In Paris wissen Sie wie's ging. -- Sie glauben aber, Ihrem Briefe nach, ich habe meinen Onkel falsch beurtheilt. Ich versichre Sie, liebe Frau Base, auch jetzt, da alle Verbindungen zwischen uns schon längst aufgehört haben, denk' ich noch von ihm wie damals. Er hat alle die Anmaßung eines kleinseeligen Emporgekommenen, und die schreckliche Indifferenz der Leute, deren Kopf und Herz leer sind. Er macht beständig sein Glück und seine Arbeitsamkeit geltend; seine Wohlthaten sind drückend, das Betragen desselben gegen meinen jüngern Bruder, der bei ihm ist, der beste Junge von der Welt, und neuere Vorfälle zwischen mir und ihm haben dies nur zu sehr bestätigt! Sein Wille mag nicht böse sein, aber seine Handlungs- und Denkungs¬ art ist roh, und die vernünftigste Maßregel mit ihm die: alle Verbindungen und Verhältnisse möglichst sorgfältig zu vermeiden! -- Er hatt' etwas angefangen, was er nicht konnt' oder wollte. Ich bat ihn also, mir nur noch wenigstens etwas zu geben. Er gab mir sechshundert Livres in Assignaten, und überließ mich Gott und meinem Schicksal in einer ungeheuren Stadt, deren Sprach' ich erst lernen mußte, um mir selbst etwas verdienen zu können. In dieser Zeit schrieb ich Ihnen meinen zweiten Brief; ein Hausknecht, der ihn auf die Post trug, hatte das Porto mir angerechnet, aber nicht bezahlt. Daher der Zufall, daß er Ihnen so spät erst zu Handen kam, und darum hab' ich auch Ihre Antwort nicht empfangen, deren Verlust ich recht schmerzlich bedaure.
Ich hatt' in Straßburg einen gewissen Philipp Heisch kennen gelernt, der in dem Türkheim'schen Hause freundschaftlich um¬ ging. In Paris trafen wir uns wieder. Er begleitete dorthin seinen Bruder Friedrich Heisch, einen jungen Kaufmann, welcher bei einem der ersten Banquiers einen sehr guten Platz bekommen hatte. Er blieb ungefähr drei Wochen bei seinem Bruder und
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In Paris wiſſen Sie wie’s ging. — Sie glauben aber, Ihrem Briefe nach, ich habe meinen Onkel falſch beurtheilt. Ich verſichre Sie, liebe Frau Baſe, auch jetzt, da alle Verbindungen zwiſchen uns ſchon laͤngſt aufgehoͤrt haben, denk’ ich noch von ihm wie damals. Er hat alle die Anmaßung eines kleinſeeligen Emporgekommenen, und die ſchreckliche Indifferenz der Leute, deren Kopf und Herz leer ſind. Er macht beſtaͤndig ſein Gluͤck und ſeine Arbeitſamkeit geltend; ſeine Wohlthaten ſind druͤckend, das Betragen deſſelben gegen meinen juͤngern Bruder, der bei ihm iſt, der beſte Junge von der Welt, und neuere Vorfaͤlle zwiſchen mir und ihm haben dies nur zu ſehr beſtaͤtigt! Sein Wille mag nicht boͤſe ſein, aber ſeine Handlungs- und Denkungs¬ art iſt roh, und die vernuͤnftigſte Maßregel mit ihm die: alle Verbindungen und Verhaͤltniſſe moͤglichſt ſorgfaͤltig zu vermeiden! — Er hatt’ etwas angefangen, was er nicht konnt’ oder wollte. Ich bat ihn alſo, mir nur noch wenigſtens etwas zu geben. Er gab mir ſechshundert Livres in Aſſignaten, und uͤberließ mich Gott und meinem Schickſal in einer ungeheuren Stadt, deren Sprach’ ich erſt lernen mußte, um mir ſelbſt etwas verdienen zu koͤnnen. In dieſer Zeit ſchrieb ich Ihnen meinen zweiten Brief; ein Hausknecht, der ihn auf die Poſt trug, hatte das Porto mir angerechnet, aber nicht bezahlt. Daher der Zufall, daß er Ihnen ſo ſpaͤt erſt zu Handen kam, und darum hab’ ich auch Ihre Antwort nicht empfangen, deren Verluſt ich recht ſchmerzlich bedaure.
Ich hatt’ in Straßburg einen gewiſſen Philipp Heiſch kennen gelernt, der in dem Tuͤrkheim’ſchen Hauſe freundſchaftlich um¬ ging. In Paris trafen wir uns wieder. Er begleitete dorthin ſeinen Bruder Friedrich Heiſch, einen jungen Kaufmann, welcher bei einem der erſten Banquiers einen ſehr guten Platz bekommen hatte. Er blieb ungefaͤhr drei Wochen bei ſeinem Bruder und
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In Paris wiſſen Sie wie’s ging. — Sie glauben aber,
Ihrem Briefe nach, ich habe meinen Onkel falſch beurtheilt. Ich
verſichre Sie, liebe Frau Baſe, auch jetzt, da alle Verbindungen
zwiſchen uns ſchon laͤngſt aufgehoͤrt haben, denk’ ich noch von
ihm wie damals. Er hat alle die Anmaßung eines kleinſeeligen
Emporgekommenen, und die ſchreckliche Indifferenz der Leute,
deren Kopf und Herz leer ſind. Er macht beſtaͤndig ſein Gluͤck
und ſeine Arbeitſamkeit geltend; ſeine Wohlthaten ſind druͤckend,
das Betragen deſſelben gegen meinen juͤngern Bruder, der bei
ihm iſt, der beſte Junge von der Welt, und neuere Vorfaͤlle
zwiſchen mir und ihm haben dies nur zu ſehr beſtaͤtigt! Sein
Wille mag nicht boͤſe ſein, aber ſeine Handlungs- und Denkungs¬
art iſt roh, und die vernuͤnftigſte Maßregel mit ihm die: alle
Verbindungen und Verhaͤltniſſe moͤglichſt ſorgfaͤltig zu vermeiden!
— Er hatt’ etwas angefangen, was er nicht konnt’ oder wollte.
Ich bat ihn alſo, mir nur noch wenigſtens etwas zu geben.
Er gab mir ſechshundert Livres in Aſſignaten, und uͤberließ mich
Gott und meinem Schickſal in einer ungeheuren Stadt, deren
Sprach’ ich erſt lernen mußte, um mir ſelbſt etwas verdienen
zu koͤnnen. In dieſer Zeit ſchrieb ich Ihnen meinen zweiten
Brief; ein Hausknecht, der ihn auf die Poſt trug, hatte das
Porto mir angerechnet, aber nicht bezahlt. Daher der Zufall,
daß er Ihnen ſo ſpaͤt erſt zu Handen kam, und darum hab’ ich
auch Ihre Antwort nicht empfangen, deren Verluſt ich recht
ſchmerzlich bedaure.
Ich hatt’ in Straßburg einen gewiſſen Philipp Heiſch kennen
gelernt, der in dem Tuͤrkheim’ſchen Hauſe freundſchaftlich um¬
ging. In Paris trafen wir uns wieder. Er begleitete dorthin
ſeinen Bruder Friedrich Heiſch, einen jungen Kaufmann, welcher
bei einem der erſten Banquiers einen ſehr guten Platz bekommen
hatte. Er blieb ungefaͤhr drei Wochen bei ſeinem Bruder und
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/47>, abgerufen am 21.11.2024.
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