Gericht über die Anstalten und die dabei betheiligten Behörden. Der Polizeipräfekt von Paris, Graf Dubois, hatte einen harten Stand, er sollte Alles wissen, Allem vorgesehen haben, von Allem Rechenschaft geben; die rauhe Strenge Napoleons beeiferte den geschmeidigen Diener nur zu erhöhter Thätigkeit, er entschuldigte sich nur leise, wandte sich nach allen Seiten, ordnend, bittend, fragend, jeden Augenblick zu dem Kaiser zurückeilend, und ihm die inzwischen angehäuften neuen Vorwürfe und anfahrenden Worte demüthig abnehmend. Am schlimmsten erging es dem Anführer der Spritzenleute. Der General, Graf Hulin, der seinen Eifer zeigen und auch wohl zu eignem Besten den Zornausbrüchen des Kaisers einen Gegenstand anweisen wollte, stürmte mit brutaler Gewalt auf den armen Mann los, stieß ihn mit der Faust mehrmals vor die Brust und trat mit dem Fuße nach dem Zurücktaumelnden, unter heftigen Vorwürfen und Schimpfreden; Napoleon sah streng und blitzend in einiger Entfernung zu. Der Auftritt endete mit Verhaftung und Hinwegführung des Spritzen¬ meisters, der nach langer Gefängnißstrafe schimpflich aus dem Dienst entlassen wurde. Von einiger Schuld der Fahrlässigkeit mag er, wie der Herzog von Rovigo behauptet, nicht freizusprechen gewesen sein, die Hülfe war nicht schlagfertig, nicht im ersten Augenblicke wirk¬ sam, allein es gab damals viele Stimmen, die ihn entschuldigten, und allgemein war die Ueberzeugung,
Gericht uͤber die Anſtalten und die dabei betheiligten Behoͤrden. Der Polizeipraͤfekt von Paris, Graf Dubois, hatte einen harten Stand, er ſollte Alles wiſſen, Allem vorgeſehen haben, von Allem Rechenſchaft geben; die rauhe Strenge Napoleons beeiferte den geſchmeidigen Diener nur zu erhoͤhter Thaͤtigkeit, er entſchuldigte ſich nur leiſe, wandte ſich nach allen Seiten, ordnend, bittend, fragend, jeden Augenblick zu dem Kaiſer zuruͤckeilend, und ihm die inzwiſchen angehaͤuften neuen Vorwuͤrfe und anfahrenden Worte demuͤthig abnehmend. Am ſchlimmſten erging es dem Anfuͤhrer der Spritzenleute. Der General, Graf Hulin, der ſeinen Eifer zeigen und auch wohl zu eignem Beſten den Zornausbruͤchen des Kaiſers einen Gegenſtand anweiſen wollte, ſtuͤrmte mit brutaler Gewalt auf den armen Mann los, ſtieß ihn mit der Fauſt mehrmals vor die Bruſt und trat mit dem Fuße nach dem Zuruͤcktaumelnden, unter heftigen Vorwuͤrfen und Schimpfreden; Napoleon ſah ſtreng und blitzend in einiger Entfernung zu. Der Auftritt endete mit Verhaftung und Hinwegfuͤhrung des Spritzen¬ meiſters, der nach langer Gefaͤngnißſtrafe ſchimpflich aus dem Dienſt entlaſſen wurde. Von einiger Schuld der Fahrlaͤſſigkeit mag er, wie der Herzog von Rovigo behauptet, nicht freizuſprechen geweſen ſein, die Huͤlfe war nicht ſchlagfertig, nicht im erſten Augenblicke wirk¬ ſam, allein es gab damals viele Stimmen, die ihn entſchuldigten, und allgemein war die Ueberzeugung,
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Gericht uͤber die Anſtalten und die dabei betheiligten
Behoͤrden. Der Polizeipraͤfekt von Paris, Graf Dubois,
hatte einen harten Stand, er ſollte Alles wiſſen, Allem
vorgeſehen haben, von Allem Rechenſchaft geben; die
rauhe Strenge Napoleons beeiferte den geſchmeidigen
Diener nur zu erhoͤhter Thaͤtigkeit, er entſchuldigte ſich
nur leiſe, wandte ſich nach allen Seiten, ordnend, bittend,
fragend, jeden Augenblick zu dem Kaiſer zuruͤckeilend,
und ihm die inzwiſchen angehaͤuften neuen Vorwuͤrfe
und anfahrenden Worte demuͤthig abnehmend. Am
ſchlimmſten erging es dem Anfuͤhrer der Spritzenleute.
Der General, Graf Hulin, der ſeinen Eifer zeigen und
auch wohl zu eignem Beſten den Zornausbruͤchen des
Kaiſers einen Gegenſtand anweiſen wollte, ſtuͤrmte mit
brutaler Gewalt auf den armen Mann los, ſtieß ihn
mit der Fauſt mehrmals vor die Bruſt und trat mit
dem Fuße nach dem Zuruͤcktaumelnden, unter heftigen
Vorwuͤrfen und Schimpfreden; Napoleon ſah ſtreng
und blitzend in einiger Entfernung zu. Der Auftritt
endete mit Verhaftung und Hinwegfuͤhrung des Spritzen¬
meiſters, der nach langer Gefaͤngnißſtrafe ſchimpflich aus
dem Dienſt entlaſſen wurde. Von einiger Schuld der
Fahrlaͤſſigkeit mag er, wie der Herzog von Rovigo
behauptet, nicht freizuſprechen geweſen ſein, die Huͤlfe
war nicht ſchlagfertig, nicht im erſten Augenblicke wirk¬
ſam, allein es gab damals viele Stimmen, die ihn
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/297>, abgerufen am 22.11.2024.
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