Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Mög' er es denn anziehn, und so zu dem Hades hinunter
Wandern, und Minos ihn dann sehen in meinem Gewand!
27.
Heil, Seefahrer, begleit' auf dem Meer euch, Heil auf dem Lande;
Wisset, ein Seemann ruht hier, wo ihr schiffet vorbei!
28.
Dieser Mann war freundlich den Fremdlingen, theuer den Bürgern,
Pindaros, welcher den wohltönenden Musen gedient.
29.
Als zum Hain wir gelangt, dem dichtumschatteten, fanden
Purpurnen Aepfeln gleich wir darin den Sohn der Kythere.
Weder führt' er den Köcher voll Gift, noch die krummen Geschosse,
Sondern sie hingen umher auf schönbelaubeten Bäumen.
Aber er selbst, vom Schlummer in Rosenkelchen gefesselt,
Lag sanftlächelnd im Schlaf, und es stiegen ihm gelbliche Bienen
Auf die wachsgeformten, die labenden Lippen hernieder.
30.
Kypris sprach zu den Musen: ihr Jungfrauen ehrt Aphroditen,
Oder ich sende zu euch Eros in Waffengeschmeid.
Ihr die Musen darauf antworteten: solches dem Ares
Drohe du; uns nicht fliegt dieses geflügelte Kind.

Moͤg' er es denn anziehn, und ſo zu dem Hades hinunter
Wandern, und Minos ihn dann ſehen in meinem Gewand!
27.
Heil, Seefahrer, begleit' auf dem Meer euch, Heil auf dem Lande;
Wiſſet, ein Seemann ruht hier, wo ihr ſchiffet vorbei!
28.
Dieſer Mann war freundlich den Fremdlingen, theuer den Buͤrgern,
Pindaros, welcher den wohltoͤnenden Muſen gedient.
29.
Als zum Hain wir gelangt, dem dichtumſchatteten, fanden
Purpurnen Aepfeln gleich wir darin den Sohn der Kythere.
Weder fuͤhrt' er den Koͤcher voll Gift, noch die krummen Geschoſſe,
Sondern ſie hingen umher auf ſchoͤnbelaubeten Baͤumen.
Aber er ſelbſt, vom Schlummer in Roſenkelchen gefeſſelt,
Lag ſanftlaͤchelnd im Schlaf, und es ſtiegen ihm gelbliche Bienen
Auf die wachsgeformten, die labenden Lippen hernieder.
30.
Kypris ſprach zu den Muſen: ihr Jungfrauen ehrt Aphroditen,
Oder ich ſende zu euch Eros in Waffengeſchmeid.
Ihr die Muſen darauf antworteten: ſolches dem Ares
Drohe du; uns nicht fliegt dieſes gefluͤgelte Kind.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0499" n="485"/>
              <lg n="2">
                <l>Mo&#x0364;g' er es denn anziehn, und &#x017F;o zu dem Hades hinunter</l><lb/>
                <l>Wandern, und Minos ihn dann &#x017F;ehen in meinem Gewand!</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head>27.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <l>Heil, Seefahrer, begleit' auf dem Meer euch, Heil auf dem Lande;</l><lb/>
              <l>Wi&#x017F;&#x017F;et, ein Seemann ruht hier, wo ihr &#x017F;chiffet vorbei!</l><lb/>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head>28.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <l>Die&#x017F;er Mann war freundlich den Fremdlingen, theuer den Bu&#x0364;rgern,</l><lb/>
              <l>Pindaros, welcher den wohlto&#x0364;nenden Mu&#x017F;en gedient.</l><lb/>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head>29.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <l>Als zum Hain wir gelangt, dem dichtum&#x017F;chatteten, fanden</l><lb/>
              <l>Purpurnen Aepfeln gleich wir darin den Sohn der Kythere.</l><lb/>
              <l>Weder fu&#x0364;hrt' er den Ko&#x0364;cher voll Gift, noch die krummen Gescho&#x017F;&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Sondern &#x017F;ie hingen umher auf &#x017F;cho&#x0364;nbelaubeten Ba&#x0364;umen.</l><lb/>
              <l>Aber er &#x017F;elb&#x017F;t, vom Schlummer in Ro&#x017F;enkelchen gefe&#x017F;&#x017F;elt,</l><lb/>
              <l>Lag &#x017F;anftla&#x0364;chelnd im Schlaf, und es &#x017F;tiegen ihm gelbliche Bienen</l><lb/>
              <l>Auf die wachsgeformten, die labenden Lippen hernieder.</l><lb/>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head>30.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <l>Kypris &#x017F;prach zu den Mu&#x017F;en: ihr Jungfrauen ehrt Aphroditen,</l><lb/>
              <l>Oder ich &#x017F;ende zu euch Eros in Waffenge&#x017F;chmeid.</l><lb/>
              <l>Ihr die Mu&#x017F;en darauf antworteten: &#x017F;olches dem Ares</l><lb/>
              <l>Drohe du; uns nicht fliegt die&#x017F;es geflu&#x0364;gelte Kind.</l><lb/>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[485/0499] Moͤg' er es denn anziehn, und ſo zu dem Hades hinunter Wandern, und Minos ihn dann ſehen in meinem Gewand! 27. Heil, Seefahrer, begleit' auf dem Meer euch, Heil auf dem Lande; Wiſſet, ein Seemann ruht hier, wo ihr ſchiffet vorbei! 28. Dieſer Mann war freundlich den Fremdlingen, theuer den Buͤrgern, Pindaros, welcher den wohltoͤnenden Muſen gedient. 29. Als zum Hain wir gelangt, dem dichtumſchatteten, fanden Purpurnen Aepfeln gleich wir darin den Sohn der Kythere. Weder fuͤhrt' er den Koͤcher voll Gift, noch die krummen Geschoſſe, Sondern ſie hingen umher auf ſchoͤnbelaubeten Baͤumen. Aber er ſelbſt, vom Schlummer in Roſenkelchen gefeſſelt, Lag ſanftlaͤchelnd im Schlaf, und es ſtiegen ihm gelbliche Bienen Auf die wachsgeformten, die labenden Lippen hernieder. 30. Kypris ſprach zu den Muſen: ihr Jungfrauen ehrt Aphroditen, Oder ich ſende zu euch Eros in Waffengeſchmeid. Ihr die Muſen darauf antworteten: ſolches dem Ares Drohe du; uns nicht fliegt dieſes gefluͤgelte Kind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/499
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/499>, abgerufen am 21.12.2024.