allgemeine Einsicht und umschauende Geistesbildung un¬ gewöhnlich waren, und jedes Gebiet gleichsam nur von seinem besonderen Wissen und Wollen erfüllt war. Jetzt wird niemand den reinen und hohen Verhältnissen mit dem Pater Lacombe eine rohe Mißdeutung geben wollen; im Gegentheil, wir werden die Umgestaltung, welche hier die unteren Seelenkräfte in höhere erfahren, mit Bewunderung anerkennen, und dem philosophischen Ge¬ halt nachforschen, der diesen sogenannten Schwärmereien inwohnt und in ihnen fortwirkt. Solche Mystiker, licht und kraftvoll, dürfen uns willkommen sein, auch wenn wir ihrer Richtung nicht angehören können noch wollen; sie stärken uns allenfalls auch in der unsrigen. Wir empfehlen daher mit gutem Gewissen dieses Buch allen und jeden Lesern und Leserinnen, denen die Betrachtung innerer Zustände und der Einblick in merkwürdige Ent¬ wickelung eines hochbegabten Menschen nicht ohne Reiz ist, und welche Unterhaltung und Belehrung und Er¬ bauung sich gern vereinen. Das französische Original ist äußerst selten, daher die Uebersetzung dasselbe nicht blos in Hinsicht der Sprache vertritt, sondern auch den¬ jenigen willkommen sein muß, die das Buch sonst wohl französisch zu lesen vorzögen. Die Uebertragung des Werkes der Frau von Guyon, welches sie "die Ströme" (les Torrens) genannt hat, von Kosegarten, ist mit Beifall aufgenommen worden; das eigentliche Haupt¬ werk unserer fruchtbaren Verfasserin, diese Lebensbe¬
allgemeine Einſicht und umſchauende Geiſtesbildung un¬ gewoͤhnlich waren, und jedes Gebiet gleichſam nur von ſeinem beſonderen Wiſſen und Wollen erfuͤllt war. Jetzt wird niemand den reinen und hohen Verhaͤltniſſen mit dem Pater Lacombe eine rohe Mißdeutung geben wollen; im Gegentheil, wir werden die Umgeſtaltung, welche hier die unteren Seelenkraͤfte in hoͤhere erfahren, mit Bewunderung anerkennen, und dem philoſophiſchen Ge¬ halt nachforſchen, der dieſen ſogenannten Schwaͤrmereien inwohnt und in ihnen fortwirkt. Solche Myſtiker, licht und kraftvoll, duͤrfen uns willkommen ſein, auch wenn wir ihrer Richtung nicht angehoͤren koͤnnen noch wollen; ſie ſtaͤrken uns allenfalls auch in der unſrigen. Wir empfehlen daher mit gutem Gewiſſen dieſes Buch allen und jeden Leſern und Leſerinnen, denen die Betrachtung innerer Zuſtaͤnde und der Einblick in merkwuͤrdige Ent¬ wickelung eines hochbegabten Menſchen nicht ohne Reiz iſt, und welche Unterhaltung und Belehrung und Er¬ bauung ſich gern vereinen. Das franzoͤſiſche Original iſt aͤußerſt ſelten, daher die Ueberſetzung daſſelbe nicht blos in Hinſicht der Sprache vertritt, ſondern auch den¬ jenigen willkommen ſein muß, die das Buch ſonſt wohl franzoͤſiſch zu leſen vorzoͤgen. Die Uebertragung des Werkes der Frau von Guyon, welches ſie „die Stroͤme“ (les Torrens) genannt hat, von Koſegarten, iſt mit Beifall aufgenommen worden; das eigentliche Haupt¬ werk unſerer fruchtbaren Verfaſſerin, dieſe Lebensbe¬
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allgemeine Einſicht und umſchauende Geiſtesbildung un¬
gewoͤhnlich waren, und jedes Gebiet gleichſam nur von
ſeinem beſonderen Wiſſen und Wollen erfuͤllt war. Jetzt
wird niemand den reinen und hohen Verhaͤltniſſen mit
dem Pater Lacombe eine rohe Mißdeutung geben wollen;
im Gegentheil, wir werden die Umgeſtaltung, welche
hier die unteren Seelenkraͤfte in hoͤhere erfahren, mit
Bewunderung anerkennen, und dem philoſophiſchen Ge¬
halt nachforſchen, der dieſen ſogenannten Schwaͤrmereien
inwohnt und in ihnen fortwirkt. Solche Myſtiker, licht
und kraftvoll, duͤrfen uns willkommen ſein, auch wenn
wir ihrer Richtung nicht angehoͤren koͤnnen noch wollen;
ſie ſtaͤrken uns allenfalls auch in der unſrigen. Wir
empfehlen daher mit gutem Gewiſſen dieſes Buch allen
und jeden Leſern und Leſerinnen, denen die Betrachtung
innerer Zuſtaͤnde und der Einblick in merkwuͤrdige Ent¬
wickelung eines hochbegabten Menſchen nicht ohne Reiz
iſt, und welche Unterhaltung und Belehrung und Er¬
bauung ſich gern vereinen. Das franzoͤſiſche Original
iſt aͤußerſt ſelten, daher die Ueberſetzung daſſelbe nicht
blos in Hinſicht der Sprache vertritt, ſondern auch den¬
jenigen willkommen ſein muß, die das Buch ſonſt wohl
franzoͤſiſch zu leſen vorzoͤgen. Die Uebertragung des
Werkes der Frau von Guyon, welches ſie „die Stroͤme“
(les Torrens) genannt hat, von Koſegarten, iſt mit
Beifall aufgenommen worden; das eigentliche Haupt¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/381>, abgerufen am 28.11.2024.
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