Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.ein paar Verse eines alten Sittenlehrers am rechten Laß dich nicht schadfrohes Gered' ablocken von Arbeit! Halle, den 15. Februar 1807. F. A. Wolf." DerWenige Zeit hat übrig für Zank und Getümmel des Marktes, Wer nicht Habe daheim auf ein völliges Jahr sich gesammelt. Schluß fand insonderheit allgemeinen Beifall, wegen der anmuthigen Nutzanwendung, die auf manche der Schächer, die man so ziemlich alle namentlich herzählen konnte, nur allzu gut paßte. Schleiermacher hatte seine herzliche Freude über Wolfs Erklärung, und zweifelte nicht an dessen gutem Rechte dazu, wir Jüngern stimm¬ ten ganz überzeugt und mit Leidenschaft für ihn. Allein, grade weil man die Namen so bestimmt wußte und nannte, konnten die scharf Getroffenen doch nicht sogleich schweigen, sondern mußten wenigstens versuchen, sich solchem Unglimpf leidlich zu entwinden. Die Sache wurde vielfach verhandelt, auch vor Gericht in aller Ausführlichkeit, und nach mancher Verwicklung und Weiterung durch Zeugen und Eide, kam es zu dem Beschlusse, daß der Bibliothekdiener, auf dessen verworr¬ ner Aussage zuletzt alles beruhte, und dem jene Leute in unschicklicher Vertraulichkeit die für ihren Appetit mundrechten Geträtsche gleichsam aufnöthigend abgefragt hatten, wegen seiner verläumderischen Angaben, die er nicht erweisen konnte, mit verdienter Gefängnißstrafe ein paar Verſe eines alten Sittenlehrers am rechten Laß dich nicht ſchadfrohes Gered' ablocken von Arbeit! Halle, den 15. Februar 1807. F. A. Wolf.“ DerWenige Zeit hat uͤbrig fuͤr Zank und Getuͤmmel des Marktes, Wer nicht Habe daheim auf ein voͤlliges Jahr ſich geſammelt. Schluß fand inſonderheit allgemeinen Beifall, wegen der anmuthigen Nutzanwendung, die auf manche der Schaͤcher, die man ſo ziemlich alle namentlich herzaͤhlen konnte, nur allzu gut paßte. Schleiermacher hatte ſeine herzliche Freude uͤber Wolfs Erklaͤrung, und zweifelte nicht an deſſen gutem Rechte dazu, wir Juͤngern ſtimm¬ ten ganz uͤberzeugt und mit Leidenſchaft fuͤr ihn. Allein, grade weil man die Namen ſo beſtimmt wußte und nannte, konnten die ſcharf Getroffenen doch nicht ſogleich ſchweigen, ſondern mußten wenigſtens verſuchen, ſich ſolchem Unglimpf leidlich zu entwinden. Die Sache wurde vielfach verhandelt, auch vor Gericht in aller Ausfuͤhrlichkeit, und nach mancher Verwicklung und Weiterung durch Zeugen und Eide, kam es zu dem Beſchluſſe, daß der Bibliothekdiener, auf deſſen verworr¬ ner Ausſage zuletzt alles beruhte, und dem jene Leute in unſchicklicher Vertraulichkeit die fuͤr ihren Appetit mundrechten Getraͤtſche gleichſam aufnoͤthigend abgefragt hatten, wegen ſeiner verlaͤumderiſchen Angaben, die er nicht erweiſen konnte, mit verdienter Gefaͤngnißſtrafe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0156" n="142"/> ein paar Verſe eines alten Sittenlehrers am rechten<lb/> Orte ſtehen:<lb/><lg type="poem"><l>Laß dich nicht ſchadfrohes Gered' ablocken von Arbeit!</l><lb/><l>Wenige Zeit hat uͤbrig fuͤr Zank und Getuͤmmel des Marktes,</l><lb/><l>Wer nicht Habe daheim auf ein voͤlliges Jahr ſich geſammelt.</l><lb/></lg> Halle, den <hi rendition="#b">15.</hi> Februar <hi rendition="#b">1807.</hi> F. A. Wolf.“ Der<lb/> Schluß fand inſonderheit allgemeinen Beifall, wegen<lb/> der anmuthigen Nutzanwendung, die auf manche der<lb/> Schaͤcher, die man ſo ziemlich alle namentlich herzaͤhlen<lb/> konnte, nur allzu gut paßte. Schleiermacher hatte ſeine<lb/> herzliche Freude uͤber Wolfs Erklaͤrung, und zweifelte<lb/> nicht an deſſen gutem Rechte dazu, wir Juͤngern ſtimm¬<lb/> ten ganz uͤberzeugt und mit Leidenſchaft fuͤr ihn.<lb/> Allein, grade weil man die Namen ſo beſtimmt wußte<lb/> und nannte, konnten die ſcharf Getroffenen doch nicht<lb/> ſogleich ſchweigen, ſondern mußten wenigſtens verſuchen,<lb/> ſich ſolchem Unglimpf leidlich zu entwinden. Die Sache<lb/> wurde vielfach verhandelt, auch vor Gericht in aller<lb/> Ausfuͤhrlichkeit, und nach mancher Verwicklung und<lb/> Weiterung durch Zeugen und Eide, kam es zu dem<lb/> Beſchluſſe, daß der Bibliothekdiener, auf deſſen verworr¬<lb/> ner Ausſage zuletzt alles beruhte, und dem jene Leute<lb/> in unſchicklicher Vertraulichkeit die fuͤr ihren Appetit<lb/> mundrechten Getraͤtſche gleichſam aufnoͤthigend abgefragt<lb/> hatten, wegen ſeiner verlaͤumderiſchen Angaben, die er<lb/> nicht erweiſen konnte, mit verdienter Gefaͤngnißſtrafe<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0156]
ein paar Verſe eines alten Sittenlehrers am rechten
Orte ſtehen:
Laß dich nicht ſchadfrohes Gered' ablocken von Arbeit!
Wenige Zeit hat uͤbrig fuͤr Zank und Getuͤmmel des Marktes,
Wer nicht Habe daheim auf ein voͤlliges Jahr ſich geſammelt.
Halle, den 15. Februar 1807. F. A. Wolf.“ Der
Schluß fand inſonderheit allgemeinen Beifall, wegen
der anmuthigen Nutzanwendung, die auf manche der
Schaͤcher, die man ſo ziemlich alle namentlich herzaͤhlen
konnte, nur allzu gut paßte. Schleiermacher hatte ſeine
herzliche Freude uͤber Wolfs Erklaͤrung, und zweifelte
nicht an deſſen gutem Rechte dazu, wir Juͤngern ſtimm¬
ten ganz uͤberzeugt und mit Leidenſchaft fuͤr ihn.
Allein, grade weil man die Namen ſo beſtimmt wußte
und nannte, konnten die ſcharf Getroffenen doch nicht
ſogleich ſchweigen, ſondern mußten wenigſtens verſuchen,
ſich ſolchem Unglimpf leidlich zu entwinden. Die Sache
wurde vielfach verhandelt, auch vor Gericht in aller
Ausfuͤhrlichkeit, und nach mancher Verwicklung und
Weiterung durch Zeugen und Eide, kam es zu dem
Beſchluſſe, daß der Bibliothekdiener, auf deſſen verworr¬
ner Ausſage zuletzt alles beruhte, und dem jene Leute
in unſchicklicher Vertraulichkeit die fuͤr ihren Appetit
mundrechten Getraͤtſche gleichſam aufnoͤthigend abgefragt
hatten, wegen ſeiner verlaͤumderiſchen Angaben, die er
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