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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

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durch wissenschaftliche Anregungen sogleich in lebhafte
und bald auch trauliche Verbindung gerieth. Nach eini¬
gen Tagen, da von psychologischen Erscheinungen die
Rede war, bemerkte Bollmann, als käme dieser Einfall
ihm nur eben jetzt, hier müsse ja der berühmte Lafayette
gefangen sitzen. Man wisse den Namen nicht, wurde
erwiedert, aber einige Franzosen seien unter den Staats¬
gefangenen, die in dem ehemaligen Jesuitercollegium
streng bewacht würden, und die Vermuthung, daß La¬
fayette unter ihnen sei, habe viel für sich; soviel sei
gewiß, daß einer derselben sehr niedergeschlagen und in
tiefe Traurigkeit versunken sei. Bollmann meinte, da
dürfte der Versuch, dem Gefangenen einige Schriftzüge
in englischer Sprache vorzulegen, leicht Aufklärung ver¬
schaffen; sei es Lafayette, so würde der bloße Anblick
von Worten in der ihm von Amerika her wohlbekann¬
ten Sprache ihn plötzlich erheitern, und es müßte
interessant sein, die Wirkung eines solchen Eindrucks zu
beobachten, wie stark dieselbe sei, welchen Vortheil sie
bringe, wie lange sie daure. Nach einigen Bedenklich¬
keiten schien die Sache thunlich, es fand sich eine Ver¬
mittelung, dem Gefangenen, der nur durch seine Num¬
mer bezeichnet und Niemand namentlich bekannt war,
ein beschriebenes Blatt zuzustellen. Bollmann schrieb
auf der Stelle einige Worte nieder, und der Arzt,
nachdem er sie mit prüfendem Bedacht gelesen und
ganz unverfänglich befunden, versprach ihre Besorgung.

durch wiſſenſchaftliche Anregungen ſogleich in lebhafte
und bald auch trauliche Verbindung gerieth. Nach eini¬
gen Tagen, da von pſychologiſchen Erſcheinungen die
Rede war, bemerkte Bollmann, als kaͤme dieſer Einfall
ihm nur eben jetzt, hier muͤſſe ja der beruͤhmte Lafayette
gefangen ſitzen. Man wiſſe den Namen nicht, wurde
erwiedert, aber einige Franzoſen ſeien unter den Staats¬
gefangenen, die in dem ehemaligen Jeſuitercollegium
ſtreng bewacht wuͤrden, und die Vermuthung, daß La¬
fayette unter ihnen ſei, habe viel fuͤr ſich; ſoviel ſei
gewiß, daß einer derſelben ſehr niedergeſchlagen und in
tiefe Traurigkeit verſunken ſei. Bollmann meinte, da
duͤrfte der Verſuch, dem Gefangenen einige Schriftzuͤge
in engliſcher Sprache vorzulegen, leicht Aufklaͤrung ver¬
ſchaffen; ſei es Lafayette, ſo wuͤrde der bloße Anblick
von Worten in der ihm von Amerika her wohlbekann¬
ten Sprache ihn ploͤtzlich erheitern, und es muͤßte
intereſſant ſein, die Wirkung eines ſolchen Eindrucks zu
beobachten, wie ſtark dieſelbe ſei, welchen Vortheil ſie
bringe, wie lange ſie daure. Nach einigen Bedenklich¬
keiten ſchien die Sache thunlich, es fand ſich eine Ver¬
mittelung, dem Gefangenen, der nur durch ſeine Num¬
mer bezeichnet und Niemand namentlich bekannt war,
ein beſchriebenes Blatt zuzuſtellen. Bollmann ſchrieb
auf der Stelle einige Worte nieder, und der Arzt,
nachdem er ſie mit pruͤfendem Bedacht geleſen und
ganz unverfaͤnglich befunden, verſprach ihre Beſorgung.

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[79/0093] durch wiſſenſchaftliche Anregungen ſogleich in lebhafte und bald auch trauliche Verbindung gerieth. Nach eini¬ gen Tagen, da von pſychologiſchen Erſcheinungen die Rede war, bemerkte Bollmann, als kaͤme dieſer Einfall ihm nur eben jetzt, hier muͤſſe ja der beruͤhmte Lafayette gefangen ſitzen. Man wiſſe den Namen nicht, wurde erwiedert, aber einige Franzoſen ſeien unter den Staats¬ gefangenen, die in dem ehemaligen Jeſuitercollegium ſtreng bewacht wuͤrden, und die Vermuthung, daß La¬ fayette unter ihnen ſei, habe viel fuͤr ſich; ſoviel ſei gewiß, daß einer derſelben ſehr niedergeſchlagen und in tiefe Traurigkeit verſunken ſei. Bollmann meinte, da duͤrfte der Verſuch, dem Gefangenen einige Schriftzuͤge in engliſcher Sprache vorzulegen, leicht Aufklaͤrung ver¬ ſchaffen; ſei es Lafayette, ſo wuͤrde der bloße Anblick von Worten in der ihm von Amerika her wohlbekann¬ ten Sprache ihn ploͤtzlich erheitern, und es muͤßte intereſſant ſein, die Wirkung eines ſolchen Eindrucks zu beobachten, wie ſtark dieſelbe ſei, welchen Vortheil ſie bringe, wie lange ſie daure. Nach einigen Bedenklich¬ keiten ſchien die Sache thunlich, es fand ſich eine Ver¬ mittelung, dem Gefangenen, der nur durch ſeine Num¬ mer bezeichnet und Niemand namentlich bekannt war, ein beſchriebenes Blatt zuzuſtellen. Bollmann ſchrieb auf der Stelle einige Worte nieder, und der Arzt, nachdem er ſie mit pruͤfendem Bedacht geleſen und ganz unverfaͤnglich befunden, verſprach ihre Beſorgung.

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/93>, abgerufen am 22.11.2024.