r eundlich war er überall eifrig bei der Hand, wo für Einzelne oder für Gemeinsames in dieser Richtung sich irgend ein Wirken eröffnet zeigte. In persönlicher Be¬ kanntschaft stand er nach und nach mit den hervor¬ ragendsten Männern der Revolution, und wirkte auch wohl nach Umständen auf ihre Ansichten und Wege durch seinen Geist und Karakter ein; aber niemals fand er sich bewogen, selber eine sogenannte Rolle zu spielen, wie vielfach und dringend auch die Lockungen dazu sein mochten. Das Schicksal so vieler Deutschen, welche ein Opfer solchen Strebens entweder alsbald selbst wur¬ den, oder in später Enttäuschung ihren besten Sinn und Willen als solches dargebracht sehen mußten, be¬ weist nur, wie richtig Schlabrendorf seine Eigenschaft als Fremder bei diesen französischen Vorgängen, in aller Begeisterung für sie, doch erkannt und bewahrt hat. Mit den Redlichen unter seinen Landsleuten hielt er innig zusammen, mochten auch ihre Wege von den sei¬ nigen verschieden sein. Georg Forster schrieb im Mai 1793 an seine Frau von ihm: "Einige Deutsche, die sich hier aufhalten, kommen öfter mit mir zusammen; unter andern ist ein Graf Schlabrendorf aus Schlesien, der Dich, als Du als Mädchen mit Onkel Blumen¬ bach reistest, in Zürich gesehen hat; ein junger Oelsner, eben daher, der auch in Christie's Haus bekannt; ein junger Schwabe, Namens Kerner, der für die ham¬ burger Zeitung hier Nachrichten schreibt. -- Schlabren¬
10
r eundlich war er uͤberall eifrig bei der Hand, wo fuͤr Einzelne oder fuͤr Gemeinſames in dieſer Richtung ſich irgend ein Wirken eroͤffnet zeigte. In perſoͤnlicher Be¬ kanntſchaft ſtand er nach und nach mit den hervor¬ ragendſten Maͤnnern der Revolution, und wirkte auch wohl nach Umſtaͤnden auf ihre Anſichten und Wege durch ſeinen Geiſt und Karakter ein; aber niemals fand er ſich bewogen, ſelber eine ſogenannte Rolle zu ſpielen, wie vielfach und dringend auch die Lockungen dazu ſein mochten. Das Schickſal ſo vieler Deutſchen, welche ein Opfer ſolchen Strebens entweder alsbald ſelbſt wur¬ den, oder in ſpaͤter Enttaͤuſchung ihren beſten Sinn und Willen als ſolches dargebracht ſehen mußten, be¬ weiſt nur, wie richtig Schlabrendorf ſeine Eigenſchaft als Fremder bei dieſen franzoͤſiſchen Vorgaͤngen, in aller Begeiſterung fuͤr ſie, doch erkannt und bewahrt hat. Mit den Redlichen unter ſeinen Landsleuten hielt er innig zuſammen, mochten auch ihre Wege von den ſei¬ nigen verſchieden ſein. Georg Forſter ſchrieb im Mai 1793 an ſeine Frau von ihm: „Einige Deutſche, die ſich hier aufhalten, kommen oͤfter mit mir zuſammen; unter andern iſt ein Graf Schlabrendorf aus Schleſien, der Dich, als Du als Maͤdchen mit Onkel Blumen¬ bach reiſteſt, in Zuͤrich geſehen hat; ein junger Oelsner, eben daher, der auch in Chriſtie’s Haus bekannt; ein junger Schwabe, Namens Kerner, der fuͤr die ham¬ burger Zeitung hier Nachrichten ſchreibt. — Schlabren¬
10
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0159"n="145"/>
r eundlich war er uͤberall eifrig bei der Hand, wo fuͤr<lb/>
Einzelne oder fuͤr Gemeinſames in dieſer Richtung ſich<lb/>
irgend ein Wirken eroͤffnet zeigte. In perſoͤnlicher Be¬<lb/>
kanntſchaft ſtand er nach und nach mit den hervor¬<lb/>
ragendſten Maͤnnern der Revolution, und wirkte auch<lb/>
wohl nach Umſtaͤnden auf ihre Anſichten und Wege<lb/>
durch ſeinen Geiſt und Karakter ein; aber niemals fand<lb/>
er ſich bewogen, ſelber eine ſogenannte Rolle zu ſpielen,<lb/>
wie vielfach und dringend auch die Lockungen dazu ſein<lb/>
mochten. Das Schickſal ſo vieler Deutſchen, welche<lb/>
ein Opfer ſolchen Strebens entweder alsbald ſelbſt wur¬<lb/>
den, oder in ſpaͤter Enttaͤuſchung ihren beſten Sinn<lb/>
und Willen als ſolches dargebracht ſehen mußten, be¬<lb/>
weiſt nur, wie richtig Schlabrendorf ſeine Eigenſchaft<lb/>
als Fremder bei dieſen franzoͤſiſchen Vorgaͤngen, in aller<lb/>
Begeiſterung fuͤr ſie, doch erkannt und bewahrt hat.<lb/>
Mit den Redlichen unter ſeinen Landsleuten hielt er<lb/>
innig zuſammen, mochten auch ihre Wege von den ſei¬<lb/>
nigen verſchieden ſein. Georg Forſter ſchrieb im Mai<lb/><hirendition="#b">1793</hi> an ſeine Frau von ihm: „Einige Deutſche, die<lb/>ſich hier aufhalten, kommen oͤfter mit mir zuſammen;<lb/>
unter andern iſt ein Graf Schlabrendorf aus Schleſien,<lb/>
der Dich, als Du als Maͤdchen mit Onkel Blumen¬<lb/>
bach reiſteſt, in Zuͤrich geſehen hat; ein junger Oelsner,<lb/>
eben daher, der auch in Chriſtie’s Haus bekannt; ein<lb/>
junger Schwabe, Namens Kerner, der fuͤr die ham¬<lb/>
burger Zeitung hier Nachrichten ſchreibt. — Schlabren¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#b">10</hi><lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[145/0159]
r eundlich war er uͤberall eifrig bei der Hand, wo fuͤr
Einzelne oder fuͤr Gemeinſames in dieſer Richtung ſich
irgend ein Wirken eroͤffnet zeigte. In perſoͤnlicher Be¬
kanntſchaft ſtand er nach und nach mit den hervor¬
ragendſten Maͤnnern der Revolution, und wirkte auch
wohl nach Umſtaͤnden auf ihre Anſichten und Wege
durch ſeinen Geiſt und Karakter ein; aber niemals fand
er ſich bewogen, ſelber eine ſogenannte Rolle zu ſpielen,
wie vielfach und dringend auch die Lockungen dazu ſein
mochten. Das Schickſal ſo vieler Deutſchen, welche
ein Opfer ſolchen Strebens entweder alsbald ſelbſt wur¬
den, oder in ſpaͤter Enttaͤuſchung ihren beſten Sinn
und Willen als ſolches dargebracht ſehen mußten, be¬
weiſt nur, wie richtig Schlabrendorf ſeine Eigenſchaft
als Fremder bei dieſen franzoͤſiſchen Vorgaͤngen, in aller
Begeiſterung fuͤr ſie, doch erkannt und bewahrt hat.
Mit den Redlichen unter ſeinen Landsleuten hielt er
innig zuſammen, mochten auch ihre Wege von den ſei¬
nigen verſchieden ſein. Georg Forſter ſchrieb im Mai
1793 an ſeine Frau von ihm: „Einige Deutſche, die
ſich hier aufhalten, kommen oͤfter mit mir zuſammen;
unter andern iſt ein Graf Schlabrendorf aus Schleſien,
der Dich, als Du als Maͤdchen mit Onkel Blumen¬
bach reiſteſt, in Zuͤrich geſehen hat; ein junger Oelsner,
eben daher, der auch in Chriſtie’s Haus bekannt; ein
junger Schwabe, Namens Kerner, der fuͤr die ham¬
burger Zeitung hier Nachrichten ſchreibt. — Schlabren¬
10
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/159>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.