Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

späterhin von diesem Auftritt im Vertrauen bekannte,
er habe sich ordentlich geschämt, ein so plumpes Spiel
mitzumachen! Eine Notiz, daß der Fürst Hardenberg
in Paris die erste Kenntniß von der Stiftung der Hei¬
ligen Allianz durch seinen Leibarzt Doctor Koreff empfan¬
gen habe, scheint uns nicht ohne näheren Erweis an¬
zunehmen. --

Die Ansichten des Verfassers über Welt und Leben
zeugen von einem redlichen, wahrheitsliebenden Sinn,
der weit um sich schaut in seiner Zeitumgebung, und
doch eben so gern, wie Gesellschaft und Staat, die
Angelegenheiten des Gemüths und des Herzens zum
Gegenstande seiner Betrachtungen nimmt. Manches
wird in fremder Person ausgesprochen, z. B. die ziem¬
lich Saint-Simonistische Ansicht über den Vorzug andrer
Auszeichnung und Größe vor der kriegerischen. In
einigen Urtheilen fehlt es nicht an Kühnheit, die überall
zu vertreten schwer sein möchte. Zuweilen finden wir
auch Mißgriffe, wie z. B. die Parallele der Entführung
des Herzogs von Enghien mit einem neuern Vorgange,
der in allen Motiven, Umständen und Folgen eine
gänzlich verschiedene Bewandtniß hatte, und unsres Wis¬
sens auch im geringsten nicht von der Einwirkung ge¬
wesen ist, die ihm hier beigemessen wird.

Als einen artigen Gedanken, dessen Ausführung gar
nicht übel wäre, führen wir folgende Stelle an: "Ich
möchte wohl, daß zur Rechtfertigung des jetzigen, so

ſpaͤterhin von dieſem Auftritt im Vertrauen bekannte,
er habe ſich ordentlich geſchaͤmt, ein ſo plumpes Spiel
mitzumachen! Eine Notiz, daß der Fuͤrſt Hardenberg
in Paris die erſte Kenntniß von der Stiftung der Hei¬
ligen Allianz durch ſeinen Leibarzt Doctor Koreff empfan¬
gen habe, ſcheint uns nicht ohne naͤheren Erweis an¬
zunehmen. —

Die Anſichten des Verfaſſers uͤber Welt und Leben
zeugen von einem redlichen, wahrheitsliebenden Sinn,
der weit um ſich ſchaut in ſeiner Zeitumgebung, und
doch eben ſo gern, wie Geſellſchaft und Staat, die
Angelegenheiten des Gemuͤths und des Herzens zum
Gegenſtande ſeiner Betrachtungen nimmt. Manches
wird in fremder Perſon ausgeſprochen, z. B. die ziem¬
lich Saint-Simoniſtiſche Anſicht uͤber den Vorzug andrer
Auszeichnung und Groͤße vor der kriegeriſchen. In
einigen Urtheilen fehlt es nicht an Kuͤhnheit, die uͤberall
zu vertreten ſchwer ſein moͤchte. Zuweilen finden wir
auch Mißgriffe, wie z. B. die Parallele der Entfuͤhrung
des Herzogs von Enghien mit einem neuern Vorgange,
der in allen Motiven, Umſtaͤnden und Folgen eine
gaͤnzlich verſchiedene Bewandtniß hatte, und unſres Wiſ¬
ſens auch im geringſten nicht von der Einwirkung ge¬
weſen iſt, die ihm hier beigemeſſen wird.

Als einen artigen Gedanken, deſſen Ausfuͤhrung gar
nicht uͤbel waͤre, fuͤhren wir folgende Stelle an: „Ich
moͤchte wohl, daß zur Rechtfertigung des jetzigen, ſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0420" n="406"/>
&#x017F;pa&#x0364;terhin von die&#x017F;em Auftritt im Vertrauen bekannte,<lb/>
er habe &#x017F;ich ordentlich ge&#x017F;cha&#x0364;mt, ein &#x017F;o plumpes Spiel<lb/>
mitzumachen! Eine Notiz, daß der Fu&#x0364;r&#x017F;t Hardenberg<lb/>
in Paris die er&#x017F;te Kenntniß von der Stiftung der Hei¬<lb/>
ligen Allianz durch &#x017F;einen Leibarzt Doctor Koreff empfan¬<lb/>
gen habe, &#x017F;cheint uns nicht ohne na&#x0364;heren Erweis an¬<lb/>
zunehmen. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Die An&#x017F;ichten des Verfa&#x017F;&#x017F;ers u&#x0364;ber Welt und Leben<lb/>
zeugen von einem redlichen, wahrheitsliebenden Sinn,<lb/>
der weit um &#x017F;ich &#x017F;chaut in &#x017F;einer Zeitumgebung, und<lb/>
doch eben &#x017F;o gern, wie Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft und Staat, die<lb/>
Angelegenheiten des Gemu&#x0364;ths und des Herzens zum<lb/>
Gegen&#x017F;tande &#x017F;einer Betrachtungen nimmt. Manches<lb/>
wird in fremder Per&#x017F;on ausge&#x017F;prochen, z. B. die ziem¬<lb/>
lich Saint-Simoni&#x017F;ti&#x017F;che An&#x017F;icht u&#x0364;ber den Vorzug andrer<lb/>
Auszeichnung und Gro&#x0364;ße vor der kriegeri&#x017F;chen. In<lb/>
einigen Urtheilen fehlt es nicht an Ku&#x0364;hnheit, die u&#x0364;berall<lb/>
zu vertreten &#x017F;chwer &#x017F;ein mo&#x0364;chte. Zuweilen finden wir<lb/>
auch Mißgriffe, wie z. B. die Parallele der Entfu&#x0364;hrung<lb/>
des Herzogs von Enghien mit einem neuern Vorgange,<lb/>
der in allen Motiven, Um&#x017F;ta&#x0364;nden und Folgen eine<lb/>
ga&#x0364;nzlich ver&#x017F;chiedene Bewandtniß hatte, und un&#x017F;res Wi&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;ens auch im gering&#x017F;ten nicht von der Einwirkung ge¬<lb/>
we&#x017F;en i&#x017F;t, die ihm hier beigeme&#x017F;&#x017F;en wird.</p><lb/>
          <p>Als einen artigen Gedanken, de&#x017F;&#x017F;en Ausfu&#x0364;hrung gar<lb/>
nicht u&#x0364;bel wa&#x0364;re, fu&#x0364;hren wir folgende Stelle an: &#x201E;Ich<lb/>
mo&#x0364;chte wohl, daß zur Rechtfertigung des jetzigen, &#x017F;o<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406/0420] ſpaͤterhin von dieſem Auftritt im Vertrauen bekannte, er habe ſich ordentlich geſchaͤmt, ein ſo plumpes Spiel mitzumachen! Eine Notiz, daß der Fuͤrſt Hardenberg in Paris die erſte Kenntniß von der Stiftung der Hei¬ ligen Allianz durch ſeinen Leibarzt Doctor Koreff empfan¬ gen habe, ſcheint uns nicht ohne naͤheren Erweis an¬ zunehmen. — Die Anſichten des Verfaſſers uͤber Welt und Leben zeugen von einem redlichen, wahrheitsliebenden Sinn, der weit um ſich ſchaut in ſeiner Zeitumgebung, und doch eben ſo gern, wie Geſellſchaft und Staat, die Angelegenheiten des Gemuͤths und des Herzens zum Gegenſtande ſeiner Betrachtungen nimmt. Manches wird in fremder Perſon ausgeſprochen, z. B. die ziem¬ lich Saint-Simoniſtiſche Anſicht uͤber den Vorzug andrer Auszeichnung und Groͤße vor der kriegeriſchen. In einigen Urtheilen fehlt es nicht an Kuͤhnheit, die uͤberall zu vertreten ſchwer ſein moͤchte. Zuweilen finden wir auch Mißgriffe, wie z. B. die Parallele der Entfuͤhrung des Herzogs von Enghien mit einem neuern Vorgange, der in allen Motiven, Umſtaͤnden und Folgen eine gaͤnzlich verſchiedene Bewandtniß hatte, und unſres Wiſ¬ ſens auch im geringſten nicht von der Einwirkung ge¬ weſen iſt, die ihm hier beigemeſſen wird. Als einen artigen Gedanken, deſſen Ausfuͤhrung gar nicht uͤbel waͤre, fuͤhren wir folgende Stelle an: „Ich moͤchte wohl, daß zur Rechtfertigung des jetzigen, ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/420
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/420>, abgerufen am 22.11.2024.