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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

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Erzeugnisse der französischen Romantiker, die wir in
ihrer traurigen Menschenfeindlichkeit und Gottentbehrung
nur mit einigen Versuchen der französischen Metaphysi¬
ker des achtzehnten Jahrhunderts, zum Beispiel mit
dem verrufenen Systeme de la nature, vergleichen kön¬
nen. Allein die bessern der heutigen Schriftsteller gehen
unläugbar auf einer andern Bahn, und weit entfernt,
dem Schrecklichen, das sie darstellen, als einer Allmacht
zu huldigen, lassen sie über demselben ein Höheres ahn¬
den, bei welchem Zuflucht und Trost gewährt sind.
Wir können hier neben Hugo namentlich auf Alfred de
Vigny und Balzac hinweisen, von denen freilich letzte¬
rer so ungleich in seinen Erzeugnissen als fruchtbar ist!

Seit kurzem indeß arbeitet sich aus den Trümmern
so vieles Zerstörten, neben dem Nichtigen und Verwor¬
renen, welches noch lange Zeit den Hauptbestandtheil
der französischen Romantik zu bilden bestimmt scheint,
ein neubelebender Geist in ganz entschiedener Gestalt
hervor, und die bisher nur aufgelösten Elemente eines
trostreichen Höheren erscheinen in ausdrücklicher Selbst¬
ständigkeit. Es ist bekannt, daß die französischen Ro¬
mantiker ihrem politischen Karakter nach wesentlich dem
alten Frankreich, dem legitimen und hierarchischen, an¬
gehören ; im Gegensatze der revolutinairen Schriftsteller,
welche mit größerer Strenge auf die sogenannten klassi¬
schen Formen ihrer früheren Litteratur halten; beide
Partheien scheinen hiebei in Widerspruch mit sich selber

Erzeugniſſe der franzoͤſiſchen Romantiker, die wir in
ihrer traurigen Menſchenfeindlichkeit und Gottentbehrung
nur mit einigen Verſuchen der franzoͤſiſchen Metaphyſi¬
ker des achtzehnten Jahrhunderts, zum Beiſpiel mit
dem verrufenen Système de la nature, vergleichen koͤn¬
nen. Allein die beſſern der heutigen Schriftſteller gehen
unlaͤugbar auf einer andern Bahn, und weit entfernt,
dem Schrecklichen, das ſie darſtellen, als einer Allmacht
zu huldigen, laſſen ſie uͤber demſelben ein Hoͤheres ahn¬
den, bei welchem Zuflucht und Troſt gewaͤhrt ſind.
Wir koͤnnen hier neben Hugo namentlich auf Alfred de
Vigny und Balzac hinweiſen, von denen freilich letzte¬
rer ſo ungleich in ſeinen Erzeugniſſen als fruchtbar iſt!

Seit kurzem indeß arbeitet ſich aus den Truͤmmern
ſo vieles Zerſtoͤrten, neben dem Nichtigen und Verwor¬
renen, welches noch lange Zeit den Hauptbeſtandtheil
der franzoͤſiſchen Romantik zu bilden beſtimmt ſcheint,
ein neubelebender Geiſt in ganz entſchiedener Geſtalt
hervor, und die bisher nur aufgeloͤſten Elemente eines
troſtreichen Hoͤheren erſcheinen in ausdruͤcklicher Selbſt¬
ſtaͤndigkeit. Es iſt bekannt, daß die franzoͤſiſchen Ro¬
mantiker ihrem politiſchen Karakter nach weſentlich dem
alten Frankreich, dem legitimen und hierarchiſchen, an¬
gehoͤren ; im Gegenſatze der revolutinairen Schriftſteller,
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ſchen Formen ihrer fruͤheren Litteratur halten; beide
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[448/0462] Erzeugniſſe der franzoͤſiſchen Romantiker, die wir in ihrer traurigen Menſchenfeindlichkeit und Gottentbehrung nur mit einigen Verſuchen der franzoͤſiſchen Metaphyſi¬ ker des achtzehnten Jahrhunderts, zum Beiſpiel mit dem verrufenen Système de la nature, vergleichen koͤn¬ nen. Allein die beſſern der heutigen Schriftſteller gehen unlaͤugbar auf einer andern Bahn, und weit entfernt, dem Schrecklichen, das ſie darſtellen, als einer Allmacht zu huldigen, laſſen ſie uͤber demſelben ein Hoͤheres ahn¬ den, bei welchem Zuflucht und Troſt gewaͤhrt ſind. Wir koͤnnen hier neben Hugo namentlich auf Alfred de Vigny und Balzac hinweiſen, von denen freilich letzte¬ rer ſo ungleich in ſeinen Erzeugniſſen als fruchtbar iſt! Seit kurzem indeß arbeitet ſich aus den Truͤmmern ſo vieles Zerſtoͤrten, neben dem Nichtigen und Verwor¬ renen, welches noch lange Zeit den Hauptbeſtandtheil der franzoͤſiſchen Romantik zu bilden beſtimmt ſcheint, ein neubelebender Geiſt in ganz entſchiedener Geſtalt hervor, und die bisher nur aufgeloͤſten Elemente eines troſtreichen Hoͤheren erſcheinen in ausdruͤcklicher Selbſt¬ ſtaͤndigkeit. Es iſt bekannt, daß die franzoͤſiſchen Ro¬ mantiker ihrem politiſchen Karakter nach weſentlich dem alten Frankreich, dem legitimen und hierarchiſchen, an¬ gehoͤren ; im Gegenſatze der revolutinairen Schriftſteller, welche mit groͤßerer Strenge auf die ſogenannten klaſſi¬ ſchen Formen ihrer fruͤheren Litteratur halten; beide Partheien ſcheinen hiebei in Widerſpruch mit ſich ſelber

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/462>, abgerufen am 22.11.2024.