guten Sache und bei redlicher Liebe zum Frieden doch, so oft es gilt, die tüchtigste Kriegsfertigkeit verbinden.
Erhard's erstes Auftreten fällt in eine Zeit der hef¬ tigsten Kämpfe im litterarischen Deutschland. Der Durch¬ bruch tieferen Geistes und freieren Sinnes fand in der Oberflächlichkeit eines an Einsichten beschränkten und an Dünkel schrankenlosen Autorengeschlechts den feind¬ lichsten Widerstand. Die Art, wie Goethe'n, Schiller'n, Jacobi'n und allen vorzüglichsten Köpfen, insonderheit aber Kanten begegnet und mitgespielt wurde, war ohne Zorn wirklich nicht anzusehen. Das Benehmen der Nicolai und Andrer dieses Gleichen, welche mit alberner Anmaßung die höchsten Bestrebungen in den niedrigen Kreis ihrer pöbelhaften Beurtheilung zogen, verdiente Züchtigung, und sie wurde ihnen richtig zu Theil. Was Schiller und Goethe durch die Xenien, was Fichte durch die Lebensbeschreibung Nicolai's, hierauf die beiden Schlegel, Tieck und Andre durch andres ähnlicher Art in Deutschland gethan, kann in ganzem Werth nur dem Sinne einleuchten, welcher sich alle Umstände und Lagen jener Zeit zu vergegenwärtigen im Stande ist. Unsre Litteratur hat solchen abwehrenden Arbeiten nicht weniger zu verdanken, als den gründenden, und zwei¬ mal im achtzehnten Jahrhundert, in der Mitte desselben gegen die Gottschede, und zu Ende desselben gegen die bezeichnete Masse der Gemeinen, ist sie aus der drohen¬ den Gefahr des traurigsten Verkommens gerettet worden;
guten Sache und bei redlicher Liebe zum Frieden doch, ſo oft es gilt, die tuͤchtigſte Kriegsfertigkeit verbinden.
Erhard’s erſtes Auftreten faͤllt in eine Zeit der hef¬ tigſten Kaͤmpfe im litterariſchen Deutſchland. Der Durch¬ bruch tieferen Geiſtes und freieren Sinnes fand in der Oberflaͤchlichkeit eines an Einſichten beſchraͤnkten und an Duͤnkel ſchrankenloſen Autorengeſchlechts den feind¬ lichſten Widerſtand. Die Art, wie Goethe’n, Schiller’n, Jacobi’n und allen vorzuͤglichſten Koͤpfen, inſonderheit aber Kanten begegnet und mitgeſpielt wurde, war ohne Zorn wirklich nicht anzuſehen. Das Benehmen der Nicolai und Andrer dieſes Gleichen, welche mit alberner Anmaßung die hoͤchſten Beſtrebungen in den niedrigen Kreis ihrer poͤbelhaften Beurtheilung zogen, verdiente Zuͤchtigung, und ſie wurde ihnen richtig zu Theil. Was Schiller und Goethe durch die Xenien, was Fichte durch die Lebensbeſchreibung Nicolai’s, hierauf die beiden Schlegel, Tieck und Andre durch andres aͤhnlicher Art in Deutſchland gethan, kann in ganzem Werth nur dem Sinne einleuchten, welcher ſich alle Umſtaͤnde und Lagen jener Zeit zu vergegenwaͤrtigen im Stande iſt. Unſre Litteratur hat ſolchen abwehrenden Arbeiten nicht weniger zu verdanken, als den gruͤndenden, und zwei¬ mal im achtzehnten Jahrhundert, in der Mitte deſſelben gegen die Gottſchede, und zu Ende deſſelben gegen die bezeichnete Maſſe der Gemeinen, iſt ſie aus der drohen¬ den Gefahr des traurigſten Verkommens gerettet worden;
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guten Sache und bei redlicher Liebe zum Frieden doch,
ſo oft es gilt, die tuͤchtigſte Kriegsfertigkeit verbinden.
Erhard’s erſtes Auftreten faͤllt in eine Zeit der hef¬
tigſten Kaͤmpfe im litterariſchen Deutſchland. Der Durch¬
bruch tieferen Geiſtes und freieren Sinnes fand in der
Oberflaͤchlichkeit eines an Einſichten beſchraͤnkten und
an Duͤnkel ſchrankenloſen Autorengeſchlechts den feind¬
lichſten Widerſtand. Die Art, wie Goethe’n, Schiller’n,
Jacobi’n und allen vorzuͤglichſten Koͤpfen, inſonderheit
aber Kanten begegnet und mitgeſpielt wurde, war ohne
Zorn wirklich nicht anzuſehen. Das Benehmen der
Nicolai und Andrer dieſes Gleichen, welche mit alberner
Anmaßung die hoͤchſten Beſtrebungen in den niedrigen
Kreis ihrer poͤbelhaften Beurtheilung zogen, verdiente
Zuͤchtigung, und ſie wurde ihnen richtig zu Theil. Was
Schiller und Goethe durch die Xenien, was Fichte durch
die Lebensbeſchreibung Nicolai’s, hierauf die beiden
Schlegel, Tieck und Andre durch andres aͤhnlicher Art
in Deutſchland gethan, kann in ganzem Werth nur
dem Sinne einleuchten, welcher ſich alle Umſtaͤnde und
Lagen jener Zeit zu vergegenwaͤrtigen im Stande iſt.
Unſre Litteratur hat ſolchen abwehrenden Arbeiten nicht
weniger zu verdanken, als den gruͤndenden, und zwei¬
mal im achtzehnten Jahrhundert, in der Mitte deſſelben
gegen die Gottſchede, und zu Ende deſſelben gegen die
bezeichnete Maſſe der Gemeinen, iſt ſie aus der drohen¬
den Gefahr des traurigſten Verkommens gerettet worden;
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/313>, abgerufen am 25.11.2024.
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