Reizendem, das nicht schon in jenem läge; auch bleibt das geistige Auffassen der Dinge fortwährend im gleich¬ mäßigen Verhältnisse mit diesen selbst, und so macht das Ganze den ruhigen Eindruck einer natürlichen, ihrem angewiesenen Kreise treu verbleibenden Unbefangenheit. Das Buch ist bei dieser Beschaffenheit für geschichtliches Interesse wie für bloße Unterhaltung am rechten Orte und zu seiner Zeit empfehlenswerth genug, und möge mit vielen Brüdern, die auch nichts Ueberschwengliches bringen und ansprechen, unverkümmert dahingehen.
Der Sohn eines Bürgermeisters von Neustadt bei Neiße in Schlesien ist es, der hier seine Lebensgeschichte erzählt; im Jahre 1770 geboren, sah er noch die letz¬ ten Ereignisse der Regierung Friedrichs des Großen, wurde durch jugendliche Unbesonnenheiten frühzeitig dem Kriegsdienste zugeführt, und durfte in Berlin mit guten Aussichten bei der Artillerie eintreten. Hier hatte er einen Vetter, den Mahler Rode, dessen Hauswesen und Künstlerart geschildert wird. Als Bombardier zog unser Autor mit nach Polen, wo die unglücklichen Verhält¬ nisse des Landes und der Einwohner den guten Sinn des Mannes nicht gleichgültig ließen, auch eine ordent¬ liche Liebschaft an- und abspann, alles aber in Maß und Schranken blieb, ohne Abentheuer und Katastrophe. Der Krieg gegen Frankreich bricht aus, und führt uns zuerst in die Champagne, später, nach dem fürchterli¬ chen Rückzug, zur Belagerung von Mainz, und nach¬
Reizendem, das nicht ſchon in jenem laͤge; auch bleibt das geiſtige Auffaſſen der Dinge fortwaͤhrend im gleich¬ maͤßigen Verhaͤltniſſe mit dieſen ſelbſt, und ſo macht das Ganze den ruhigen Eindruck einer natuͤrlichen, ihrem angewieſenen Kreiſe treu verbleibenden Unbefangenheit. Das Buch iſt bei dieſer Beſchaffenheit fuͤr geſchichtliches Intereſſe wie fuͤr bloße Unterhaltung am rechten Orte und zu ſeiner Zeit empfehlenswerth genug, und moͤge mit vielen Bruͤdern, die auch nichts Ueberſchwengliches bringen und anſprechen, unverkuͤmmert dahingehen.
Der Sohn eines Buͤrgermeiſters von Neuſtadt bei Neiße in Schleſien iſt es, der hier ſeine Lebensgeſchichte erzaͤhlt; im Jahre 1770 geboren, ſah er noch die letz¬ ten Ereigniſſe der Regierung Friedrichs des Großen, wurde durch jugendliche Unbeſonnenheiten fruͤhzeitig dem Kriegsdienſte zugefuͤhrt, und durfte in Berlin mit guten Ausſichten bei der Artillerie eintreten. Hier hatte er einen Vetter, den Mahler Rode, deſſen Hausweſen und Kuͤnſtlerart geſchildert wird. Als Bombardier zog unſer Autor mit nach Polen, wo die ungluͤcklichen Verhaͤlt¬ niſſe des Landes und der Einwohner den guten Sinn des Mannes nicht gleichguͤltig ließen, auch eine ordent¬ liche Liebſchaft an- und abſpann, alles aber in Maß und Schranken blieb, ohne Abentheuer und Kataſtrophe. Der Krieg gegen Frankreich bricht aus, und fuͤhrt uns zuerſt in die Champagne, ſpaͤter, nach dem fuͤrchterli¬ chen Ruͤckzug, zur Belagerung von Mainz, und nach¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0411"n="397"/>
Reizendem, das nicht ſchon in jenem laͤge; auch bleibt<lb/>
das geiſtige Auffaſſen der Dinge fortwaͤhrend im gleich¬<lb/>
maͤßigen Verhaͤltniſſe mit dieſen ſelbſt, und ſo macht<lb/>
das Ganze den ruhigen Eindruck einer natuͤrlichen, ihrem<lb/>
angewieſenen Kreiſe treu verbleibenden Unbefangenheit.<lb/>
Das Buch iſt bei dieſer Beſchaffenheit fuͤr geſchichtliches<lb/>
Intereſſe wie fuͤr bloße Unterhaltung am rechten Orte<lb/>
und zu ſeiner Zeit empfehlenswerth genug, und moͤge<lb/>
mit vielen Bruͤdern, die auch nichts Ueberſchwengliches<lb/>
bringen und anſprechen, unverkuͤmmert dahingehen.</p><lb/><p>Der Sohn eines Buͤrgermeiſters von Neuſtadt bei<lb/>
Neiße in Schleſien iſt es, der hier ſeine Lebensgeſchichte<lb/>
erzaͤhlt; im Jahre <hirendition="#b">1770</hi> geboren, ſah er noch die letz¬<lb/>
ten Ereigniſſe der Regierung Friedrichs des Großen,<lb/>
wurde durch jugendliche Unbeſonnenheiten fruͤhzeitig dem<lb/>
Kriegsdienſte zugefuͤhrt, und durfte in Berlin mit guten<lb/>
Ausſichten bei der Artillerie eintreten. Hier hatte er<lb/>
einen Vetter, den Mahler Rode, deſſen Hausweſen und<lb/>
Kuͤnſtlerart geſchildert wird. Als Bombardier zog unſer<lb/>
Autor mit nach Polen, wo die ungluͤcklichen Verhaͤlt¬<lb/>
niſſe des Landes und der Einwohner den guten Sinn<lb/>
des Mannes nicht gleichguͤltig ließen, auch eine ordent¬<lb/>
liche Liebſchaft an- und abſpann, alles aber in Maß<lb/>
und Schranken blieb, ohne Abentheuer und Kataſtrophe.<lb/>
Der Krieg gegen Frankreich bricht aus, und fuͤhrt uns<lb/>
zuerſt in die Champagne, ſpaͤter, nach dem fuͤrchterli¬<lb/>
chen Ruͤckzug, zur Belagerung von Mainz, und nach¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[397/0411]
Reizendem, das nicht ſchon in jenem laͤge; auch bleibt
das geiſtige Auffaſſen der Dinge fortwaͤhrend im gleich¬
maͤßigen Verhaͤltniſſe mit dieſen ſelbſt, und ſo macht
das Ganze den ruhigen Eindruck einer natuͤrlichen, ihrem
angewieſenen Kreiſe treu verbleibenden Unbefangenheit.
Das Buch iſt bei dieſer Beſchaffenheit fuͤr geſchichtliches
Intereſſe wie fuͤr bloße Unterhaltung am rechten Orte
und zu ſeiner Zeit empfehlenswerth genug, und moͤge
mit vielen Bruͤdern, die auch nichts Ueberſchwengliches
bringen und anſprechen, unverkuͤmmert dahingehen.
Der Sohn eines Buͤrgermeiſters von Neuſtadt bei
Neiße in Schleſien iſt es, der hier ſeine Lebensgeſchichte
erzaͤhlt; im Jahre 1770 geboren, ſah er noch die letz¬
ten Ereigniſſe der Regierung Friedrichs des Großen,
wurde durch jugendliche Unbeſonnenheiten fruͤhzeitig dem
Kriegsdienſte zugefuͤhrt, und durfte in Berlin mit guten
Ausſichten bei der Artillerie eintreten. Hier hatte er
einen Vetter, den Mahler Rode, deſſen Hausweſen und
Kuͤnſtlerart geſchildert wird. Als Bombardier zog unſer
Autor mit nach Polen, wo die ungluͤcklichen Verhaͤlt¬
niſſe des Landes und der Einwohner den guten Sinn
des Mannes nicht gleichguͤltig ließen, auch eine ordent¬
liche Liebſchaft an- und abſpann, alles aber in Maß
und Schranken blieb, ohne Abentheuer und Kataſtrophe.
Der Krieg gegen Frankreich bricht aus, und fuͤhrt uns
zuerſt in die Champagne, ſpaͤter, nach dem fuͤrchterli¬
chen Ruͤckzug, zur Belagerung von Mainz, und nach¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/411>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.