Schreibart, Ton, Haltung, sind immer vortrefflich. Gleich im Anfange des Buches, in Schilderung des Schauplatzes und der Vorgänge der Jugendzeit, sind Beispiele der klarsten und kernhaftesten Schilderung, wie nur eine Meisterhand sie geben kann.
Zum Schlusse sei noch eine Betrachtung erlaubt, welche sich unter dem Lesen das ganze Buch hindurch mehr und mehr hat erheben und bestärken wollen, daß nämlich in solchen Schriften unsre besten Denkwürdig¬ keiten zu erkennen sind, welche das innere Leben der Deutschen in seiner bescheidenen Weltlichkeit darlegen, und meist schon durch ihren Stoff, eben so aber auch durch die Richtung, in welcher sie ihn bewegen, einen trostreichen, erheiternden, ja erbaulichen Karakter dar¬ thun. Vergleicht man solche Lebensgeschichten, wie die gegenwärtige von Heim, und -- um noch einige andre zu nennen -- die von Meierotto durch Brunn, die Denkwürdigkeiten Erhards, das Leben Fichte's durch seinen Sohn, die eigne Lebensbeschreibung Jung-Stil¬ lings, vergleicht man diese mit den hervorragenden Er¬ zeugnissen der Franzosen im Fache der Memoiren, so giebt sich ein ungeheurer Unterschied zu erkennen, den wir wohl befugt sein dürfen in folgenden Spruch zu fassen: daß, wenn wir aus den französischen Memoiren vorzugsweise begreifen lernen, wieso die Welt in sich zerfallen und zerbrechen muß, uns in den bezeichneten
Schreibart, Ton, Haltung, ſind immer vortrefflich. Gleich im Anfange des Buches, in Schilderung des Schauplatzes und der Vorgaͤnge der Jugendzeit, ſind Beiſpiele der klarſten und kernhafteſten Schilderung, wie nur eine Meiſterhand ſie geben kann.
Zum Schluſſe ſei noch eine Betrachtung erlaubt, welche ſich unter dem Leſen das ganze Buch hindurch mehr und mehr hat erheben und beſtaͤrken wollen, daß naͤmlich in ſolchen Schriften unſre beſten Denkwuͤrdig¬ keiten zu erkennen ſind, welche das innere Leben der Deutſchen in ſeiner beſcheidenen Weltlichkeit darlegen, und meiſt ſchon durch ihren Stoff, eben ſo aber auch durch die Richtung, in welcher ſie ihn bewegen, einen troſtreichen, erheiternden, ja erbaulichen Karakter dar¬ thun. Vergleicht man ſolche Lebensgeſchichten, wie die gegenwaͤrtige von Heim, und — um noch einige andre zu nennen — die von Meierotto durch Brunn, die Denkwuͤrdigkeiten Erhards, das Leben Fichte's durch ſeinen Sohn, die eigne Lebensbeſchreibung Jung-Stil¬ lings, vergleicht man dieſe mit den hervorragenden Er¬ zeugniſſen der Franzoſen im Fache der Memoiren, ſo giebt ſich ein ungeheurer Unterſchied zu erkennen, den wir wohl befugt ſein duͤrfen in folgenden Spruch zu faſſen: daß, wenn wir aus den franzoͤſiſchen Memoiren vorzugsweiſe begreifen lernen, wieſo die Welt in ſich zerfallen und zerbrechen muß, uns in den bezeichneten
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Schreibart, Ton, Haltung, ſind immer vortrefflich.
Gleich im Anfange des Buches, in Schilderung des
Schauplatzes und der Vorgaͤnge der Jugendzeit, ſind
Beiſpiele der klarſten und kernhafteſten Schilderung, wie
nur eine Meiſterhand ſie geben kann.
Zum Schluſſe ſei noch eine Betrachtung erlaubt,
welche ſich unter dem Leſen das ganze Buch hindurch
mehr und mehr hat erheben und beſtaͤrken wollen, daß
naͤmlich in ſolchen Schriften unſre beſten Denkwuͤrdig¬
keiten zu erkennen ſind, welche das innere Leben der
Deutſchen in ſeiner beſcheidenen Weltlichkeit darlegen,
und meiſt ſchon durch ihren Stoff, eben ſo aber auch
durch die Richtung, in welcher ſie ihn bewegen, einen
troſtreichen, erheiternden, ja erbaulichen Karakter dar¬
thun. Vergleicht man ſolche Lebensgeſchichten, wie die
gegenwaͤrtige von Heim, und — um noch einige andre
zu nennen — die von Meierotto durch Brunn, die
Denkwuͤrdigkeiten Erhards, das Leben Fichte's durch
ſeinen Sohn, die eigne Lebensbeſchreibung Jung-Stil¬
lings, vergleicht man dieſe mit den hervorragenden Er¬
zeugniſſen der Franzoſen im Fache der Memoiren, ſo
giebt ſich ein ungeheurer Unterſchied zu erkennen, den
wir wohl befugt ſein duͤrfen in folgenden Spruch zu
faſſen: daß, wenn wir aus den franzoͤſiſchen Memoiren
vorzugsweiſe begreifen lernen, wieſo die Welt in ſich
zerfallen und zerbrechen muß, uns in den bezeichneten
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/484>, abgerufen am 22.11.2024.
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