ich für meine übrigen Lebenstage Ruhe. -- Auch hoffe ich, wäh¬ rend des Winters die Maschine so vollkommen und regelmäßig in Gang zu bringen, daß wir im Sommer eine Ausflucht nach Frankreich und Deutschland machen können, wonach uns Allen recht lüstet. --
Von Gentz habe ich, seit fünf Wochen, einen noch unbeant¬ worteten Brief von dreizehn Seiten. "Er selbst habe sich in das Finanzfach geworfen, da doch die Politik jetzt nicht viel zu thun gebe -- die vielen Gründe, warum man im Plan die von mir mißbilligte Veränderung (oder vielmehr den Zusatz) habe machen müssen, würden ein Buch erfordern. Die Leute seien so dumm, das Mißtrauen sei so groß, das Andringen so unbändig. Es solle indessen Alles gut werden am Ende. Mein Hinüber¬ kommen wäre recht schön. Auch woll' er, bei der Zurückkunft nach Wien (er war im Bade) gleich sehn, daß man mir zur Reise Lust mache" u. s. w. u. s. w. -- Der Zusatz hat, für die gute Sache, beinahe Alles unwiederbringlich verdorben, wenig¬ stens das Erreichen des guten Zwecks unendlich erschwert. -- Mit einem ungeheuern baaren Geldvorrath wäre die Maßregel kaum vernünftig gewesen; mit einem beschränkten (wo denn die schon erfolgte Einstellung derselben unausbleiblich) war sie ganz ungeheuer dumm. -- Die Bank sollte das Mittel, das Werkzeug der ruhig durchzuführenden, großen Operation werden. Guten Glauben und Vertrauen wieder zu begründen, war die erste Rück¬ sicht. -- Der Ueberfluß des gesunkenen Papiergeldes disponirte das Publikum, zur Bank begierig zu unterschreiben. Der Münz¬ vorrath des Gouvernements konnte der neuen Institution Gewicht und Kraft geben. Statt diese günstigen, zum Zweck schnell füh¬ renden Umstände klug zu benützen, wirft man die Alternative hin, läßt durch's angebotene Abbezahlen der 2/5 (der Kours war zwischen 300 und 360) einen augenblicklichen Gewinn von 30
ich fuͤr meine uͤbrigen Lebenstage Ruhe. — Auch hoffe ich, waͤh¬ rend des Winters die Maſchine ſo vollkommen und regelmaͤßig in Gang zu bringen, daß wir im Sommer eine Ausflucht nach Frankreich und Deutſchland machen koͤnnen, wonach uns Allen recht luͤſtet. —
Von Gentz habe ich, ſeit fuͤnf Wochen, einen noch unbeant¬ worteten Brief von dreizehn Seiten. „Er ſelbſt habe ſich in das Finanzfach geworfen, da doch die Politik jetzt nicht viel zu thun gebe — die vielen Gruͤnde, warum man im Plan die von mir mißbilligte Veraͤnderung (oder vielmehr den Zuſatz) habe machen muͤſſen, wuͤrden ein Buch erfordern. Die Leute ſeien ſo dumm, das Mißtrauen ſei ſo groß, das Andringen ſo unbaͤndig. Es ſolle indeſſen Alles gut werden am Ende. Mein Hinuͤber¬ kommen waͤre recht ſchoͤn. Auch woll' er, bei der Zuruͤckkunft nach Wien (er war im Bade) gleich ſehn, daß man mir zur Reiſe Luſt mache“ u. ſ. w. u. ſ. w. — Der Zuſatz hat, fuͤr die gute Sache, beinahe Alles unwiederbringlich verdorben, wenig¬ ſtens das Erreichen des guten Zwecks unendlich erſchwert. — Mit einem ungeheuern baaren Geldvorrath waͤre die Maßregel kaum vernuͤnftig geweſen; mit einem beſchraͤnkten (wo denn die ſchon erfolgte Einſtellung derſelben unausbleiblich) war ſie ganz ungeheuer dumm. — Die Bank ſollte das Mittel, das Werkzeug der ruhig durchzufuͤhrenden, großen Operation werden. Guten Glauben und Vertrauen wieder zu begruͤnden, war die erſte Ruͤck¬ ſicht. — Der Ueberfluß des geſunkenen Papiergeldes disponirte das Publikum, zur Bank begierig zu unterſchreiben. Der Muͤnz¬ vorrath des Gouvernements konnte der neuen Inſtitution Gewicht und Kraft geben. Statt dieſe guͤnſtigen, zum Zweck ſchnell fuͤh¬ renden Umſtaͤnde klug zu benuͤtzen, wirft man die Alternative hin, laͤßt durch's angebotene Abbezahlen der ⅖ (der Kours war zwiſchen 300 und 360) einen augenblicklichen Gewinn von 30
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ich fuͤr meine uͤbrigen Lebenstage Ruhe. — Auch hoffe ich, waͤh¬
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in Gang zu bringen, daß wir im Sommer eine Ausflucht nach
Frankreich und Deutſchland machen koͤnnen, wonach uns Allen
recht luͤſtet. —
Von Gentz habe ich, ſeit fuͤnf Wochen, einen noch unbeant¬
worteten Brief von dreizehn Seiten. „Er ſelbſt habe ſich in
das Finanzfach geworfen, da doch die Politik jetzt nicht viel zu
thun gebe — die vielen Gruͤnde, warum man im Plan die von
mir mißbilligte Veraͤnderung (oder vielmehr den Zuſatz) habe
machen muͤſſen, wuͤrden ein Buch erfordern. Die Leute ſeien ſo
dumm, das Mißtrauen ſei ſo groß, das Andringen ſo unbaͤndig.
Es ſolle indeſſen Alles gut werden am Ende. Mein Hinuͤber¬
kommen waͤre recht ſchoͤn. Auch woll' er, bei der Zuruͤckkunft
nach Wien (er war im Bade) gleich ſehn, daß man mir zur
Reiſe Luſt mache“ u. ſ. w. u. ſ. w. — Der Zuſatz hat, fuͤr die
gute Sache, beinahe Alles unwiederbringlich verdorben, wenig¬
ſtens das Erreichen des guten Zwecks unendlich erſchwert. —
Mit einem ungeheuern baaren Geldvorrath waͤre die Maßregel
kaum vernuͤnftig geweſen; mit einem beſchraͤnkten (wo denn die
ſchon erfolgte Einſtellung derſelben unausbleiblich) war ſie ganz
ungeheuer dumm. — Die Bank ſollte das Mittel, das Werkzeug
der ruhig durchzufuͤhrenden, großen Operation werden. Guten
Glauben und Vertrauen wieder zu begruͤnden, war die erſte Ruͤck¬
ſicht. — Der Ueberfluß des geſunkenen Papiergeldes disponirte
das Publikum, zur Bank begierig zu unterſchreiben. Der Muͤnz¬
vorrath des Gouvernements konnte der neuen Inſtitution Gewicht
und Kraft geben. Statt dieſe guͤnſtigen, zum Zweck ſchnell fuͤh¬
renden Umſtaͤnde klug zu benuͤtzen, wirft man die Alternative
hin, laͤßt durch's angebotene Abbezahlen der ⅖ (der Kours war
zwiſchen 300 und 360) einen augenblicklichen Gewinn von 30
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/135>, abgerufen am 24.11.2024.
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