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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

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In der That ist es nicht sowohl die vorgetragene
Geschichte, nicht das tragische Loos, zu welchem die
Verirrung des Besten im Menschen hier geführt wird,
nicht die Kraft und Schönheit einzelner Schilderungen,
wie sehr sie uns auch hinreißen, was uns jetzt mit dem
Buche zumeist verbindet; sondern es ist vielmehr der
Geist und Sinn, in welchem das Ganze erfaßt und
gegeben worden; und dieser Geist ist der der Natur
und Wahrheit, dieser Sinn der der Schönheit und
Liebe. Unschuldig und hehr, in reiner Kunstgestalt,
tritt die edle Erscheinung vor uns hin.

Aber sie tritt wirklich vor uns hin, eben jetzt, in
eigenster Gestalt; in einer neuen, stattlichen, handrechten
Ausgabe, von der ersten Verlagshandlung nach fünf¬
zig Jahren in fast unverändertem Abdruck neu an's
Licht gefördert! Es war ein schöner Gedanke, dieses
Büchlein, das bisher nur immer in der Sammlung
der Goethischen Werke für das litterarische Bedürfniß
wiederholt wurde, zur Feier seines fünfzigjährigen Lebens
und Wirkens auch wieder abgesondert hervortreten,
und, gleichsam auf seine eignen Füße gestellt, aus
eignen Kräften seine besondere Bahn abermals durch¬
laufen zu lassen. Und wahrlich nicht unausgestattet
erscheint es vor der Welt! Der hohe Dichter hat die
Gluth der Jugend mit der Weisheit des Alters gekrönt.
Wie einst vier unerreichbar schöne Stanzen den Faust
bei ähnlicher Gelegenheit dem Publikum erneuert vor¬

In der That iſt es nicht ſowohl die vorgetragene
Geſchichte, nicht das tragiſche Loos, zu welchem die
Verirrung des Beſten im Menſchen hier gefuͤhrt wird,
nicht die Kraft und Schoͤnheit einzelner Schilderungen,
wie ſehr ſie uns auch hinreißen, was uns jetzt mit dem
Buche zumeiſt verbindet; ſondern es iſt vielmehr der
Geiſt und Sinn, in welchem das Ganze erfaßt und
gegeben worden; und dieſer Geiſt iſt der der Natur
und Wahrheit, dieſer Sinn der der Schoͤnheit und
Liebe. Unſchuldig und hehr, in reiner Kunſtgeſtalt,
tritt die edle Erſcheinung vor uns hin.

Aber ſie tritt wirklich vor uns hin, eben jetzt, in
eigenſter Geſtalt; in einer neuen, ſtattlichen, handrechten
Ausgabe, von der erſten Verlagshandlung nach fuͤnf¬
zig Jahren in faſt unveraͤndertem Abdruck neu an’s
Licht gefoͤrdert! Es war ein ſchoͤner Gedanke, dieſes
Buͤchlein, das bisher nur immer in der Sammlung
der Goethiſchen Werke fuͤr das litterariſche Beduͤrfniß
wiederholt wurde, zur Feier ſeines fuͤnfzigjaͤhrigen Lebens
und Wirkens auch wieder abgeſondert hervortreten,
und, gleichſam auf ſeine eignen Fuͤße geſtellt, aus
eignen Kraͤften ſeine beſondere Bahn abermals durch¬
laufen zu laſſen. Und wahrlich nicht unausgeſtattet
erſcheint es vor der Welt! Der hohe Dichter hat die
Gluth der Jugend mit der Weisheit des Alters gekroͤnt.
Wie einſt vier unerreichbar ſchoͤne Stanzen den Fauſt
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[442/0456] In der That iſt es nicht ſowohl die vorgetragene Geſchichte, nicht das tragiſche Loos, zu welchem die Verirrung des Beſten im Menſchen hier gefuͤhrt wird, nicht die Kraft und Schoͤnheit einzelner Schilderungen, wie ſehr ſie uns auch hinreißen, was uns jetzt mit dem Buche zumeiſt verbindet; ſondern es iſt vielmehr der Geiſt und Sinn, in welchem das Ganze erfaßt und gegeben worden; und dieſer Geiſt iſt der der Natur und Wahrheit, dieſer Sinn der der Schoͤnheit und Liebe. Unſchuldig und hehr, in reiner Kunſtgeſtalt, tritt die edle Erſcheinung vor uns hin. Aber ſie tritt wirklich vor uns hin, eben jetzt, in eigenſter Geſtalt; in einer neuen, ſtattlichen, handrechten Ausgabe, von der erſten Verlagshandlung nach fuͤnf¬ zig Jahren in faſt unveraͤndertem Abdruck neu an’s Licht gefoͤrdert! Es war ein ſchoͤner Gedanke, dieſes Buͤchlein, das bisher nur immer in der Sammlung der Goethiſchen Werke fuͤr das litterariſche Beduͤrfniß wiederholt wurde, zur Feier ſeines fuͤnfzigjaͤhrigen Lebens und Wirkens auch wieder abgeſondert hervortreten, und, gleichſam auf ſeine eignen Fuͤße geſtellt, aus eignen Kraͤften ſeine beſondere Bahn abermals durch¬ laufen zu laſſen. Und wahrlich nicht unausgeſtattet erſcheint es vor der Welt! Der hohe Dichter hat die Gluth der Jugend mit der Weisheit des Alters gekroͤnt. Wie einſt vier unerreichbar ſchoͤne Stanzen den Fauſt bei aͤhnlicher Gelegenheit dem Publikum erneuert vor¬

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/456>, abgerufen am 23.11.2024.