densten Erfolge abzugewinnen. Ihm als dem Gaste des französischen Kaisers war das Hotel des Marschalls Ney, welches die herrlichste Aussicht auf den Kai der Seine hatte, zur Wohnung angewiesen, und alle Pracht und Ueppigkeit kaiserlicher Bewirthung und Dienerschaft zu Gebote gestellt. Auch hier war jeder Oesterreicher täg¬ lich eingeladen und willkommen, sowie auch Fremde nicht fehlten; der Kreis aber, der sich hier besonders gern an den Vormittagen bildete, ging zuletzt doch wie¬ der in den Schwarzenbergischen über.
War auf diese Weise ein großer Lebensraum auf beiden Seiten der Seine für uns heimathlich bezeichnet und erfüllt, so erweiterte solcher sich doch noch ins unbestimmte durch den eigenthümlichen Umstand, daß in jener Zeit nicht bloß die Oesterreicher, sondern fast alle Deutschen in Paris, die Gesandten der Staaten des Rheinbundes, die Mitglieder der souverain gewordenen wie der mediatisirten deutschen Häuser, alle Vornehmen, welche in Paris Huldigung oder Reklamation anzubrin¬ gen hatten, und ebenso die deutschen Gelehrten und Künstler, sich eifrig und beharrlich zu der österreichischen Botschaft hielten, an deren Annehmlichkeiten und Vor¬ zügen Theil zu nehmen suchten, und persönliches wie geschäftliches Vertrauen ihr zuwandten, so daß vielleicht niemals vor- und nachher auf diesem Punkte die sämmt¬ lichen deutschen Interessen eine so wahrhaft vereinigende Mitte gehabt haben.
denſten Erfolge abzugewinnen. Ihm als dem Gaſte des franzoͤſiſchen Kaiſers war das Hotel des Marſchalls Ney, welches die herrlichſte Ausſicht auf den Kai der Seine hatte, zur Wohnung angewieſen, und alle Pracht und Ueppigkeit kaiſerlicher Bewirthung und Dienerſchaft zu Gebote geſtellt. Auch hier war jeder Oeſterreicher taͤg¬ lich eingeladen und willkommen, ſowie auch Fremde nicht fehlten; der Kreis aber, der ſich hier beſonders gern an den Vormittagen bildete, ging zuletzt doch wie¬ der in den Schwarzenbergiſchen uͤber.
War auf dieſe Weiſe ein großer Lebensraum auf beiden Seiten der Seine fuͤr uns heimathlich bezeichnet und erfuͤllt, ſo erweiterte ſolcher ſich doch noch ins unbeſtimmte durch den eigenthuͤmlichen Umſtand, daß in jener Zeit nicht bloß die Oeſterreicher, ſondern faſt alle Deutſchen in Paris, die Geſandten der Staaten des Rheinbundes, die Mitglieder der ſouverain gewordenen wie der mediatiſirten deutſchen Haͤuſer, alle Vornehmen, welche in Paris Huldigung oder Reklamation anzubrin¬ gen hatten, und ebenſo die deutſchen Gelehrten und Kuͤnſtler, ſich eifrig und beharrlich zu der oͤſterreichiſchen Botſchaft hielten, an deren Annehmlichkeiten und Vor¬ zuͤgen Theil zu nehmen ſuchten, und perſoͤnliches wie geſchaͤftliches Vertrauen ihr zuwandten, ſo daß vielleicht niemals vor- und nachher auf dieſem Punkte die ſaͤmmt¬ lichen deutſchen Intereſſen eine ſo wahrhaft vereinigende Mitte gehabt haben.
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[256/0270]
denſten Erfolge abzugewinnen. Ihm als dem Gaſte des
franzoͤſiſchen Kaiſers war das Hotel des Marſchalls Ney,
welches die herrlichſte Ausſicht auf den Kai der Seine
hatte, zur Wohnung angewieſen, und alle Pracht und
Ueppigkeit kaiſerlicher Bewirthung und Dienerſchaft zu
Gebote geſtellt. Auch hier war jeder Oeſterreicher taͤg¬
lich eingeladen und willkommen, ſowie auch Fremde
nicht fehlten; der Kreis aber, der ſich hier beſonders
gern an den Vormittagen bildete, ging zuletzt doch wie¬
der in den Schwarzenbergiſchen uͤber.
War auf dieſe Weiſe ein großer Lebensraum auf
beiden Seiten der Seine fuͤr uns heimathlich bezeichnet
und erfuͤllt, ſo erweiterte ſolcher ſich doch noch ins
unbeſtimmte durch den eigenthuͤmlichen Umſtand, daß in
jener Zeit nicht bloß die Oeſterreicher, ſondern faſt alle
Deutſchen in Paris, die Geſandten der Staaten des
Rheinbundes, die Mitglieder der ſouverain gewordenen
wie der mediatiſirten deutſchen Haͤuſer, alle Vornehmen,
welche in Paris Huldigung oder Reklamation anzubrin¬
gen hatten, und ebenſo die deutſchen Gelehrten und
Kuͤnſtler, ſich eifrig und beharrlich zu der oͤſterreichiſchen
Botſchaft hielten, an deren Annehmlichkeiten und Vor¬
zuͤgen Theil zu nehmen ſuchten, und perſoͤnliches wie
geſchaͤftliches Vertrauen ihr zuwandten, ſo daß vielleicht
niemals vor- und nachher auf dieſem Punkte die ſaͤmmt¬
lichen deutſchen Intereſſen eine ſo wahrhaft vereinigende
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/270>, abgerufen am 22.11.2024.
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