sich der Bildung, der Ablegung von Vorurtheilen, und die Nation hatte für ihren allgemeinen Aufschwung, für ihre Gesinnung, für ihre Gemüths- und Gedankenkraft, eben jetzt in Litteratur, Sprachausbildung und Kunst¬ bestreben so glückliche als harmlose Organe errungen. Indeß hielten die alten Einrichtungen noch vor, und das Leben wogte frisch und kräftig, aber zugleich be¬ scheiden und erfreulich, zwischen seinen oft seltsam ver¬ bauten oder ganz vernachlässigten Ufern hin.
Am Niederrhein schlugen die Wellen dieser deutschen Fluthen besonders lebhaft und vielartig. Dem Han¬ delsverkehr mit Holland und England offen, nach Frankreich in beständiger Theilnahme an dortiger Bil¬ dung und Mode hingewandt, von Oesterreich in Belgien, noch näher von preußischer Macht berührt, aus fürst¬ lichen Gebieten, freien Reichsstädten, erzbischöflich-kur¬ fürstlichen und andern geistlichen Herrschaften zusammen¬ gesetzt, ritterschaftliche, mönchische, bürgerfreie Elemente vereinend, boten diese Gegenden das wunderbarste Ge¬ misch von lebendiger Wechselwirkung.
Düsseldorf ragte in mancher Begünstigung hervor. Früher eine fürstliche Residenz, und noch stets, wiewohl die kurpfälzische Hofhaltung immer in Mannheim blieb, als solche angesehen und gehalten, als Hauptstadt der Herzogthümer Jülich und Berg der Sitz einer eigenen Landesregierung, nach bequemer Lage am Rheinhandel theilnehmend, heiter gebaut und fortwährend erweitert
ſich der Bildung, der Ablegung von Vorurtheilen, und die Nation hatte fuͤr ihren allgemeinen Aufſchwung, fuͤr ihre Geſinnung, fuͤr ihre Gemuͤths- und Gedankenkraft, eben jetzt in Litteratur, Sprachausbildung und Kunſt¬ beſtreben ſo gluͤckliche als harmloſe Organe errungen. Indeß hielten die alten Einrichtungen noch vor, und das Leben wogte friſch und kraͤftig, aber zugleich be¬ ſcheiden und erfreulich, zwiſchen ſeinen oft ſeltſam ver¬ bauten oder ganz vernachlaͤſſigten Ufern hin.
Am Niederrhein ſchlugen die Wellen dieſer deutſchen Fluthen beſonders lebhaft und vielartig. Dem Han¬ delsverkehr mit Holland und England offen, nach Frankreich in beſtaͤndiger Theilnahme an dortiger Bil¬ dung und Mode hingewandt, von Oeſterreich in Belgien, noch naͤher von preußiſcher Macht beruͤhrt, aus fuͤrſt¬ lichen Gebieten, freien Reichsſtaͤdten, erzbiſchoͤflich-kur¬ fuͤrſtlichen und andern geiſtlichen Herrſchaften zuſammen¬ geſetzt, ritterſchaftliche, moͤnchiſche, buͤrgerfreie Elemente vereinend, boten dieſe Gegenden das wunderbarſte Ge¬ miſch von lebendiger Wechſelwirkung.
Duͤſſeldorf ragte in mancher Beguͤnſtigung hervor. Fruͤher eine fuͤrſtliche Reſidenz, und noch ſtets, wiewohl die kurpfaͤlziſche Hofhaltung immer in Mannheim blieb, als ſolche angeſehen und gehalten, als Hauptſtadt der Herzogthuͤmer Juͤlich und Berg der Sitz einer eigenen Landesregierung, nach bequemer Lage am Rheinhandel theilnehmend, heiter gebaut und fortwaͤhrend erweitert
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ſich der Bildung, der Ablegung von Vorurtheilen, und
die Nation hatte fuͤr ihren allgemeinen Aufſchwung, fuͤr
ihre Geſinnung, fuͤr ihre Gemuͤths- und Gedankenkraft,
eben jetzt in Litteratur, Sprachausbildung und Kunſt¬
beſtreben ſo gluͤckliche als harmloſe Organe errungen.
Indeß hielten die alten Einrichtungen noch vor, und
das Leben wogte friſch und kraͤftig, aber zugleich be¬
ſcheiden und erfreulich, zwiſchen ſeinen oft ſeltſam ver¬
bauten oder ganz vernachlaͤſſigten Ufern hin.
Am Niederrhein ſchlugen die Wellen dieſer deutſchen
Fluthen beſonders lebhaft und vielartig. Dem Han¬
delsverkehr mit Holland und England offen, nach
Frankreich in beſtaͤndiger Theilnahme an dortiger Bil¬
dung und Mode hingewandt, von Oeſterreich in Belgien,
noch naͤher von preußiſcher Macht beruͤhrt, aus fuͤrſt¬
lichen Gebieten, freien Reichsſtaͤdten, erzbiſchoͤflich-kur¬
fuͤrſtlichen und andern geiſtlichen Herrſchaften zuſammen¬
geſetzt, ritterſchaftliche, moͤnchiſche, buͤrgerfreie Elemente
vereinend, boten dieſe Gegenden das wunderbarſte Ge¬
miſch von lebendiger Wechſelwirkung.
Duͤſſeldorf ragte in mancher Beguͤnſtigung hervor.
Fruͤher eine fuͤrſtliche Reſidenz, und noch ſtets, wiewohl
die kurpfaͤlziſche Hofhaltung immer in Mannheim blieb,
als ſolche angeſehen und gehalten, als Hauptſtadt der
Herzogthuͤmer Juͤlich und Berg der Sitz einer eigenen
Landesregierung, nach bequemer Lage am Rheinhandel
theilnehmend, heiter gebaut und fortwaͤhrend erweitert
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/26>, abgerufen am 23.11.2024.
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