der entscheidende Nachtheil andauernder persönlicher Ab¬ wesenheit macht alle diese Uebel unheilbar, und am Ende muß die völlige Unvereinbarkeit des beiderseitigen Wesens und Treibens in ausgesprochenem Bruch sich offen darlegen. Solchem Gange dieser Liebesgeschichte hatte unsre Betrachtung bisher zu folgen, und wenn der unerfreuliche Schluß von dem einen Theile dem andern als Folge der enthüllten Unwürdigkeit ange¬ rechnet werden will, von dem andern aber jenem viel¬ leicht als Erkaltung und grundlose Härte vorgeworfen sein mag, so wollen wir, für beide Theile billiger, den so gewordenen Ausgang als einen schon im Anbeginn begründeten und sonach unvermeidlichen bezeichnen.
V.
Baggesen gehört zu den abenteuerlichen Naturen, in welchen der ganze Mensch an ein Talent, -- sei es nun ein größeres oder kleineres --, auf- und dran¬ gegeben ist; anfangs gedeiht das Talent üppig von solcher allzu kostbaren Nahrung, nachher aber siecht und welkt es um so schneller dahin, denn die thörichte Gefälligkeit, die ihm allen Willen läßt, wird ihm als schädliche Ungebühr zuletzt verderblich. Solche Naturen können höchst reizend erscheinen, ihre bewegte Persön¬ lichkeit beschäftigt und unterhält eine gesellige Aufmerk¬ samkeit, bei welcher das Verdienst klarer Bildung und festen Karakters eiliger abgefertigt wird. Baggesen
19
der entſcheidende Nachtheil andauernder perſoͤnlicher Ab¬ weſenheit macht alle dieſe Uebel unheilbar, und am Ende muß die voͤllige Unvereinbarkeit des beiderſeitigen Weſens und Treibens in ausgeſprochenem Bruch ſich offen darlegen. Solchem Gange dieſer Liebesgeſchichte hatte unſre Betrachtung bisher zu folgen, und wenn der unerfreuliche Schluß von dem einen Theile dem andern als Folge der enthuͤllten Unwuͤrdigkeit ange¬ rechnet werden will, von dem andern aber jenem viel¬ leicht als Erkaltung und grundloſe Haͤrte vorgeworfen ſein mag, ſo wollen wir, fuͤr beide Theile billiger, den ſo gewordenen Ausgang als einen ſchon im Anbeginn begruͤndeten und ſonach unvermeidlichen bezeichnen.
V.
Baggeſen gehoͤrt zu den abenteuerlichen Naturen, in welchen der ganze Menſch an ein Talent, — ſei es nun ein groͤßeres oder kleineres —, auf- und dran¬ gegeben iſt; anfangs gedeiht das Talent uͤppig von ſolcher allzu koſtbaren Nahrung, nachher aber ſiecht und welkt es um ſo ſchneller dahin, denn die thoͤrichte Gefaͤlligkeit, die ihm allen Willen laͤßt, wird ihm als ſchaͤdliche Ungebuͤhr zuletzt verderblich. Solche Naturen koͤnnen hoͤchſt reizend erſcheinen, ihre bewegte Perſoͤn¬ lichkeit beſchaͤftigt und unterhaͤlt eine geſellige Aufmerk¬ ſamkeit, bei welcher das Verdienſt klarer Bildung und feſten Karakters eiliger abgefertigt wird. Baggeſen
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der entſcheidende Nachtheil andauernder perſoͤnlicher Ab¬
weſenheit macht alle dieſe Uebel unheilbar, und am
Ende muß die voͤllige Unvereinbarkeit des beiderſeitigen
Weſens und Treibens in ausgeſprochenem Bruch ſich
offen darlegen. Solchem Gange dieſer Liebesgeſchichte
hatte unſre Betrachtung bisher zu folgen, und wenn
der unerfreuliche Schluß von dem einen Theile dem
andern als Folge der enthuͤllten Unwuͤrdigkeit ange¬
rechnet werden will, von dem andern aber jenem viel¬
leicht als Erkaltung und grundloſe Haͤrte vorgeworfen
ſein mag, ſo wollen wir, fuͤr beide Theile billiger, den
ſo gewordenen Ausgang als einen ſchon im Anbeginn
begruͤndeten und ſonach unvermeidlichen bezeichnen.
V.
Baggeſen gehoͤrt zu den abenteuerlichen Naturen,
in welchen der ganze Menſch an ein Talent, — ſei
es nun ein groͤßeres oder kleineres —, auf- und dran¬
gegeben iſt; anfangs gedeiht das Talent uͤppig von
ſolcher allzu koſtbaren Nahrung, nachher aber ſiecht
und welkt es um ſo ſchneller dahin, denn die thoͤrichte
Gefaͤlligkeit, die ihm allen Willen laͤßt, wird ihm als
ſchaͤdliche Ungebuͤhr zuletzt verderblich. Solche Naturen
koͤnnen hoͤchſt reizend erſcheinen, ihre bewegte Perſoͤn¬
lichkeit beſchaͤftigt und unterhaͤlt eine geſellige Aufmerk¬
ſamkeit, bei welcher das Verdienſt klarer Bildung und
feſten Karakters eiliger abgefertigt wird. Baggeſen
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/303>, abgerufen am 25.11.2024.
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