ich war keinen Augenblick bei ihm, ohne etwas Nützliches zu er¬ beuten! -- Von den Kosten unsrer Zerstreuungen bezahlt' ich kaum nur den fünften Theil, er wollte durchaus nicht, daß ich alles zur Hälfte bezahlte, auch hätt' ich's nicht können! Er sagt', ihm mache das alles nichts aus, sein Glück sei gemacht, er wünsche mich zur Gesellschaft zu haben, und so weiter, und er that alles mit einer so guten Art, daß mir darum, weil ich ihm Verbindlichkeiten schuldig ward, auch nicht ein bischen in seinem Umgange weniger leicht, weniger behaglich war! --
Heisch hatt' unterdeß Gebrauch von seinen Empfehlungs¬ briefen gemacht und wieder einen sehr guten Platz bekommen. Narbonne ließ durchaus nichts von sich hören, und das verdroß mich um so mehr, weil dadurch seine Obligation das Ansehn einer Bezahlung erhielt. Ich wollte sie zu wiederholtenmalen zurücksenden, aber Erichsen hielt mich immer davon zurück. Er sagte: "Die Großen taugen nichts; ihr Geld ist besser wie sie selbst; Narbonne würde sich freuen, sein Papier wieder zu haben, und Sie noch obendrein auslachen; behalten Sie, was Sie haben, und begehn Sie keine Thorheit aus falscher Delikatesse." -- Diese Gründe verzögerten wohl die Ausführung meines Vor¬ habens, aber sie befriedigten mich nicht, -- die Obligation war mir drückend. --
Erichsen faßte den Entschluß, nach Paris zu gehn, um eine Unternehmung in Getraide zu machen. Er hatt' einen eignen Reisewagen und folglich einen leeren Platz. Er dacht' in drei Wochen wieder nach London zurückzukommen, und drang heftig in mich, ihn zu begleiten. -- Es ging mir mit Paris, wie's oft geht; wenn man aus einem Orte weg ist, fällt' einem erst bei, was man noch hätte erforschen, wornach man hätte sehn, wovon sich unterrichten können; drum war mir ein neuer kurzer Auf¬ enthalt in Paris so unrecht eben nicht. Die Gefahr war über¬
ich war keinen Augenblick bei ihm, ohne etwas Nuͤtzliches zu er¬ beuten! — Von den Koſten unſrer Zerſtreuungen bezahlt' ich kaum nur den fuͤnften Theil, er wollte durchaus nicht, daß ich alles zur Haͤlfte bezahlte, auch haͤtt' ich's nicht koͤnnen! Er ſagt', ihm mache das alles nichts aus, ſein Gluͤck ſei gemacht, er wuͤnſche mich zur Geſellſchaft zu haben, und ſo weiter, und er that alles mit einer ſo guten Art, daß mir darum, weil ich ihm Verbindlichkeiten ſchuldig ward, auch nicht ein bischen in ſeinem Umgange weniger leicht, weniger behaglich war! —
Heiſch hatt' unterdeß Gebrauch von ſeinen Empfehlungs¬ briefen gemacht und wieder einen ſehr guten Platz bekommen. Narbonne ließ durchaus nichts von ſich hoͤren, und das verdroß mich um ſo mehr, weil dadurch ſeine Obligation das Anſehn einer Bezahlung erhielt. Ich wollte ſie zu wiederholtenmalen zuruͤckſenden, aber Erichſen hielt mich immer davon zuruͤck. Er ſagte: „Die Großen taugen nichts; ihr Geld iſt beſſer wie ſie ſelbſt; Narbonne wuͤrde ſich freuen, ſein Papier wieder zu haben, und Sie noch obendrein auslachen; behalten Sie, was Sie haben, und begehn Sie keine Thorheit aus falſcher Delikateſſe.“ — Dieſe Gruͤnde verzoͤgerten wohl die Ausfuͤhrung meines Vor¬ habens, aber ſie befriedigten mich nicht, — die Obligation war mir druͤckend. —
Erichſen faßte den Entſchluß, nach Paris zu gehn, um eine Unternehmung in Getraide zu machen. Er hatt' einen eignen Reiſewagen und folglich einen leeren Platz. Er dacht' in drei Wochen wieder nach London zuruͤckzukommen, und drang heftig in mich, ihn zu begleiten. — Es ging mir mit Paris, wie's oft geht; wenn man aus einem Orte weg iſt, faͤllt' einem erſt bei, was man noch haͤtte erforſchen, wornach man haͤtte ſehn, wovon ſich unterrichten koͤnnen; drum war mir ein neuer kurzer Auf¬ enthalt in Paris ſo unrecht eben nicht. Die Gefahr war uͤber¬
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ich war keinen Augenblick bei ihm, ohne etwas Nuͤtzliches zu er¬
beuten! — Von den Koſten unſrer Zerſtreuungen bezahlt' ich
kaum nur den fuͤnften Theil, er wollte durchaus nicht, daß ich
alles zur Haͤlfte bezahlte, auch haͤtt' ich's nicht koͤnnen! Er
ſagt', ihm mache das alles nichts aus, ſein Gluͤck ſei gemacht,
er wuͤnſche mich zur Geſellſchaft zu haben, und ſo weiter, und
er that alles mit einer ſo guten Art, daß mir darum, weil ich
ihm Verbindlichkeiten ſchuldig ward, auch nicht ein bischen in
ſeinem Umgange weniger leicht, weniger behaglich war! —
Heiſch hatt' unterdeß Gebrauch von ſeinen Empfehlungs¬
briefen gemacht und wieder einen ſehr guten Platz bekommen.
Narbonne ließ durchaus nichts von ſich hoͤren, und das verdroß
mich um ſo mehr, weil dadurch ſeine Obligation das Anſehn
einer Bezahlung erhielt. Ich wollte ſie zu wiederholtenmalen
zuruͤckſenden, aber Erichſen hielt mich immer davon zuruͤck. Er
ſagte: „Die Großen taugen nichts; ihr Geld iſt beſſer wie ſie
ſelbſt; Narbonne wuͤrde ſich freuen, ſein Papier wieder zu haben,
und Sie noch obendrein auslachen; behalten Sie, was Sie haben,
und begehn Sie keine Thorheit aus falſcher Delikateſſe.“ —
Dieſe Gruͤnde verzoͤgerten wohl die Ausfuͤhrung meines Vor¬
habens, aber ſie befriedigten mich nicht, — die Obligation war
mir druͤckend. —
Erichſen faßte den Entſchluß, nach Paris zu gehn, um eine
Unternehmung in Getraide zu machen. Er hatt' einen eignen
Reiſewagen und folglich einen leeren Platz. Er dacht' in drei
Wochen wieder nach London zuruͤckzukommen, und drang heftig
in mich, ihn zu begleiten. — Es ging mir mit Paris, wie's oft
geht; wenn man aus einem Orte weg iſt, faͤllt' einem erſt bei,
was man noch haͤtte erforſchen, wornach man haͤtte ſehn, wovon
ſich unterrichten koͤnnen; drum war mir ein neuer kurzer Auf¬
enthalt in Paris ſo unrecht eben nicht. Die Gefahr war uͤber¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/62>, abgerufen am 22.11.2024.
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