leitet worden, durch die dankeswerthen Bemühungen des Verfassers nunmehr für vollständig abgeschlossen erachten.
Den sonstigen Ergebnissen der hier ausgeübten histo¬ rischen Kritik vermögen wir nicht immer beizutreten. Wir müssen im Allgemeinen bemerken, daß in neuerer Zeit, wo man mit besonderem Eifer neuen handschrift¬ lichen Quellen nachspürt, und aus diesen die bisherige Kenntniß und Darstellung der Geschichte nicht zu ergänzen und aufzuhellen, sondern auch wohl in ganze neue Ge¬ stalt umzubilden unternimmt, dieses Bestreben sehr oft eine bedenkliche Richtung genommen und neue Irrthümer veranlaßt hat. Der Anblick alter Urkunden und Schrif¬ ten übt einen eignen Reiz, die Beschäftigung mit solchen neu aufgefundenen und bisher wenig oder gar nicht benutzten Blättern erzeugt einen Hang, sie zu über¬ schätzen, sie zum einseitigen Maßstabe anzunehmen, und alles zu verwerfen, was nicht aus ihnen geschöpft, oder mit ihnen nicht in Uebereinstimmung ist. Besonders legt man auf das Schweigen solcher Zeugnisse ein un¬ verhältnißmäßiges Gewicht, und thatsächliche Angaben, die sich in bisherigen Ueberlieferungen vorfinden, sollen plötzlich nichts gelten, weil ihrer in bestimmten Papie¬ ren, deren Vollständigkeit und Entstehungsart noch erst zu prüfen wäre, nicht gedacht worden ist. So hat man, auf Urkunden gestützt, deren Unzulänglichkeit grade für den bestimmten Zweck offenbar am Tage liegt, den brandenburgischen Minister, Grafen von Schwarzenberg,
leitet worden, durch die dankeswerthen Bemuͤhungen des Verfaſſers nunmehr fuͤr vollſtaͤndig abgeſchloſſen erachten.
Den ſonſtigen Ergebniſſen der hier ausgeuͤbten hiſto¬ riſchen Kritik vermoͤgen wir nicht immer beizutreten. Wir muͤſſen im Allgemeinen bemerken, daß in neuerer Zeit, wo man mit beſonderem Eifer neuen handſchrift¬ lichen Quellen nachſpuͤrt, und aus dieſen die bisherige Kenntniß und Darſtellung der Geſchichte nicht zu ergaͤnzen und aufzuhellen, ſondern auch wohl in ganze neue Ge¬ ſtalt umzubilden unternimmt, dieſes Beſtreben ſehr oft eine bedenkliche Richtung genommen und neue Irrthuͤmer veranlaßt hat. Der Anblick alter Urkunden und Schrif¬ ten uͤbt einen eignen Reiz, die Beſchaͤftigung mit ſolchen neu aufgefundenen und bisher wenig oder gar nicht benutzten Blaͤttern erzeugt einen Hang, ſie zu uͤber¬ ſchaͤtzen, ſie zum einſeitigen Maßſtabe anzunehmen, und alles zu verwerfen, was nicht aus ihnen geſchoͤpft, oder mit ihnen nicht in Uebereinſtimmung iſt. Beſonders legt man auf das Schweigen ſolcher Zeugniſſe ein un¬ verhaͤltnißmaͤßiges Gewicht, und thatſaͤchliche Angaben, die ſich in bisherigen Ueberlieferungen vorfinden, ſollen ploͤtzlich nichts gelten, weil ihrer in beſtimmten Papie¬ ren, deren Vollſtaͤndigkeit und Entſtehungsart noch erſt zu pruͤfen waͤre, nicht gedacht worden iſt. So hat man, auf Urkunden geſtuͤtzt, deren Unzulaͤnglichkeit grade fuͤr den beſtimmten Zweck offenbar am Tage liegt, den brandenburgiſchen Miniſter, Grafen von Schwarzenberg,
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leitet worden, durch die dankeswerthen Bemuͤhungen des
Verfaſſers nunmehr fuͤr vollſtaͤndig abgeſchloſſen erachten.
Den ſonſtigen Ergebniſſen der hier ausgeuͤbten hiſto¬
riſchen Kritik vermoͤgen wir nicht immer beizutreten.
Wir muͤſſen im Allgemeinen bemerken, daß in neuerer
Zeit, wo man mit beſonderem Eifer neuen handſchrift¬
lichen Quellen nachſpuͤrt, und aus dieſen die bisherige
Kenntniß und Darſtellung der Geſchichte nicht zu ergaͤnzen
und aufzuhellen, ſondern auch wohl in ganze neue Ge¬
ſtalt umzubilden unternimmt, dieſes Beſtreben ſehr oft
eine bedenkliche Richtung genommen und neue Irrthuͤmer
veranlaßt hat. Der Anblick alter Urkunden und Schrif¬
ten uͤbt einen eignen Reiz, die Beſchaͤftigung mit ſolchen
neu aufgefundenen und bisher wenig oder gar nicht
benutzten Blaͤttern erzeugt einen Hang, ſie zu uͤber¬
ſchaͤtzen, ſie zum einſeitigen Maßſtabe anzunehmen, und
alles zu verwerfen, was nicht aus ihnen geſchoͤpft, oder
mit ihnen nicht in Uebereinſtimmung iſt. Beſonders
legt man auf das Schweigen ſolcher Zeugniſſe ein un¬
verhaͤltnißmaͤßiges Gewicht, und thatſaͤchliche Angaben,
die ſich in bisherigen Ueberlieferungen vorfinden, ſollen
ploͤtzlich nichts gelten, weil ihrer in beſtimmten Papie¬
ren, deren Vollſtaͤndigkeit und Entſtehungsart noch erſt
zu pruͤfen waͤre, nicht gedacht worden iſt. So hat
man, auf Urkunden geſtuͤtzt, deren Unzulaͤnglichkeit grade
fuͤr den beſtimmten Zweck offenbar am Tage liegt, den
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/453>, abgerufen am 25.11.2024.
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