x017F;chuld helles Licht</l><lb/>
                <l>Auf der reinen Stirn verbreitet,</l><lb/>
                <l>Muß in freudevollem Staunen</l><lb/>
                <l>Bannen jeden du&#x0364;&#x017F;tern Zweifel;</l><lb/>
                <l>Der Gemahl nur, dem am na&#x0364;ch&#x017F;ten</l><lb/>
                <l>Dies Kleinod vertraut und eigen,</l><lb/>
                <l>Der allein giebt es dem Feuer</l><lb/>
                <l>Pru&#x0364;fend hin, der &#x017F;trenge Heinrich.</l><lb/>
                <l>Stolz und herrlich er vom Saale</l><lb/>
                <l>Jetzt die Stufen nieder&#x017F;teiget,</l><lb/>
                <l>Tritt hervor, und findet alle</l><lb/>
                <l>Seine treuen Diener weinen,</l><lb/>
                <l>Die zu Ro&#x017F;&#x017F;e in dem Schloßhof</l><lb/>
                <l>Seiner harr'n zur Jagd bereitet.</l><lb/>
                <l>Fin&#x017F;ter wa&#x0364;lzt er da die Augen,</l><lb/>
                <l>Kehret um in dunklem Schweigen,</l><lb/>
                <l>Und in &#x017F;trenger Furcht gefe&#x017F;&#x017F;elt</l><lb/>
                <l>Wagt ihn anzureden keiner.</l><lb/>
                <l>Viel Herzoge, viele Grafen,</l><lb/>
                <l>Brannten wohl in tapfrem Eifer,</l><lb/>
                <l>Unterdru&#x0364;ckter Wahrheit Ehre</l><lb/>
                <l>Zu befrein aus &#x017F;chno&#x0364;dem Zweifel,</l><lb/>
                <l>Und in einem offnen Kampfe</l><lb/>
                <l>Fu&#x0364;r die Kai&#x017F;erin zu &#x017F;treiten:</l><lb/>
                <l>Doch die aufgezu&#x0364;ckten Schwerter</l><lb/>
                <l>Gleiten abwa&#x0364;rts in die Scheiden.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head>2.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Seht ihr dort das blu&#x0364;h'nde Antlitz,</l><lb/>
                <l>In der zarten Jugend Farben</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[510/0524] Den der Unſchuld helles Licht Auf der reinen Stirn verbreitet, Muß in freudevollem Staunen Bannen jeden duͤſtern Zweifel; Der Gemahl nur, dem am naͤchſten Dies Kleinod vertraut und eigen, Der allein giebt es dem Feuer Pruͤfend hin, der ſtrenge Heinrich. Stolz und herrlich er vom Saale Jetzt die Stufen niederſteiget, Tritt hervor, und findet alle Seine treuen Diener weinen, Die zu Roſſe in dem Schloßhof Seiner harr'n zur Jagd bereitet. Finſter waͤlzt er da die Augen, Kehret um in dunklem Schweigen, Und in ſtrenger Furcht gefeſſelt Wagt ihn anzureden keiner. Viel Herzoge, viele Grafen, Brannten wohl in tapfrem Eifer, Unterdruͤckter Wahrheit Ehre Zu befrein aus ſchnoͤdem Zweifel, Und in einem offnen Kampfe Fuͤr die Kaiſerin zu ſtreiten: Doch die aufgezuͤckten Schwerter Gleiten abwaͤrts in die Scheiden. 2. Seht ihr dort das bluͤh'nde Antlitz, In der zarten Jugend Farben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/524
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/524>, abgerufen am 22.11.2024.