Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

welche, was bei seiner auf Erfahrungswissenschaften und
Mathematik gegründeten Naturforschung sehr merkwürdig
ist, ihn über die Gränzen dieser Wissenschaften weit
hinausführten, und ihn demjenigen näherten, was ihm
als Mystik sonst verhaßt war.

Die Zeit der französischen Bedrückung störte Erhard's
beginnenden Wohlstand sehr; die Zerrüttung so vieler
Verhältnisse, die Unsicherheit andrer, die Unvereinbar¬
keit so mancher fremden eindringenden und dawider auf¬
geregten einheimischen Richtungen mit seiner bestimmten
Denkweise, alles dieses wurde ihm Grund zu vielfacher
Unzufriedenheit. Um so lebhafter nahm er in der Folge
Theil an den großen Ereignissen, welche die Wieder¬
herstellung Preußens, Deutschlands bewirkten, und auch
ihn dem preußischen Leben, das wieder mit dem süd¬
deutschen zu vertauschen er wohl in einigen Augenblicken
versucht gewesen war, nun für immer fest verbanden.
Eine Anstellung im Staatsdienste hat er nicht gesucht;
allein der ausgezeichnete Geist und die nützliche Thätig¬
keit des trefflichen Mannes blieb von Seiten des Staats
nicht unberücksichtigt. Im Jahre 1817 wurde er zum
Mitgliede der medicinischen Ober-Examinations-Kom¬
mission ernannt, im Jahre 1822 zum Ober-Medicinal¬
rath. Sein redliches Wollen, sein thätiger Eifer be¬
währten sich auch in diesem Verhältnisse. Eine besondre
Ehrenauszeichnung widerfuhr ihm durch den König der
Niederlande, der ihm, als seinem bewährten Arzte, aus

welche, was bei ſeiner auf Erfahrungswiſſenſchaften und
Mathematik gegruͤndeten Naturforſchung ſehr merkwuͤrdig
iſt, ihn uͤber die Graͤnzen dieſer Wiſſenſchaften weit
hinausfuͤhrten, und ihn demjenigen naͤherten, was ihm
als Myſtik ſonſt verhaßt war.

Die Zeit der franzoͤſiſchen Bedruͤckung ſtoͤrte Erhard's
beginnenden Wohlſtand ſehr; die Zerruͤttung ſo vieler
Verhaͤltniſſe, die Unſicherheit andrer, die Unvereinbar¬
keit ſo mancher fremden eindringenden und dawider auf¬
geregten einheimiſchen Richtungen mit ſeiner beſtimmten
Denkweiſe, alles dieſes wurde ihm Grund zu vielfacher
Unzufriedenheit. Um ſo lebhafter nahm er in der Folge
Theil an den großen Ereigniſſen, welche die Wieder¬
herſtellung Preußens, Deutſchlands bewirkten, und auch
ihn dem preußiſchen Leben, das wieder mit dem ſuͤd¬
deutſchen zu vertauſchen er wohl in einigen Augenblicken
verſucht geweſen war, nun fuͤr immer feſt verbanden.
Eine Anſtellung im Staatsdienſte hat er nicht geſucht;
allein der ausgezeichnete Geiſt und die nuͤtzliche Thaͤtig¬
keit des trefflichen Mannes blieb von Seiten des Staats
nicht unberuͤckſichtigt. Im Jahre 1817 wurde er zum
Mitgliede der mediciniſchen Ober-Examinations-Kom¬
miſſion ernannt, im Jahre 1822 zum Ober-Medicinal¬
rath. Sein redliches Wollen, ſein thaͤtiger Eifer be¬
waͤhrten ſich auch in dieſem Verhaͤltniſſe. Eine beſondre
Ehrenauszeichnung widerfuhr ihm durch den Koͤnig der
Niederlande, der ihm, als ſeinem bewaͤhrten Arzte, aus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0288" n="274"/>
welche, was bei &#x017F;einer auf Erfahrungswi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften und<lb/>
Mathematik gegru&#x0364;ndeten Naturfor&#x017F;chung &#x017F;ehr merkwu&#x0364;rdig<lb/>
i&#x017F;t, ihn u&#x0364;ber die Gra&#x0364;nzen die&#x017F;er Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften weit<lb/>
hinausfu&#x0364;hrten, und ihn demjenigen na&#x0364;herten, was ihm<lb/>
als My&#x017F;tik &#x017F;on&#x017F;t verhaßt war.</p><lb/>
            <p>Die Zeit der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Bedru&#x0364;ckung &#x017F;to&#x0364;rte Erhard's<lb/>
beginnenden Wohl&#x017F;tand &#x017F;ehr; die Zerru&#x0364;ttung &#x017F;o vieler<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, die Un&#x017F;icherheit andrer, die Unvereinbar¬<lb/>
keit &#x017F;o mancher fremden eindringenden und dawider auf¬<lb/>
geregten einheimi&#x017F;chen Richtungen mit &#x017F;einer be&#x017F;timmten<lb/>
Denkwei&#x017F;e, alles die&#x017F;es wurde ihm Grund zu vielfacher<lb/>
Unzufriedenheit. Um &#x017F;o lebhafter nahm er in der Folge<lb/>
Theil an den großen Ereigni&#x017F;&#x017F;en, welche die Wieder¬<lb/>
her&#x017F;tellung Preußens, Deut&#x017F;chlands bewirkten, und auch<lb/>
ihn dem preußi&#x017F;chen Leben, das wieder mit dem &#x017F;u&#x0364;<lb/>
deut&#x017F;chen zu vertau&#x017F;chen er wohl in einigen Augenblicken<lb/>
ver&#x017F;ucht gewe&#x017F;en war, nun fu&#x0364;r immer fe&#x017F;t verbanden.<lb/>
Eine An&#x017F;tellung im Staatsdien&#x017F;te hat er nicht ge&#x017F;ucht;<lb/>
allein der ausgezeichnete Gei&#x017F;t und die nu&#x0364;tzliche Tha&#x0364;tig¬<lb/>
keit des trefflichen Mannes blieb von Seiten des Staats<lb/>
nicht unberu&#x0364;ck&#x017F;ichtigt. Im Jahre <hi rendition="#b">1817</hi> wurde er zum<lb/>
Mitgliede der medicini&#x017F;chen Ober-Examinations-Kom¬<lb/>
mi&#x017F;&#x017F;ion ernannt, im Jahre <hi rendition="#b">1822</hi> zum Ober-Medicinal¬<lb/>
rath. Sein redliches Wollen, &#x017F;ein tha&#x0364;tiger Eifer be¬<lb/>
wa&#x0364;hrten &#x017F;ich auch in die&#x017F;em Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e. Eine be&#x017F;ondre<lb/>
Ehrenauszeichnung widerfuhr ihm durch den Ko&#x0364;nig der<lb/>
Niederlande, der ihm, als &#x017F;einem bewa&#x0364;hrten Arzte, aus<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0288] welche, was bei ſeiner auf Erfahrungswiſſenſchaften und Mathematik gegruͤndeten Naturforſchung ſehr merkwuͤrdig iſt, ihn uͤber die Graͤnzen dieſer Wiſſenſchaften weit hinausfuͤhrten, und ihn demjenigen naͤherten, was ihm als Myſtik ſonſt verhaßt war. Die Zeit der franzoͤſiſchen Bedruͤckung ſtoͤrte Erhard's beginnenden Wohlſtand ſehr; die Zerruͤttung ſo vieler Verhaͤltniſſe, die Unſicherheit andrer, die Unvereinbar¬ keit ſo mancher fremden eindringenden und dawider auf¬ geregten einheimiſchen Richtungen mit ſeiner beſtimmten Denkweiſe, alles dieſes wurde ihm Grund zu vielfacher Unzufriedenheit. Um ſo lebhafter nahm er in der Folge Theil an den großen Ereigniſſen, welche die Wieder¬ herſtellung Preußens, Deutſchlands bewirkten, und auch ihn dem preußiſchen Leben, das wieder mit dem ſuͤd¬ deutſchen zu vertauſchen er wohl in einigen Augenblicken verſucht geweſen war, nun fuͤr immer feſt verbanden. Eine Anſtellung im Staatsdienſte hat er nicht geſucht; allein der ausgezeichnete Geiſt und die nuͤtzliche Thaͤtig¬ keit des trefflichen Mannes blieb von Seiten des Staats nicht unberuͤckſichtigt. Im Jahre 1817 wurde er zum Mitgliede der mediciniſchen Ober-Examinations-Kom¬ miſſion ernannt, im Jahre 1822 zum Ober-Medicinal¬ rath. Sein redliches Wollen, ſein thaͤtiger Eifer be¬ waͤhrten ſich auch in dieſem Verhaͤltniſſe. Eine beſondre Ehrenauszeichnung widerfuhr ihm durch den Koͤnig der Niederlande, der ihm, als ſeinem bewaͤhrten Arzte, aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/288
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/288>, abgerufen am 24.11.2024.