hatte auf meine Gesundheit einen schlimmen Einfluß. Diesen Nachtheil zog mir die Verdachtlosigkeit meiner Aeltern zu, welche nichts Arges ahneten, wenn ich allein in einer entlegenen Kammer oder auf einem Bo¬ den mich aufhielt. Als ich endlich den Nachtheil dieser Peinigungen, durch das Lesen medicinischer Bücher, in¬ dem früher schon durch die Aeußerungen viel älterer Jungen meine Aufmerksamkeit darauf erweckt worden war, einsahe, so kostete es mir große Mühe, mir dies als Unart abzugewöhnen, was ich mir als ein verdienst¬ liches Werk angewöhnt hatte.
Als ich aus der lateinischen Schule kam, so dachte ich an keine andere Bestimmung, als meines Vaters Profession einstens zu treiben; ich arbeitete darauf, und kümmerte mich bis in mein dreizehntes Jahr wenig um Bücher, sondern trieb mich in den freien Stunden mehr mit meinen Spielkameraden herum. Bloß im Zeichnen, im Klavierspielen, in französischer und italienischer Sprache, hatte ich einigen Unterricht. Da mein Vater gepreßten Draht machte, so hielt er es für nöthig, daß ich die Walzen selbst schneiden könnte; ich lernte daher graviren, und dies war mittelbar die Ursache, daß ich, wie ich etwas weiter unten zeigen werde, wieder dem Hang zu den Wissenschaften mehr nachhing.
Meine Aeltern waren nicht wohl im Stande, mir außer den nöthigen Schulbüchern noch andere anzu¬ schaffen, und meine Wünsche in diesem Falle zu befrie¬
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hatte auf meine Geſundheit einen ſchlimmen Einfluß. Dieſen Nachtheil zog mir die Verdachtloſigkeit meiner Aeltern zu, welche nichts Arges ahneten, wenn ich allein in einer entlegenen Kammer oder auf einem Bo¬ den mich aufhielt. Als ich endlich den Nachtheil dieſer Peinigungen, durch das Leſen mediciniſcher Buͤcher, in¬ dem fruͤher ſchon durch die Aeußerungen viel aͤlterer Jungen meine Aufmerkſamkeit darauf erweckt worden war, einſahe, ſo koſtete es mir große Muͤhe, mir dies als Unart abzugewoͤhnen, was ich mir als ein verdienſt¬ liches Werk angewoͤhnt hatte.
Als ich aus der lateiniſchen Schule kam, ſo dachte ich an keine andere Beſtimmung, als meines Vaters Profeſſion einſtens zu treiben; ich arbeitete darauf, und kuͤmmerte mich bis in mein dreizehntes Jahr wenig um Buͤcher, ſondern trieb mich in den freien Stunden mehr mit meinen Spielkameraden herum. Bloß im Zeichnen, im Klavierſpielen, in franzoͤſiſcher und italieniſcher Sprache, hatte ich einigen Unterricht. Da mein Vater gepreßten Draht machte, ſo hielt er es fuͤr noͤthig, daß ich die Walzen ſelbſt ſchneiden koͤnnte; ich lernte daher graviren, und dies war mittelbar die Urſache, daß ich, wie ich etwas weiter unten zeigen werde, wieder dem Hang zu den Wiſſenſchaften mehr nachhing.
Meine Aeltern waren nicht wohl im Stande, mir außer den noͤthigen Schulbuͤchern noch andere anzu¬ ſchaffen, und meine Wuͤnſche in dieſem Falle zu befrie¬
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hatte auf meine Geſundheit einen ſchlimmen Einfluß.
Dieſen Nachtheil zog mir die Verdachtloſigkeit meiner
Aeltern zu, welche nichts Arges ahneten, wenn ich
allein in einer entlegenen Kammer oder auf einem Bo¬
den mich aufhielt. Als ich endlich den Nachtheil dieſer
Peinigungen, durch das Leſen mediciniſcher Buͤcher, in¬
dem fruͤher ſchon durch die Aeußerungen viel aͤlterer
Jungen meine Aufmerkſamkeit darauf erweckt worden
war, einſahe, ſo koſtete es mir große Muͤhe, mir dies
als Unart abzugewoͤhnen, was ich mir als ein verdienſt¬
liches Werk angewoͤhnt hatte.
Als ich aus der lateiniſchen Schule kam, ſo dachte
ich an keine andere Beſtimmung, als meines Vaters
Profeſſion einſtens zu treiben; ich arbeitete darauf, und
kuͤmmerte mich bis in mein dreizehntes Jahr wenig um
Buͤcher, ſondern trieb mich in den freien Stunden mehr
mit meinen Spielkameraden herum. Bloß im Zeichnen,
im Klavierſpielen, in franzoͤſiſcher und italieniſcher
Sprache, hatte ich einigen Unterricht. Da mein Vater
gepreßten Draht machte, ſo hielt er es fuͤr noͤthig, daß
ich die Walzen ſelbſt ſchneiden koͤnnte; ich lernte daher
graviren, und dies war mittelbar die Urſache, daß ich,
wie ich etwas weiter unten zeigen werde, wieder dem
Hang zu den Wiſſenſchaften mehr nachhing.
Meine Aeltern waren nicht wohl im Stande, mir
außer den noͤthigen Schulbuͤchern noch andere anzu¬
ſchaffen, und meine Wuͤnſche in dieſem Falle zu befrie¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/239>, abgerufen am 25.11.2024.
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