sich aber nutzlos Blößen, und schadete sogar; das Stück mißfiel auch dem natürlichen Sinne der meisten Stu¬ denten, wir Freunde ließen uns hart darüber aus, und hatten die Befriedigung, unsre Urtheile durch höhere Autoritäten sofort bestätigt zu finden. Reichardt, nach¬ dem er inne geworden, woher und wie stark der Wind wehte, zog die Segel wieder ein, und that dies, wie er pflegte, mit guter Art, indem doch immer einige Punkte übrig blieben, an welchen ein Lob des drama¬ tischen Talents, der guten Verse, und anderes der Art haften konnte, die Meisterschaft Ifflands aber ohnehin kaum bestritten wurde. Werner hatte schon vor län¬ gerer Zeit durch einen Brief an Chamisso voll der albernsten und frechsten Fratzen uns widrig abgestoßen, indem er uns heftig anzuziehen wünschte. Die Zeichen unsers Polarsternbundes waren ihm aufgefallen, er hatte sich darnach erkundigt, hielt uns für eine gute Beute, und glaubte ein solches noch ziemlich loses Bündel jun¬ ger Leute für seine Zwecke besser zusammenschnüren zu können. Dieses Gelüst, unsre Leitung zu übernehmen, zog ihm nur zu, daß ich durch scheinbare Hingebung ihn zu mystifiziren beschloß, und in diesem Sinne auch an ihn schrieb. Was weiter hierin zu verschiedenen Zeiten erfolgte, ist bereits im Zusammenhang auf einem besondern Blatte aufgezeichnet, das künftig irgend ein¬ zuschalten sein wird.
ſich aber nutzlos Bloͤßen, und ſchadete ſogar; das Stuͤck mißfiel auch dem natuͤrlichen Sinne der meiſten Stu¬ denten, wir Freunde ließen uns hart daruͤber aus, und hatten die Befriedigung, unſre Urtheile durch hoͤhere Autoritaͤten ſofort beſtaͤtigt zu finden. Reichardt, nach¬ dem er inne geworden, woher und wie ſtark der Wind wehte, zog die Segel wieder ein, und that dies, wie er pflegte, mit guter Art, indem doch immer einige Punkte uͤbrig blieben, an welchen ein Lob des drama¬ tiſchen Talents, der guten Verſe, und anderes der Art haften konnte, die Meiſterſchaft Ifflands aber ohnehin kaum beſtritten wurde. Werner hatte ſchon vor laͤn¬ gerer Zeit durch einen Brief an Chamiſſo voll der albernſten und frechſten Fratzen uns widrig abgeſtoßen, indem er uns heftig anzuziehen wuͤnſchte. Die Zeichen unſers Polarſternbundes waren ihm aufgefallen, er hatte ſich darnach erkundigt, hielt uns fuͤr eine gute Beute, und glaubte ein ſolches noch ziemlich loſes Buͤndel jun¬ ger Leute fuͤr ſeine Zwecke beſſer zuſammenſchnuͤren zu koͤnnen. Dieſes Geluͤſt, unſre Leitung zu uͤbernehmen, zog ihm nur zu, daß ich durch ſcheinbare Hingebung ihn zu myſtifiziren beſchloß, und in dieſem Sinne auch an ihn ſchrieb. Was weiter hierin zu verſchiedenen Zeiten erfolgte, iſt bereits im Zuſammenhang auf einem beſondern Blatte aufgezeichnet, das kuͤnftig irgend ein¬ zuſchalten ſein wird.
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ſich aber nutzlos Bloͤßen, und ſchadete ſogar; das Stuͤck
mißfiel auch dem natuͤrlichen Sinne der meiſten Stu¬
denten, wir Freunde ließen uns hart daruͤber aus,
und hatten die Befriedigung, unſre Urtheile durch hoͤhere
Autoritaͤten ſofort beſtaͤtigt zu finden. Reichardt, nach¬
dem er inne geworden, woher und wie ſtark der Wind
wehte, zog die Segel wieder ein, und that dies, wie
er pflegte, mit guter Art, indem doch immer einige
Punkte uͤbrig blieben, an welchen ein Lob des drama¬
tiſchen Talents, der guten Verſe, und anderes der Art
haften konnte, die Meiſterſchaft Ifflands aber ohnehin
kaum beſtritten wurde. Werner hatte ſchon vor laͤn¬
gerer Zeit durch einen Brief an Chamiſſo voll der
albernſten und frechſten Fratzen uns widrig abgeſtoßen,
indem er uns heftig anzuziehen wuͤnſchte. Die Zeichen
unſers Polarſternbundes waren ihm aufgefallen, er hatte
ſich darnach erkundigt, hielt uns fuͤr eine gute Beute,
und glaubte ein ſolches noch ziemlich loſes Buͤndel jun¬
ger Leute fuͤr ſeine Zwecke beſſer zuſammenſchnuͤren zu
koͤnnen. Dieſes Geluͤſt, unſre Leitung zu uͤbernehmen,
zog ihm nur zu, daß ich durch ſcheinbare Hingebung
ihn zu myſtifiziren beſchloß, und in dieſem Sinne auch
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Zeiten erfolgte, iſt bereits im Zuſammenhang auf einem
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/134>, abgerufen am 24.11.2024.
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