Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
4.
Was frech und ruchlos ich verschuldet,
Was zart und liebend ich geduldet,
Wer nimmt mir das Bekenntniß ab?
Wohl birgt es das verschwiegne Grab.
5.
Von treuer Liebe Kraft gezeugt,
An zarter Liebe Brust gesäugt,
Erfuhr ich Liebe nur und Schmerz,
Und Liebe brach das bange Herz.
Sie war des Lebens Gluth und Licht,
"Und Erde kühlt die Liebe nicht."
6.
Was folgt uns aus dem ird'schen Leben,
Nachdem des Geistes Hülle fiel?
Was ist der Frommen einzig Streben,
Der Weisen letztes höchstes Ziel?
Was schmücket mehr als Heil'genschein?
Des Herzens Lauterkeit allein.
7.
Was schreckt mich noch bis in den Sarg?
Die Sünde ist's, die sich verbarg.
Die Schuld, die laut der Mensch bekennt,
Schon halb ihm das Gemüth befreit;
Die Lüge, die im Innern brennt,
Ihn ewig mit sich selbst entzweit.
4.
Was frech und ruchlos ich verſchuldet,
Was zart und liebend ich geduldet,
Wer nimmt mir das Bekenntniß ab?
Wohl birgt es das verſchwiegne Grab.
5.
Von treuer Liebe Kraft gezeugt,
An zarter Liebe Bruſt geſäugt,
Erfuhr ich Liebe nur und Schmerz,
Und Liebe brach das bange Herz.
Sie war des Lebens Gluth und Licht,
Und Erde kühlt die Liebe nicht.“
6.
Was folgt uns aus dem ird’ſchen Leben,
Nachdem des Geiſtes Hülle fiel?
Was iſt der Frommen einzig Streben,
Der Weiſen letztes höchſtes Ziel?
Was ſchmücket mehr als Heil’genſchein?
Des Herzens Lauterkeit allein.
7.
Was ſchreckt mich noch bis in den Sarg?
Die Sünde iſt’s, die ſich verbarg.
Die Schuld, die laut der Menſch bekennt,
Schon halb ihm das Gemüth befreit;
Die Lüge, die im Innern brennt,
Ihn ewig mit ſich ſelbſt entzweit.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0397" n="383"/>
              </div>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">4.</hi><lb/>
                </head>
                <lg type="poem">
                  <l>Was frech und ruchlos ich ver&#x017F;chuldet,</l><lb/>
                  <l>Was zart und liebend ich geduldet,</l><lb/>
                  <l>Wer nimmt mir das Bekenntniß ab?</l><lb/>
                  <l>Wohl birgt es das ver&#x017F;chwiegne Grab.</l><lb/>
                </lg>
              </div>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">5.</hi><lb/>
                </head>
                <lg type="poem">
                  <l>Von treuer Liebe Kraft gezeugt,</l><lb/>
                  <l>An zarter Liebe Bru&#x017F;t ge&#x017F;äugt,</l><lb/>
                  <l>Erfuhr ich Liebe nur und Schmerz,</l><lb/>
                  <l>Und Liebe brach das bange Herz.</l><lb/>
                  <l>Sie war des Lebens Gluth und Licht,</l><lb/>
                  <l>&#x201E;<hi rendition="#g">Und Erde kühlt die Liebe nicht</hi>.&#x201C;</l><lb/>
                </lg>
              </div>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">6.</hi><lb/>
                </head>
                <lg type="poem">
                  <l>Was folgt uns aus dem ird&#x2019;&#x017F;chen Leben,</l><lb/>
                  <l>Nachdem des Gei&#x017F;tes Hülle fiel?</l><lb/>
                  <l>Was i&#x017F;t der Frommen einzig Streben,</l><lb/>
                  <l>Der Wei&#x017F;en letztes höch&#x017F;tes Ziel?</l><lb/>
                  <l>Was &#x017F;chmücket mehr als Heil&#x2019;gen&#x017F;chein?</l><lb/>
                  <l>Des Herzens Lauterkeit allein.</l><lb/>
                </lg>
              </div>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">7.</hi><lb/>
                </head>
                <lg type="poem">
                  <l>Was &#x017F;chreckt mich noch bis in den Sarg?</l><lb/>
                  <l>Die Sünde i&#x017F;t&#x2019;s, die &#x017F;ich verbarg.</l><lb/>
                  <l>Die Schuld, die laut der Men&#x017F;ch bekennt,</l><lb/>
                  <l>Schon halb ihm das Gemüth befreit;</l><lb/>
                  <l>Die Lüge, die im Innern brennt,</l><lb/>
                  <l>Ihn ewig mit &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t entzweit.</l><lb/>
                </lg>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[383/0397] 4. Was frech und ruchlos ich verſchuldet, Was zart und liebend ich geduldet, Wer nimmt mir das Bekenntniß ab? Wohl birgt es das verſchwiegne Grab. 5. Von treuer Liebe Kraft gezeugt, An zarter Liebe Bruſt geſäugt, Erfuhr ich Liebe nur und Schmerz, Und Liebe brach das bange Herz. Sie war des Lebens Gluth und Licht, „Und Erde kühlt die Liebe nicht.“ 6. Was folgt uns aus dem ird’ſchen Leben, Nachdem des Geiſtes Hülle fiel? Was iſt der Frommen einzig Streben, Der Weiſen letztes höchſtes Ziel? Was ſchmücket mehr als Heil’genſchein? Des Herzens Lauterkeit allein. 7. Was ſchreckt mich noch bis in den Sarg? Die Sünde iſt’s, die ſich verbarg. Die Schuld, die laut der Menſch bekennt, Schon halb ihm das Gemüth befreit; Die Lüge, die im Innern brennt, Ihn ewig mit ſich ſelbſt entzweit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/397
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/397>, abgerufen am 22.12.2024.