unterdrückt und die himmlische Reinheit völlig außerhalb des teuflischen Bereichs gelassen haben. Wir pflichten dieser Meinung nicht bei. Diese Teufelei, worin die kühne Erfindungskraft Goethe's durch die noch be¬ wahrte Anmuth und Heiterkeit sich auf dem höchsten Gipfel der Meisterschaft zeigt, ist der nothwendige Ge¬ gensatz des erhabenen, innigen und heiligen Elements, in dessen Meer das Ganze verschwimmen soll. Die Schilderung des Himmels ohne solchen Gegensatz würde nur fade sein können, wie auch Dante's Paradies, ohne seine Hölle und sein Fegefeuer, nur eine schwächliche Dichtung sein würde, ja poetisch gar nicht zu ertragen wäre.
Herr Deycks stellt einige der gangbaren Anklagen und Vorwürfe gegen Faust und gegen Goethe -- be¬ sonders die alberne Behauptung, Faust hätte ein Frag¬ ment bleiben müssen, und habe als solches sein gro߬ artigstes Ende in Gretchens Verzweiflung gehabt, alles später Hinzugekommene aber sei vom Uebel -- in ihrer ganzen Blöße dar. Er widerlegt jedoch nicht eigentlich polemisch, sondern sucht mehr durch freundliche Er¬ weckung des Verständnisses den Unverstand zu entfernen. Ueberhaupt drückt er sich stets mit Maß und Billigkeit aus und läßt sogar allzu nachsichtig die von M. Enk in Wien erschienenen Briefe über Goethe's Faust, in welchen doch nur sehr geringe Ansichten zu Tage kom¬ men, für ein achtbares Buch gelten. -- Wir wünschen
unterdruͤckt und die himmliſche Reinheit voͤllig außerhalb des teufliſchen Bereichs gelaſſen haben. Wir pflichten dieſer Meinung nicht bei. Dieſe Teufelei, worin die kuͤhne Erfindungskraft Goethe’s durch die noch be¬ wahrte Anmuth und Heiterkeit ſich auf dem hoͤchſten Gipfel der Meiſterſchaft zeigt, iſt der nothwendige Ge¬ genſatz des erhabenen, innigen und heiligen Elements, in deſſen Meer das Ganze verſchwimmen ſoll. Die Schilderung des Himmels ohne ſolchen Gegenſatz wuͤrde nur fade ſein koͤnnen, wie auch Dante’s Paradies, ohne ſeine Hoͤlle und ſein Fegefeuer, nur eine ſchwaͤchliche Dichtung ſein wuͤrde, ja poetiſch gar nicht zu ertragen waͤre.
Herr Deycks ſtellt einige der gangbaren Anklagen und Vorwuͤrfe gegen Fauſt und gegen Goethe — be¬ ſonders die alberne Behauptung, Fauſt haͤtte ein Frag¬ ment bleiben muͤſſen, und habe als ſolches ſein gro߬ artigſtes Ende in Gretchens Verzweiflung gehabt, alles ſpaͤter Hinzugekommene aber ſei vom Uebel — in ihrer ganzen Bloͤße dar. Er widerlegt jedoch nicht eigentlich polemiſch, ſondern ſucht mehr durch freundliche Er¬ weckung des Verſtaͤndniſſes den Unverſtand zu entfernen. Ueberhaupt druͤckt er ſich ſtets mit Maß und Billigkeit aus und laͤßt ſogar allzu nachſichtig die von M. Enk in Wien erſchienenen Briefe uͤber Goethe’s Fauſt, in welchen doch nur ſehr geringe Anſichten zu Tage kom¬ men, fuͤr ein achtbares Buch gelten. — Wir wuͤnſchen
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unterdruͤckt und die himmliſche Reinheit voͤllig außerhalb
des teufliſchen Bereichs gelaſſen haben. Wir pflichten
dieſer Meinung nicht bei. Dieſe Teufelei, worin die
kuͤhne Erfindungskraft Goethe’s durch die noch be¬
wahrte Anmuth und Heiterkeit ſich auf dem hoͤchſten
Gipfel der Meiſterſchaft zeigt, iſt der nothwendige Ge¬
genſatz des erhabenen, innigen und heiligen Elements,
in deſſen Meer das Ganze verſchwimmen ſoll. Die
Schilderung des Himmels ohne ſolchen Gegenſatz wuͤrde
nur fade ſein koͤnnen, wie auch Dante’s Paradies, ohne
ſeine Hoͤlle und ſein Fegefeuer, nur eine ſchwaͤchliche
Dichtung ſein wuͤrde, ja poetiſch gar nicht zu ertragen
waͤre.
Herr Deycks ſtellt einige der gangbaren Anklagen
und Vorwuͤrfe gegen Fauſt und gegen Goethe — be¬
ſonders die alberne Behauptung, Fauſt haͤtte ein Frag¬
ment bleiben muͤſſen, und habe als ſolches ſein gro߬
artigſtes Ende in Gretchens Verzweiflung gehabt, alles
ſpaͤter Hinzugekommene aber ſei vom Uebel — in ihrer
ganzen Bloͤße dar. Er widerlegt jedoch nicht eigentlich
polemiſch, ſondern ſucht mehr durch freundliche Er¬
weckung des Verſtaͤndniſſes den Unverſtand zu entfernen.
Ueberhaupt druͤckt er ſich ſtets mit Maß und Billigkeit
aus und laͤßt ſogar allzu nachſichtig die von M. Enk
in Wien erſchienenen Briefe uͤber Goethe’s Fauſt, in
welchen doch nur ſehr geringe Anſichten zu Tage kom¬
men, fuͤr ein achtbares Buch gelten. — Wir wuͤnſchen
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/442>, abgerufen am 25.11.2024.
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