überströmte, und besonders für die zahlreichen Deutschen, die er in einer langen Reihe von Jahren aus allen Ständen und Klassen, Vornehme wie Geringe, zu seinem Umgange sich drängen sah, in tausend Beziehungen lehrreich und heilsam wurde. Mit einer unglaublichen Geschichts- und Weltkenntniß ausgerüstet, zu den tief¬ sten Quellen der Staatskunde gedrungen und mit ihren flüchtigsten Erscheinungen vertraut, im Mittelpunkte der lebendigen Fülle der Tagesgeschichte, sprach er besonders gründlich, scharfsinnig, ja prophetisch über die politischen Gegenstände; seine Einsicht, sein Urtheil, die für Jeder¬ mann offen standen, waren nicht selten die Zuflucht der auswärtigen Diplomaten und die Hülfe deutscher und französischer Gelehrten; mancher Bericht, mancher Aufsatz, der unter anderm Namen daheim Aufsehn und Bewunderung erregt haben mag, war nur der Abfall seiner reichhaltigen, täglich frisch erströmenden Reden und Gespräche. Das berühmte Buch: "Napoleon Bona¬ parte und das französische Volk unter seinem Konsulate," welches zu seiner Zeit (1804) am trüben politischen Himmel wie ein Lichtmeteor erschien, von Goethe und von Johann von Müller sogleich rühmende Beachtung erfuhr, und für Deutschland fast die ersten enttäuschen¬ den Aufschlüsse über den selbstsüchtigen, verderblichen Gang des nach Alleinherrschaft ringenden Korsen gab, ist wesentlich sein Werk, aus seinem Geist und aus seinen Mittheilungen, und dem größeren Theile nach
uͤberſtroͤmte, und beſonders fuͤr die zahlreichen Deutſchen, die er in einer langen Reihe von Jahren aus allen Staͤnden und Klaſſen, Vornehme wie Geringe, zu ſeinem Umgange ſich draͤngen ſah, in tauſend Beziehungen lehrreich und heilſam wurde. Mit einer unglaublichen Geſchichts- und Weltkenntniß ausgeruͤſtet, zu den tief¬ ſten Quellen der Staatskunde gedrungen und mit ihren fluͤchtigſten Erſcheinungen vertraut, im Mittelpunkte der lebendigen Fuͤlle der Tagesgeſchichte, ſprach er beſonders gruͤndlich, ſcharfſinnig, ja prophetiſch uͤber die politiſchen Gegenſtaͤnde; ſeine Einſicht, ſein Urtheil, die fuͤr Jeder¬ mann offen ſtanden, waren nicht ſelten die Zuflucht der auswaͤrtigen Diplomaten und die Huͤlfe deutſcher und franzoͤſiſcher Gelehrten; mancher Bericht, mancher Aufſatz, der unter anderm Namen daheim Aufſehn und Bewunderung erregt haben mag, war nur der Abfall ſeiner reichhaltigen, taͤglich friſch erſtroͤmenden Reden und Geſpraͤche. Das beruͤhmte Buch: „Napoleon Bona¬ parte und das franzoͤſiſche Volk unter ſeinem Konſulate,“ welches zu ſeiner Zeit (1804) am truͤben politiſchen Himmel wie ein Lichtmeteor erſchien, von Goethe und von Johann von Muͤller ſogleich ruͤhmende Beachtung erfuhr, und fuͤr Deutſchland faſt die erſten enttaͤuſchen¬ den Aufſchluͤſſe uͤber den ſelbſtſuͤchtigen, verderblichen Gang des nach Alleinherrſchaft ringenden Korſen gab, iſt weſentlich ſein Werk, aus ſeinem Geiſt und aus ſeinen Mittheilungen, und dem groͤßeren Theile nach
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0164"n="150"/>
uͤberſtroͤmte, und beſonders fuͤr die zahlreichen Deutſchen,<lb/>
die er in einer langen Reihe von Jahren aus allen<lb/>
Staͤnden und Klaſſen, Vornehme wie Geringe, zu ſeinem<lb/>
Umgange ſich draͤngen ſah, in tauſend Beziehungen<lb/>
lehrreich und heilſam wurde. Mit einer unglaublichen<lb/>
Geſchichts- und Weltkenntniß ausgeruͤſtet, zu den tief¬<lb/>ſten Quellen der Staatskunde gedrungen und mit ihren<lb/>
fluͤchtigſten Erſcheinungen vertraut, im Mittelpunkte der<lb/>
lebendigen Fuͤlle der Tagesgeſchichte, ſprach er beſonders<lb/>
gruͤndlich, ſcharfſinnig, ja prophetiſch uͤber die politiſchen<lb/>
Gegenſtaͤnde; ſeine Einſicht, ſein Urtheil, die fuͤr Jeder¬<lb/>
mann offen ſtanden, waren nicht ſelten die Zuflucht<lb/>
der auswaͤrtigen Diplomaten und die Huͤlfe deutſcher<lb/>
und franzoͤſiſcher Gelehrten; mancher Bericht, mancher<lb/>
Aufſatz, der unter anderm Namen daheim Aufſehn und<lb/>
Bewunderung erregt haben mag, war nur der Abfall<lb/>ſeiner reichhaltigen, taͤglich friſch erſtroͤmenden Reden<lb/>
und Geſpraͤche. Das beruͤhmte Buch: „Napoleon Bona¬<lb/>
parte und das franzoͤſiſche Volk unter ſeinem Konſulate,“<lb/>
welches zu ſeiner Zeit (<hirendition="#b">1804</hi>) am truͤben politiſchen<lb/>
Himmel wie ein Lichtmeteor erſchien, von Goethe und<lb/>
von Johann von Muͤller ſogleich ruͤhmende Beachtung<lb/>
erfuhr, und fuͤr Deutſchland faſt die erſten enttaͤuſchen¬<lb/>
den Aufſchluͤſſe uͤber den ſelbſtſuͤchtigen, verderblichen<lb/>
Gang des nach Alleinherrſchaft ringenden Korſen gab,<lb/>
iſt weſentlich ſein Werk, aus ſeinem Geiſt und aus<lb/>ſeinen Mittheilungen, und dem groͤßeren Theile nach<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[150/0164]
uͤberſtroͤmte, und beſonders fuͤr die zahlreichen Deutſchen,
die er in einer langen Reihe von Jahren aus allen
Staͤnden und Klaſſen, Vornehme wie Geringe, zu ſeinem
Umgange ſich draͤngen ſah, in tauſend Beziehungen
lehrreich und heilſam wurde. Mit einer unglaublichen
Geſchichts- und Weltkenntniß ausgeruͤſtet, zu den tief¬
ſten Quellen der Staatskunde gedrungen und mit ihren
fluͤchtigſten Erſcheinungen vertraut, im Mittelpunkte der
lebendigen Fuͤlle der Tagesgeſchichte, ſprach er beſonders
gruͤndlich, ſcharfſinnig, ja prophetiſch uͤber die politiſchen
Gegenſtaͤnde; ſeine Einſicht, ſein Urtheil, die fuͤr Jeder¬
mann offen ſtanden, waren nicht ſelten die Zuflucht
der auswaͤrtigen Diplomaten und die Huͤlfe deutſcher
und franzoͤſiſcher Gelehrten; mancher Bericht, mancher
Aufſatz, der unter anderm Namen daheim Aufſehn und
Bewunderung erregt haben mag, war nur der Abfall
ſeiner reichhaltigen, taͤglich friſch erſtroͤmenden Reden
und Geſpraͤche. Das beruͤhmte Buch: „Napoleon Bona¬
parte und das franzoͤſiſche Volk unter ſeinem Konſulate,“
welches zu ſeiner Zeit (1804) am truͤben politiſchen
Himmel wie ein Lichtmeteor erſchien, von Goethe und
von Johann von Muͤller ſogleich ruͤhmende Beachtung
erfuhr, und fuͤr Deutſchland faſt die erſten enttaͤuſchen¬
den Aufſchluͤſſe uͤber den ſelbſtſuͤchtigen, verderblichen
Gang des nach Alleinherrſchaft ringenden Korſen gab,
iſt weſentlich ſein Werk, aus ſeinem Geiſt und aus
ſeinen Mittheilungen, und dem groͤßeren Theile nach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/164>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.