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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

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noch mehr beschieden, -- ich fand dort einen Baron
Herbert aus Klagenfurt, den die Liebe zum Wissen
allein bis dorthin geführt hatte, und der daher meine
ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. So wie das In¬
teresse am Vergänglichen die Menschen theilt und Zwie¬
tracht unter sie bringt, so einigt sie das Interesse am
Unvergänglichen, d. h. an Wahrheit, Kunst und Recht,
und verbindet sie zur Freundschaft. Wir wurden daher
bald die innigsten Freunde, und die seligen Stunden,
die wir in Gesellschaft verlebten, ersetzten mir meinen
Osterhausen. Ich versprach ihm, nach meinem Besuch
bei Kant zu ihm zu kommen.

Durch Schillers Bekanntschaft wurde ich veranlaßt,
ihn in Rudolstadt bei seinem Schwager zu besuchen.
Ich verlebte hier einige der glücklichsten Tage meines
Lebens, unter lauter gebildeten Menschen, die mich an
äußerer Bildung alle übertrafen, und die doch Güte
genug hatten, mir meine innere als einen Ersatz für
die äußere anzunehmen. Die Prinzen und Prinzessinnen
kamen beständig in dieses Haus, und meine geringe
Fertigkeit im Zeichnen und Kenntniß des Generalbasses
erwarb mir ihre Gunst. Ich wurde hier zum erstenmal
Schriftsteller und schrieb den Anfang einer Sammlung
von Gesprächen, wozu ich den Plan schon früher ge¬
macht hatte. Sie wurden unter der Aufschrift: "Mi¬
mer und seine jungen Freunde" in der Thalia ab¬
gedruckt.

noch mehr beſchieden, — ich fand dort einen Baron
Herbert aus Klagenfurt, den die Liebe zum Wiſſen
allein bis dorthin gefuͤhrt hatte, und der daher meine
ganze Aufmerkſamkeit auf ſich zog. So wie das In¬
tereſſe am Vergaͤnglichen die Menſchen theilt und Zwie¬
tracht unter ſie bringt, ſo einigt ſie das Intereſſe am
Unvergaͤnglichen, d. h. an Wahrheit, Kunſt und Recht,
und verbindet ſie zur Freundſchaft. Wir wurden daher
bald die innigſten Freunde, und die ſeligen Stunden,
die wir in Geſellſchaft verlebten, erſetzten mir meinen
Oſterhauſen. Ich verſprach ihm, nach meinem Beſuch
bei Kant zu ihm zu kommen.

Durch Schillers Bekanntſchaft wurde ich veranlaßt,
ihn in Rudolſtadt bei ſeinem Schwager zu beſuchen.
Ich verlebte hier einige der gluͤcklichſten Tage meines
Lebens, unter lauter gebildeten Menſchen, die mich an
aͤußerer Bildung alle uͤbertrafen, und die doch Guͤte
genug hatten, mir meine innere als einen Erſatz fuͤr
die aͤußere anzunehmen. Die Prinzen und Prinzeſſinnen
kamen beſtaͤndig in dieſes Haus, und meine geringe
Fertigkeit im Zeichnen und Kenntniß des Generalbaſſes
erwarb mir ihre Gunſt. Ich wurde hier zum erſtenmal
Schriftſteller und ſchrieb den Anfang einer Sammlung
von Geſpraͤchen, wozu ich den Plan ſchon fruͤher ge¬
macht hatte. Sie wurden unter der Aufſchrift: „Mi¬
mer und ſeine jungen Freunde“ in der Thalia ab¬
gedruckt.

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[256/0270] noch mehr beſchieden, — ich fand dort einen Baron Herbert aus Klagenfurt, den die Liebe zum Wiſſen allein bis dorthin gefuͤhrt hatte, und der daher meine ganze Aufmerkſamkeit auf ſich zog. So wie das In¬ tereſſe am Vergaͤnglichen die Menſchen theilt und Zwie¬ tracht unter ſie bringt, ſo einigt ſie das Intereſſe am Unvergaͤnglichen, d. h. an Wahrheit, Kunſt und Recht, und verbindet ſie zur Freundſchaft. Wir wurden daher bald die innigſten Freunde, und die ſeligen Stunden, die wir in Geſellſchaft verlebten, erſetzten mir meinen Oſterhauſen. Ich verſprach ihm, nach meinem Beſuch bei Kant zu ihm zu kommen. Durch Schillers Bekanntſchaft wurde ich veranlaßt, ihn in Rudolſtadt bei ſeinem Schwager zu beſuchen. Ich verlebte hier einige der gluͤcklichſten Tage meines Lebens, unter lauter gebildeten Menſchen, die mich an aͤußerer Bildung alle uͤbertrafen, und die doch Guͤte genug hatten, mir meine innere als einen Erſatz fuͤr die aͤußere anzunehmen. Die Prinzen und Prinzeſſinnen kamen beſtaͤndig in dieſes Haus, und meine geringe Fertigkeit im Zeichnen und Kenntniß des Generalbaſſes erwarb mir ihre Gunſt. Ich wurde hier zum erſtenmal Schriftſteller und ſchrieb den Anfang einer Sammlung von Geſpraͤchen, wozu ich den Plan ſchon fruͤher ge¬ macht hatte. Sie wurden unter der Aufſchrift: „Mi¬ mer und ſeine jungen Freunde“ in der Thalia ab¬ gedruckt.

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/270>, abgerufen am 24.11.2024.