wickelt zu werden braucht. Man sieht dies am voll¬ ständigsten, wenn man z. B. vergleicht, wie Goethe seine Bekanntschaft in Straßburg mit Jung-Stilling erzählt, und welche Schilderung dieser selbst von jenen Vorgängen gibt. Nicht selten erscheint dies Geheimni߬ volle oder Unerklärte auch blos im Aeußerlichen und Oberflächlichen, ohne Bezug auf die innere Bedeutung. Aber dem Behagen, sich hinter eine Maske zu ver¬ stecken, oder im Halbdunkel zu wandeln, geht das andere zur Seite, das Verhüllte zu erkennen, das Zwei¬ felhafte hell zu beleuchten. Wie hat man sich gequält, wie verschieden und immer unrichtig gerathen, um her¬ auszubringen, warum die beiden ihrem Inhalte nach ganz verständlichen Lieder "kophtische" überschrieben sind! bis sich endlich aus Goethe's eigener Mittheilung ganz gelegentlich ergab, er habe ihnen diesen Namen gegeben, weil sie anfangs zu einer Oper: "Der Groß- Kophta" bestimmt gewesen! Diesen Reiz hat auch der obige Spruch erweckt, und in einer Gesellschaft wurde viel darüber hin und her gestritten, welchem Autor er wohl angehören könne? Scharfsinn, Belesenheit, Witz und Scherz aller Art kamen an den Tag, man genoß der geistreichsten Unterhaltung, die Sache selbst aber blieb im Dunkel. Man glaubte, jene Worte in jedem Falle bei einem neuern Autor suchen zu müssen, viel¬ leicht bei einem der tiefern, weniger gelesenen, bei Saint-Martin, Maistre, Ballanche, aber sie aufzu¬
wickelt zu werden braucht. Man ſieht dies am voll¬ ſtaͤndigſten, wenn man z. B. vergleicht, wie Goethe ſeine Bekanntſchaft in Straßburg mit Jung-Stilling erzaͤhlt, und welche Schilderung dieſer ſelbſt von jenen Vorgaͤngen gibt. Nicht ſelten erſcheint dies Geheimni߬ volle oder Unerklaͤrte auch blos im Aeußerlichen und Oberflaͤchlichen, ohne Bezug auf die innere Bedeutung. Aber dem Behagen, ſich hinter eine Maske zu ver¬ ſtecken, oder im Halbdunkel zu wandeln, geht das andere zur Seite, das Verhuͤllte zu erkennen, das Zwei¬ felhafte hell zu beleuchten. Wie hat man ſich gequaͤlt, wie verſchieden und immer unrichtig gerathen, um her¬ auszubringen, warum die beiden ihrem Inhalte nach ganz verſtaͤndlichen Lieder „kophtiſche” uͤberſchrieben ſind! bis ſich endlich aus Goethe’s eigener Mittheilung ganz gelegentlich ergab, er habe ihnen dieſen Namen gegeben, weil ſie anfangs zu einer Oper: „Der Groß- Kophta” beſtimmt geweſen! Dieſen Reiz hat auch der obige Spruch erweckt, und in einer Geſellſchaft wurde viel daruͤber hin und her geſtritten, welchem Autor er wohl angehoͤren koͤnne? Scharfſinn, Beleſenheit, Witz und Scherz aller Art kamen an den Tag, man genoß der geiſtreichſten Unterhaltung, die Sache ſelbſt aber blieb im Dunkel. Man glaubte, jene Worte in jedem Falle bei einem neuern Autor ſuchen zu muͤſſen, viel¬ leicht bei einem der tiefern, weniger geleſenen, bei Saint-Martin, Maiſtre, Ballanche, aber ſie aufzu¬
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wickelt zu werden braucht. Man ſieht dies am voll¬
ſtaͤndigſten, wenn man z. B. vergleicht, wie Goethe
ſeine Bekanntſchaft in Straßburg mit Jung-Stilling
erzaͤhlt, und welche Schilderung dieſer ſelbſt von jenen
Vorgaͤngen gibt. Nicht ſelten erſcheint dies Geheimni߬
volle oder Unerklaͤrte auch blos im Aeußerlichen und
Oberflaͤchlichen, ohne Bezug auf die innere Bedeutung.
Aber dem Behagen, ſich hinter eine Maske zu ver¬
ſtecken, oder im Halbdunkel zu wandeln, geht das
andere zur Seite, das Verhuͤllte zu erkennen, das Zwei¬
felhafte hell zu beleuchten. Wie hat man ſich gequaͤlt,
wie verſchieden und immer unrichtig gerathen, um her¬
auszubringen, warum die beiden ihrem Inhalte nach
ganz verſtaͤndlichen Lieder „kophtiſche” uͤberſchrieben
ſind! bis ſich endlich aus Goethe’s eigener Mittheilung
ganz gelegentlich ergab, er habe ihnen dieſen Namen
gegeben, weil ſie anfangs zu einer Oper: „Der Groß-
Kophta” beſtimmt geweſen! Dieſen Reiz hat auch der
obige Spruch erweckt, und in einer Geſellſchaft wurde
viel daruͤber hin und her geſtritten, welchem Autor er
wohl angehoͤren koͤnne? Scharfſinn, Beleſenheit, Witz
und Scherz aller Art kamen an den Tag, man genoß
der geiſtreichſten Unterhaltung, die Sache ſelbſt aber
blieb im Dunkel. Man glaubte, jene Worte in jedem
Falle bei einem neuern Autor ſuchen zu muͤſſen, viel¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/514>, abgerufen am 24.11.2024.
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