Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.O beglückte Sänger, huldvoll von dem Mächtigen ihr geschützt,
O warum, der euch an Ruhm gleich, nur in traurigerem Geschick Ungleich, warum den Zorn weckt, unversöhnlichen er allein? Es entsteigt mit holder Anmuth der Verbannete zu dem Strand, Wo dem süßen Klagelied horcht der gesittetere Barbar. Schaut! freudig schwingt an's Land jetzt in dem jugendlichen Gewühl Der umkränzten Knaben Schaar laut mit den Fittigen sich heran! Sie der Gastgeschenke sorgsam obwalteten auf der Fahrt, Zahlloser Gaben Reichthum, die verschwenderisch dir gehäuft Die entzückten Sänger dankbar als Vergeltungen dir, o Voß, Der erglühten Liebesandacht, die den Herrlichen du gehegt! Dir des Epos sanften Aufschwung, dir Idyllien, dir die Gluth Der erhabnen Ode, Liebreiz der geselligen sie verliehn! Ja das vielbegehrte Kleinod des berauschenden Dithyrambs Strahlt krönend dir um das Haupt hell wie das abendliche Gestirn! O wo säumt, wo säumt uns Atys, der das leuchtende Diadem Um das Haupt dir schlang am Meerstrand, wo den Weinenden überfiel Der Cybelle grauser Wahnsinn, den vergebens er nun bereut! Von dem Ufer scheucht ein Leu wild in die Waldungen ihn zurück, Und die Arme flehend streckt noch, die verschwindenden, er empor. O wohlauf! du kühner Fährmann, unerschrocken denn nun gelenkt In die aufgethürmte Salzfluth, den Unseligen zu befrein! Es erblüht in neuer Fahrt stets ja nur herrlicher dir das Schiff, Und es leuchtet dir ein Gestirn vor in dem trügerischen Gefluth, Das in dunkler Nacht dahinrafft den Vermessenen zum Geklipp, 32 *
O begluͤckte Saͤnger, huldvoll von dem Maͤchtigen ihr geſchuͤtzt,
O warum, der euch an Ruhm gleich, nur in traurigerem Geſchick Ungleich, warum den Zorn weckt, unverſoͤhnlichen er allein? Es entſteigt mit holder Anmuth der Verbannete zu dem Strand, Wo dem ſuͤßen Klagelied horcht der geſittetere Barbar. Schaut! freudig ſchwingt an's Land jetzt in dem jugendlichen Gewuͤhl Der umkraͤnzten Knaben Schaar laut mit den Fittigen ſich heran! Sie der Gaſtgeſchenke ſorgſam obwalteten auf der Fahrt, Zahlloſer Gaben Reichthum, die verſchwenderiſch dir gehaͤuft Die entzuͤckten Saͤnger dankbar als Vergeltungen dir, o Voß, Der ergluͤhten Liebesandacht, die den Herrlichen du gehegt! Dir des Epos ſanften Aufſchwung, dir Idyllien, dir die Gluth Der erhabnen Ode, Liebreiz der geſelligen ſie verliehn! Ja das vielbegehrte Kleinod des berauſchenden Dithyrambs Strahlt kroͤnend dir um das Haupt hell wie das abendliche Geſtirn! O wo ſaͤumt, wo ſaͤumt uns Atys, der das leuchtende Diadem Um das Haupt dir ſchlang am Meerſtrand, wo den Weinenden uͤberfiel Der Cybelle grauſer Wahnſinn, den vergebens er nun bereut! Von dem Ufer ſcheucht ein Leu wild in die Waldungen ihn zuruͤck, Und die Arme flehend ſtreckt noch, die verſchwindenden, er empor. O wohlauf! du kuͤhner Faͤhrmann, unerſchrocken denn nun gelenkt In die aufgethuͤrmte Salzfluth, den Unſeligen zu befrein! Es erbluͤht in neuer Fahrt ſtets ja nur herrlicher dir das Schiff, Und es leuchtet dir ein Geſtirn vor in dem truͤgeriſchen Gefluth, Das in dunkler Nacht dahinrafft den Vermeſſenen zum Geklipp, 32 *
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O begluͤckte Saͤnger, huldvoll von dem Maͤchtigen ihr geſchuͤtzt,
O warum, der euch an Ruhm gleich, nur in traurigerem
Geſchick
Ungleich, warum den Zorn weckt, unverſoͤhnlichen er allein?
Es entſteigt mit holder Anmuth der Verbannete zu dem Strand,
Wo dem ſuͤßen Klagelied horcht der geſittetere Barbar.
Schaut! freudig ſchwingt an's Land jetzt in dem jugendlichen
Gewuͤhl
Der umkraͤnzten Knaben Schaar laut mit den Fittigen ſich heran!
Sie der Gaſtgeſchenke ſorgſam obwalteten auf der Fahrt,
Zahlloſer Gaben Reichthum, die verſchwenderiſch dir gehaͤuft
Die entzuͤckten Saͤnger dankbar als Vergeltungen dir, o Voß,
Der ergluͤhten Liebesandacht, die den Herrlichen du gehegt!
Dir des Epos ſanften Aufſchwung, dir Idyllien, dir die Gluth
Der erhabnen Ode, Liebreiz der geſelligen ſie verliehn!
Ja das vielbegehrte Kleinod des berauſchenden Dithyrambs
Strahlt kroͤnend dir um das Haupt hell wie das abendliche
Geſtirn!
O wo ſaͤumt, wo ſaͤumt uns Atys, der das leuchtende Diadem
Um das Haupt dir ſchlang am Meerſtrand, wo den Weinenden
uͤberfiel
Der Cybelle grauſer Wahnſinn, den vergebens er nun bereut!
Von dem Ufer ſcheucht ein Leu wild in die Waldungen ihn
zuruͤck,
Und die Arme flehend ſtreckt noch, die verſchwindenden, er empor.
O wohlauf! du kuͤhner Faͤhrmann, unerſchrocken denn nun gelenkt
In die aufgethuͤrmte Salzfluth, den Unſeligen zu befrein!
Es erbluͤht in neuer Fahrt ſtets ja nur herrlicher dir das
Schiff,
Und es leuchtet dir ein Geſtirn vor in dem truͤgeriſchen Gefluth,
Das in dunkler Nacht dahinrafft den Vermeſſenen zum Geklipp,
32 *
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