seine edle Erscheinung und hohe Liebenswürdigkeit offen hervortraten, konnten auch die hellen Einsichten und reinen Gesinnungen des vielerfahrenen Staatsmannes nicht verborgen bleiben. Dieser Verein seltener Eigen¬ schaften erzeugte und rechtfertigte den Gedanken, daß die Leitung der politischen Geschäfte Preußens in den damaligen Zeitumständen keinen besseren Händen anver¬ traut werden könnte, als Bernstorff's, der durch be¬ sonnene Haltung und maßvolle Kraft den Erfordernissen des Tages am meisten zu entsprechen schien, und in Berlin schon längst nicht mehr als ein Fremder anzu¬ sehen war.
Die ersten Eröffnungen hinsichtlich eines Uebertrittes in den preußischen Staatsdienst wurden ihm bereits im April 1818 gemacht, und gleich im folgenden Monat mit größtem Nachdruck wiederholt. Bei dieser wichtigen Angelegenheit, welche für ihn mehr eine Sache großen Pflichtberufs, als lockenden Ehrgeizes war, wollte Bern¬ storff nicht selbstthätig eingreifen, sondern unterwarf die Entscheidung unbedingt seinem Herrn, dem Könige von Dänemark. Dieser gütige Fürst mißte den treuen Staats¬ diener sehr ungern, wollte denselben aber so ehrenvollem Rufe und großen Wirken nicht entziehen, sondern ertheilte dem angeregten Uebertritte seine volle Genehmigung. Bernstorff reiste darauf nach Holstein, um persönlich Abschied von dem Könige zu nehmen, der ihm die gnädigsten Gesinnungen unverändert bewahrte. Unmit¬
ſeine edle Erſcheinung und hohe Liebenswuͤrdigkeit offen hervortraten, konnten auch die hellen Einſichten und reinen Geſinnungen des vielerfahrenen Staatsmannes nicht verborgen bleiben. Dieſer Verein ſeltener Eigen¬ ſchaften erzeugte und rechtfertigte den Gedanken, daß die Leitung der politiſchen Geſchaͤfte Preußens in den damaligen Zeitumſtaͤnden keinen beſſeren Haͤnden anver¬ traut werden koͤnnte, als Bernſtorff’s, der durch be¬ ſonnene Haltung und maßvolle Kraft den Erforderniſſen des Tages am meiſten zu entſprechen ſchien, und in Berlin ſchon laͤngſt nicht mehr als ein Fremder anzu¬ ſehen war.
Die erſten Eroͤffnungen hinſichtlich eines Uebertrittes in den preußiſchen Staatsdienſt wurden ihm bereits im April 1818 gemacht, und gleich im folgenden Monat mit groͤßtem Nachdruck wiederholt. Bei dieſer wichtigen Angelegenheit, welche fuͤr ihn mehr eine Sache großen Pflichtberufs, als lockenden Ehrgeizes war, wollte Bern¬ ſtorff nicht ſelbſtthaͤtig eingreifen, ſondern unterwarf die Entſcheidung unbedingt ſeinem Herrn, dem Koͤnige von Daͤnemark. Dieſer guͤtige Fuͤrſt mißte den treuen Staats¬ diener ſehr ungern, wollte denſelben aber ſo ehrenvollem Rufe und großen Wirken nicht entziehen, ſondern ertheilte dem angeregten Uebertritte ſeine volle Genehmigung. Bernſtorff reiſte darauf nach Holſtein, um perſoͤnlich Abſchied von dem Koͤnige zu nehmen, der ihm die gnaͤdigſten Geſinnungen unveraͤndert bewahrte. Unmit¬
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ſeine edle Erſcheinung und hohe Liebenswuͤrdigkeit offen
hervortraten, konnten auch die hellen Einſichten und
reinen Geſinnungen des vielerfahrenen Staatsmannes
nicht verborgen bleiben. Dieſer Verein ſeltener Eigen¬
ſchaften erzeugte und rechtfertigte den Gedanken, daß
die Leitung der politiſchen Geſchaͤfte Preußens in den
damaligen Zeitumſtaͤnden keinen beſſeren Haͤnden anver¬
traut werden koͤnnte, als Bernſtorff’s, der durch be¬
ſonnene Haltung und maßvolle Kraft den Erforderniſſen
des Tages am meiſten zu entſprechen ſchien, und in
Berlin ſchon laͤngſt nicht mehr als ein Fremder anzu¬
ſehen war.
Die erſten Eroͤffnungen hinſichtlich eines Uebertrittes
in den preußiſchen Staatsdienſt wurden ihm bereits im
April 1818 gemacht, und gleich im folgenden Monat
mit groͤßtem Nachdruck wiederholt. Bei dieſer wichtigen
Angelegenheit, welche fuͤr ihn mehr eine Sache großen
Pflichtberufs, als lockenden Ehrgeizes war, wollte Bern¬
ſtorff nicht ſelbſtthaͤtig eingreifen, ſondern unterwarf die
Entſcheidung unbedingt ſeinem Herrn, dem Koͤnige von
Daͤnemark. Dieſer guͤtige Fuͤrſt mißte den treuen Staats¬
diener ſehr ungern, wollte denſelben aber ſo ehrenvollem
Rufe und großen Wirken nicht entziehen, ſondern ertheilte
dem angeregten Uebertritte ſeine volle Genehmigung.
Bernſtorff reiſte darauf nach Holſtein, um perſoͤnlich
Abſchied von dem Koͤnige zu nehmen, der ihm die
gnaͤdigſten Geſinnungen unveraͤndert bewahrte. Unmit¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/382>, abgerufen am 25.11.2024.
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