will, mag zu lehrreichem Nachdenken veranlaßt sein, wenn er die Jünglingsgestalt betrachtet, in welcher die nachher so gesetzten und gesetzlichen und hochverehrten Männer damals jene Gegenden durchstürmen, wo doch ein regeres Lebensfeuer schon minder aufzufallen pflegt. Die vor einigen Jahren vernommene Erzählung des Grafen von Haugwitz von manchen Vorgängen jener Reise möge hier abermals für die Treue der Goethe'¬ schen Darstellung als ein Zeugniß angeführt sein, indem sie, mit dieser sonst übereinstimmend, nur die geniale Persönlichkeit Goethe's heller leuchten ließ, als dessen eigne Nachrichten es wollen zu erkennen geben. Daß der Ungestüm der Gefährten von andrer Art war, als die Genialität des auch nicht eben zaghaften Dichters, ge¬ steht dieser selbst, wie auch, daß er nicht ungern, was der Scharfblick des Freundes Merck richtig vorausge¬ sehen hatte, auf der weiteren Wanderung sich von ihnen trennte. Einiges Verwundern und Lächeln muß es hiernach wohl erwecken, wenn man gedenkt, daß, nur ein Jahr später, der gute Klopstock den jüngern Stolberg nicht wollte nach Weimar reisen lassen, weil er für ihn die dortige Lebensart fürchtete, und in wehmüthiger Besorgniß sich die Autorität nahm, den versprochenen Besuch desselben unglimpflich abzusagen. --
Merck, den wir eben genannt, erscheint ferner, wie in den früheren Theilen, als ein durch Karakter und Verstand eigenthümlich ausgezeichneter Mann, dessen
will, mag zu lehrreichem Nachdenken veranlaßt ſein, wenn er die Juͤnglingsgeſtalt betrachtet, in welcher die nachher ſo geſetzten und geſetzlichen und hochverehrten Maͤnner damals jene Gegenden durchſtuͤrmen, wo doch ein regeres Lebensfeuer ſchon minder aufzufallen pflegt. Die vor einigen Jahren vernommene Erzaͤhlung des Grafen von Haugwitz von manchen Vorgaͤngen jener Reiſe moͤge hier abermals fuͤr die Treue der Goethe'¬ ſchen Darſtellung als ein Zeugniß angefuͤhrt ſein, indem ſie, mit dieſer ſonſt uͤbereinſtimmend, nur die geniale Perſoͤnlichkeit Goethe's heller leuchten ließ, als deſſen eigne Nachrichten es wollen zu erkennen geben. Daß der Ungeſtuͤm der Gefaͤhrten von andrer Art war, als die Genialitaͤt des auch nicht eben zaghaften Dichters, ge¬ ſteht dieſer ſelbſt, wie auch, daß er nicht ungern, was der Scharfblick des Freundes Merck richtig vorausge¬ ſehen hatte, auf der weiteren Wanderung ſich von ihnen trennte. Einiges Verwundern und Laͤcheln muß es hiernach wohl erwecken, wenn man gedenkt, daß, nur ein Jahr ſpaͤter, der gute Klopſtock den juͤngern Stolberg nicht wollte nach Weimar reiſen laſſen, weil er fuͤr ihn die dortige Lebensart fuͤrchtete, und in wehmuͤthiger Beſorgniß ſich die Autoritaͤt nahm, den verſprochenen Beſuch deſſelben unglimpflich abzuſagen. —
Merck, den wir eben genannt, erſcheint ferner, wie in den fruͤheren Theilen, als ein durch Karakter und Verſtand eigenthuͤmlich ausgezeichneter Mann, deſſen
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will, mag zu lehrreichem Nachdenken veranlaßt ſein,
wenn er die Juͤnglingsgeſtalt betrachtet, in welcher die
nachher ſo geſetzten und geſetzlichen und hochverehrten
Maͤnner damals jene Gegenden durchſtuͤrmen, wo doch
ein regeres Lebensfeuer ſchon minder aufzufallen pflegt.
Die vor einigen Jahren vernommene Erzaͤhlung des
Grafen von Haugwitz von manchen Vorgaͤngen jener
Reiſe moͤge hier abermals fuͤr die Treue der Goethe'¬
ſchen Darſtellung als ein Zeugniß angefuͤhrt ſein, indem
ſie, mit dieſer ſonſt uͤbereinſtimmend, nur die geniale
Perſoͤnlichkeit Goethe's heller leuchten ließ, als deſſen
eigne Nachrichten es wollen zu erkennen geben. Daß der
Ungeſtuͤm der Gefaͤhrten von andrer Art war, als die
Genialitaͤt des auch nicht eben zaghaften Dichters, ge¬
ſteht dieſer ſelbſt, wie auch, daß er nicht ungern, was
der Scharfblick des Freundes Merck richtig vorausge¬
ſehen hatte, auf der weiteren Wanderung ſich von ihnen
trennte. Einiges Verwundern und Laͤcheln muß es
hiernach wohl erwecken, wenn man gedenkt, daß, nur
ein Jahr ſpaͤter, der gute Klopſtock den juͤngern Stolberg
nicht wollte nach Weimar reiſen laſſen, weil er fuͤr ihn
die dortige Lebensart fuͤrchtete, und in wehmuͤthiger
Beſorgniß ſich die Autoritaͤt nahm, den verſprochenen
Beſuch deſſelben unglimpflich abzuſagen. —
Merck, den wir eben genannt, erſcheint ferner, wie
in den fruͤheren Theilen, als ein durch Karakter und
Verſtand eigenthuͤmlich ausgezeichneter Mann, deſſen
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/339>, abgerufen am 25.11.2024.
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