Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.§. I. DIe Natterküchlein oder TROCHISCI DE VIPERIS sind runde/ dünne und sehr leichte Küchlein/ eines Kopffstücks groß/ wie Zwieback schmeckend/ mit welchen das abgekochte Vipern oder Schlangenfleisch vermischet/ und zu solchen Küchlein formiret wird; kommen meistens aus Italien über Padoa und Venedig / nebst einem grossen Testimonio, damit man sich bey Aufflegung des Theriacs darauf verlassen / und daß sie richtig praeparirt seyen/ beweisen könne/ wie Vielhewr in Beschreibung frembder Materialien p. 193. redet. §. II. Zu diesen Trochiscis nun werden vor andern die Italiänische Vipern oder Welsche Nattern / welche in hitzigen Orten gefangen werden/ gesuchet/ wiewohln in deren Ermanglung auch unsere Nattern und Brandschlangen/ so sich umb alte Gebäue/ Weyern/ Seegmühlen und Hecken auffhalten/ nicht undienlich sind/ wie Marxius in der Material-Kammer/ p. 214. nebst andern schreibet: Gilt auch nach D. Hoffmanns Sinn in Clav. Schrad. p. 689. gleich viel/ ob es Männlein oder Weiblein seyen/ welche letztere sonsten von den meisten vor besser gehalten werden/ ohne Zweiffel deswegen/ weilen sie an dem platten und breiten Kopff/ wie auch den blitzenden Augen eher vor den andern Schlangen zu erkennen sind/ von welchen die Männlein wegen ihres kleinen und stracken Kopffs nicht so wol unterschieden werden können/ wie Charas in seiner Historie der Theriaes-Ingredientien pag 30. muthmasset. Alle aber sind entweder im Früling oder im Herbst/ und wie es Marxius c. l. deutet/ vor und nach Georgen Tag/ vor der Sonnen Auffgang zu fangen/ da sie am fettesten sind/ und nach solcher Zeit nichts mehr an ihnen zu finden ist/ dieweilen sie alles in die Eyerverzehren/ welche sie/ wie andere Schlangen auch in den Sand scharren/ und von der Sonnen ausbrütenlassen/ es seye dann/ daß sie solche zuweilen etwas zu lang bey sich behalten/ bis die Jungen in dem Leib schon ausgehen: dahero die Meynung entstanden/ daß die junge Vipern den Müttern den Leib durchfressen/ oder daß die Vipern allein ihre Jungen lebendig gehähren sollen/ da doch solches zuweilen auch an den andern Schlangen geschiehet/ wie Frid. Hoffm. c. l. p. 688. aus des Redi Observ. de Viperis angeführet hat. Wie irrig und lächerlich aber derjenigen Vorgeben sey/ welche behaupten wollen/ daß die Vipern sich durch den Mund paaren/ und dardurch empfangen sollen/ ist aus des Wormii Museo p. 263. zuersehen/ allwo gezeiget wird/ daß sie / wie alle andere Thiere sich vermehren/ und sich nur im paaren lecken/ oder gleichsam küssen sollen. §. III. Es werden aber die VIPERAE oder Welsche Nattern/ nachdem sie gefangen worden/ entweder lebendig beschrieben und verschickt/ oder so bald getödtet/ auffgetrucknet/ und auf verschiedene Art praeparirt. Jene sollen recht lebhafftig/ fett und dick/ auch frisch gefangen seyn/ und muß man/ so balden sie ankommen/ die Einschläge öffnen/ und die abgestandene oder verstorbene auswerffen/ die andern aber unter Moos in Tonnen schlagen/ und an einen temperirten Ort stellen/ weilen sie weder Frost noch Hitze vertragen können/ allwo sie wol 6. Monat ohne einige Speise lebendig bleiben; doch muß man wol Achtung geben/ daß sie nicht ausbrechen/ und hin und wieder sich verkriechen/ da sie leicht grossen Schaden thun könten/ und wann man sie heraus langet/ muß man sie nut gelind am Schwantz angreiffen / und nicht hart drucken/ sonsten sie böß werden/ und um sich beissen; weßwegen sie andere mit dem Zänglein fassen/ wie Ponet. in seiner Hist. Gen. des Drogues Part. 2. lib. I. c. 27. p. 61 treulich warnet. §. IV. Die auffgedörrete Viperschlangen oder VIPERAE EXSICCATAE sind vordiesem/ auch wol heut zu Tag noch an etlichen Orten also praeparirt worden/ daß sie erstlich die lebendige Vipern/ ehe sie ihnen die Köpff und Schwäntze abschneiden/ weidlich peitschen/ damit sie also zum Zorn erreget/ ihren Gifft wegspeyen möchten; und weilen man vermeinet/ daß solcher sich alsdann aus dem gantzen Leib in den Kopff ziehe/ diesen nebenst dem Schwantz hinweg schneiden. Allein wie abgeschmackt und unverständig diese Meinung seye / hat obgemeldter Frantzos Moyses Charas nicht allein in dem schon allegirt. Tr. sondern auch in einem eigenen Frantzös. Buch de Viperis stattlich erwiesen; indem er zeiget/ daß/ weil Helmontius schon vor diesem gelehret/ auch D. Ettmüller in einer eigenen Disputation de Morsu Viperae weitläufftig dociret/ die Viperschlangen/ (welche von grossen Herren ohne Schaden in der Speise genossen werden /) an und vor sich nicht gifftig seyn/ sondern durch den Zorn / wann sie irritiret würden/ dergleichen gifftige Bisse/ wie die gifftig-böse und erzörnte Menschen selbsten/ anbringen und anlegen könten: Und ob zwar der berühmte Italiäner Franciscus Redi in seinen Obs. de Viperis durch gewisse Experimenta behaupten wollen/ daß der Speichel von den Schlangen den Gifft in sich hege/ und wann solcher in die Stiche und Wunden komme / den Menschen tödte/ so hat doch belobter Charas ihn mit andern Observationen widerleget; und weilen also obige Praeparation auf einem falschen Grund beruhet/ so unterlässet jetztgemeldter Apothecker das obige Geiseln gäntzlich/ sondern hauet den Nattern nur den §. I. DIe Natterküchlein oder TROCHISCI DE VIPERIS sind runde/ dünne und sehr leichte Küchlein/ eines Kopffstücks groß/ wie Zwieback schmeckend/ mit welchen das abgekochte Vipern oder Schlangenfleisch vermischet/ und zu solchen Küchlein formiret wird; kom̃en meistens aus Italien über Padoa und Venedig / nebst einem grossen Testimonio, damit man sich bey Aufflegung des Theriacs darauf verlassen / und daß sie richtig praeparirt seyen/ beweisen könne/ wie Vielhewr in Beschreibung frembder Materialien p. 193. redet. §. II. Zu diesen Trochiscis nun werden vor andern die Italiänische Vipern oder Welsche Nattern / welche in hitzigen Orten gefangen werden/ gesuchet/ wiewohln in deren Ermanglung auch unsere Nattern und Brandschlangen/ so sich umb alte Gebäue/ Weyern/ Seegmühlen und Hecken auffhalten/ nicht undienlich sind/ wie Marxius in der Material-Kammer/ p. 214. nebst andern schreibet: Gilt auch nach D. Hoffmanns Sinn in Clav. Schrad. p. 689. gleich viel/ ob es Männlein oder Weiblein seyen/ welche letztere sonsten von den meisten vor besser gehalten werden/ ohne Zweiffel deswegen/ weilen sie an dem platten und breiten Kopff/ wie auch den blitzenden Augen eher vor den andern Schlangen zu erkennen sind/ von welchen die Männlein wegen ihres kleinen und stracken Kopffs nicht so wol unterschieden werden können/ wie Charas in seiner Historie der Theriaes-Ingredientien pag 30. muthmasset. Alle aber sind entweder im Früling oder im Herbst/ und wie es Marxius c. l. deutet/ vor und nach Georgen Tag/ vor der Sonnen Auffgang zu fangen/ da sie am fettesten sind/ und nach solcher Zeit nichts mehr an ihnen zu finden ist/ dieweilen sie alles in die Eyerverzehren/ welche sie/ wie andere Schlangen auch in den Sand scharren/ und von der Sonnen ausbrütenlassen/ es seye dann/ daß sie solche zuweilen etwas zu lang bey sich behalten/ bis die Jungen in dem Leib schon ausgehen: dahero die Meynung entstanden/ daß die junge Vipern den Müttern den Leib durchfressen/ oder daß die Vipern allein ihre Jungen lebendig gehähren sollen/ da doch solches zuweilen auch an den andern Schlangen geschiehet/ wie Frid. Hoffm. c. l. p. 688. aus des Redi Observ. de Viperis angeführet hat. Wie irrig und lächerlich aber derjenigen Vorgeben sey/ welche behaupten wollen/ daß die Vipern sich durch den Mund paaren/ und dardurch empfangen sollen/ ist aus des Wormii Museo p. 263. zuersehen/ allwo gezeiget wird/ daß sie / wie alle andere Thiere sich vermehren/ und sich nur im paaren lecken/ oder gleichsam küssen sollen. §. III. Es werden aber die VIPERAE oder Welsche Nattern/ nachdem sie gefangen worden/ entweder lebendig beschrieben und verschickt/ oder so bald getödtet/ auffgetrucknet/ und auf verschiedene Art praeparirt. Jene sollen recht lebhafftig/ fett und dick/ auch frisch gefangen seyn/ und muß man/ so balden sie ankommen/ die Einschläge öffnen/ und die abgestandene oder verstorbene auswerffen/ die andern aber unter Moos in Tonnen schlagen/ und an einen temperirten Ort stellen/ weilen sie weder Frost noch Hitze vertragen können/ allwo sie wol 6. Monat ohne einige Speise lebendig bleiben; doch muß man wol Achtung geben/ daß sie nicht ausbrechen/ und hin und wieder sich verkriechen/ da sie leicht grossen Schaden thun könten/ und wañ man sie heraus langet/ muß man sie nut gelind am Schwantz angreiffen / und nicht hart drucken/ sonsten sie böß werden/ und um sich beissen; weßwegen sie andere mit dem Zänglein fassen/ wie Ponet. in seiner Hist. Gen. des Drogues Part. 2. lib. I. c. 27. p. 61 treulich warnet. §. IV. Die auffgedörrete Viperschlangen oder VIPERAE EXSICCATAE sind vordiesem/ auch wol heut zu Tag noch an etlichen Orten also praeparirt worden/ daß sie erstlich die lebendige Vipern/ ehe sie ihnen die Köpff und Schwäntze abschneiden/ weidlich peitschen/ damit sie also zum Zorn erreget/ ihren Gifft wegspeyen möchten; und weilen man vermeinet/ daß solcher sich alsdann aus dem gantzen Leib in den Kopff ziehe/ diesen nebenst dem Schwantz hinweg schneiden. Allein wie abgeschmackt und unverständig diese Meinung seye / hat obgemeldter Frantzos Moyses Charas nicht allein in dem schon allegirt. Tr. sondern auch in einem eigenen Frantzös. Buch de Viperis stattlich erwiesen; indem er zeiget/ daß/ weil Helmontius schon vor diesem gelehret/ auch D. Ettmüller in einer eigenen Disputation de Morsu Viperae weitläufftig dociret/ die Viperschlangen/ (welche von grossen Herren ohne Schaden in der Speise genossen werden /) an und vor sich nicht gifftig seyn/ sondern durch den Zorn / wann sie irritiret würden/ dergleichen gifftige Bisse/ wie die gifftig-böse und erzörnte Menschen selbsten/ anbringen und anlegen könten: Und ob zwar der berühmte Italiäner Franciscus Redi in seinen Obs. de Viperis durch gewisse Experimenta behaupten wollen/ daß der Speichel von den Schlangen den Gifft in sich hege/ und wann solcher in die Stiche und Wunden komme / den Menschen tödte/ so hat doch belobter Charas ihn mit andern Observationen widerleget; und weilen also obige Praeparation auf einem falschen Grund beruhet/ so unterlässet jetztgemeldter Apothecker das obige Geiseln gäntzlich/ sondern hauet den Nattern nur den <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0557" n="505"/> </div> <div> <head>§. 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Hoffmanns Sinn in Clav. Schrad. p. 689. gleich viel/ ob es Männlein oder Weiblein seyen/ welche letztere sonsten von den meisten vor besser gehalten werden/ ohne Zweiffel deswegen/ weilen sie an dem platten und breiten Kopff/ wie auch den blitzenden Augen eher vor den andern Schlangen zu erkennen sind/ von welchen die Männlein wegen ihres kleinen und stracken Kopffs nicht so wol unterschieden werden können/ wie Charas in seiner Historie der Theriaes-Ingredientien pag 30. muthmasset. Alle aber sind entweder im Früling oder im Herbst/ und wie es Marxius c. l. deutet/ vor und nach Georgen Tag/ vor der Sonnen Auffgang zu fangen/ da sie am fettesten sind/ und nach solcher Zeit nichts mehr an ihnen zu finden ist/ dieweilen sie alles in die Eyerverzehren/ welche sie/ wie andere Schlangen auch in den Sand scharren/ und von der Sonnen ausbrütenlassen/ es seye dann/ daß sie solche zuweilen etwas zu lang bey sich behalten/ bis die Jungen in dem Leib schon ausgehen: dahero die Meynung entstanden/ daß die junge Vipern den Müttern den Leib durchfressen/ oder daß die Vipern allein ihre Jungen lebendig gehähren sollen/ da doch solches zuweilen auch an den andern Schlangen geschiehet/ wie Frid. Hoffm. c. l. p. 688. aus des Redi Observ. de Viperis angeführet hat. Wie irrig und lächerlich aber derjenigen Vorgeben sey/ welche behaupten wollen/ daß die Vipern sich durch den Mund paaren/ und dardurch empfangen sollen/ ist aus des Wormii Museo p. 263. zuersehen/ allwo gezeiget wird/ daß sie / wie alle andere Thiere sich vermehren/ und sich nur im paaren lecken/ oder gleichsam küssen sollen.</p> </div> <div> <head>§. III.</head> <p>Es werden aber die VIPERAE oder Welsche Nattern/ nachdem sie gefangen worden/ entweder lebendig beschrieben und verschickt/ oder so bald getödtet/ auffgetrucknet/ und auf verschiedene Art praeparirt. Jene sollen recht lebhafftig/ fett und dick/ auch frisch gefangen seyn/ und muß man/ so balden sie ankommen/ die Einschläge öffnen/ und die abgestandene oder verstorbene auswerffen/ die andern aber unter Moos in Tonnen schlagen/ und an einen temperirten Ort stellen/ weilen sie weder Frost noch Hitze vertragen können/ allwo sie wol 6. Monat ohne einige Speise lebendig bleiben; doch muß man wol Achtung geben/ daß sie nicht ausbrechen/ und hin und wieder sich verkriechen/ da sie leicht grossen Schaden thun könten/ und wañ man sie heraus langet/ muß man sie nut gelind am Schwantz angreiffen / und nicht hart drucken/ sonsten sie böß werden/ und um sich beissen; weßwegen sie andere mit dem Zänglein fassen/ wie Ponet. in seiner Hist. Gen. des Drogues Part. 2. lib. I. c. 27. p. 61 treulich warnet.</p> </div> <div> <head>§. IV.</head> <p>Die auffgedörrete Viperschlangen oder</p> <p> <hi rendition="#k">VIPERAE EXSICCATAE</hi> </p> <p>sind vordiesem/ auch wol heut zu Tag noch an etlichen Orten also praeparirt worden/ daß sie erstlich die lebendige Vipern/ ehe sie ihnen die Köpff und Schwäntze abschneiden/ weidlich peitschen/ damit sie also zum Zorn erreget/ ihren Gifft wegspeyen möchten; und weilen man vermeinet/ daß solcher sich alsdann aus dem gantzen Leib in den Kopff ziehe/ diesen nebenst dem Schwantz hinweg schneiden. Allein wie abgeschmackt und unverständig diese Meinung seye / hat obgemeldter Frantzos Moyses Charas nicht allein in dem schon allegirt. Tr. sondern auch in einem eigenen Frantzös. Buch de Viperis stattlich erwiesen; indem er zeiget/ daß/ weil Helmontius schon vor diesem gelehret/ auch D. Ettmüller in einer eigenen Disputation de Morsu Viperae weitläufftig dociret/ die Viperschlangen/ (welche von grossen Herren ohne Schaden in der Speise genossen werden /) an und vor sich nicht gifftig seyn/ sondern durch den Zorn / wann sie irritiret würden/ dergleichen gifftige Bisse/ wie die gifftig-böse und erzörnte Menschen selbsten/ anbringen und anlegen könten: Und ob zwar der berühmte Italiäner Franciscus Redi in seinen Obs. de Viperis durch gewisse Experimenta behaupten wollen/ daß der Speichel von den Schlangen den Gifft in sich hege/ und wann solcher in die Stiche und Wunden komme / den Menschen tödte/ so hat doch belobter Charas ihn mit andern Observationen widerleget; und weilen also obige Praeparation auf einem falschen Grund beruhet/ so unterlässet jetztgemeldter Apothecker das obige Geiseln gäntzlich/ sondern hauet den Nattern nur den </p> </div> </body> </text> </TEI> [505/0557]
§. I. DIe Natterküchlein oder
TROCHISCI DE VIPERIS
sind runde/ dünne und sehr leichte Küchlein/ eines Kopffstücks groß/ wie Zwieback schmeckend/ mit welchen das abgekochte Vipern oder Schlangenfleisch vermischet/ und zu solchen Küchlein formiret wird; kom̃en meistens aus Italien über Padoa und Venedig / nebst einem grossen Testimonio, damit man sich bey Aufflegung des Theriacs darauf verlassen / und daß sie richtig praeparirt seyen/ beweisen könne/ wie Vielhewr in Beschreibung frembder Materialien p. 193. redet.
§. II. Zu diesen Trochiscis nun werden vor andern die Italiänische Vipern oder Welsche Nattern / welche in hitzigen Orten gefangen werden/ gesuchet/ wiewohln in deren Ermanglung auch unsere Nattern und Brandschlangen/ so sich umb alte Gebäue/ Weyern/ Seegmühlen und Hecken auffhalten/ nicht undienlich sind/ wie Marxius in der Material-Kammer/ p. 214. nebst andern schreibet: Gilt auch nach D. Hoffmanns Sinn in Clav. Schrad. p. 689. gleich viel/ ob es Männlein oder Weiblein seyen/ welche letztere sonsten von den meisten vor besser gehalten werden/ ohne Zweiffel deswegen/ weilen sie an dem platten und breiten Kopff/ wie auch den blitzenden Augen eher vor den andern Schlangen zu erkennen sind/ von welchen die Männlein wegen ihres kleinen und stracken Kopffs nicht so wol unterschieden werden können/ wie Charas in seiner Historie der Theriaes-Ingredientien pag 30. muthmasset. Alle aber sind entweder im Früling oder im Herbst/ und wie es Marxius c. l. deutet/ vor und nach Georgen Tag/ vor der Sonnen Auffgang zu fangen/ da sie am fettesten sind/ und nach solcher Zeit nichts mehr an ihnen zu finden ist/ dieweilen sie alles in die Eyerverzehren/ welche sie/ wie andere Schlangen auch in den Sand scharren/ und von der Sonnen ausbrütenlassen/ es seye dann/ daß sie solche zuweilen etwas zu lang bey sich behalten/ bis die Jungen in dem Leib schon ausgehen: dahero die Meynung entstanden/ daß die junge Vipern den Müttern den Leib durchfressen/ oder daß die Vipern allein ihre Jungen lebendig gehähren sollen/ da doch solches zuweilen auch an den andern Schlangen geschiehet/ wie Frid. Hoffm. c. l. p. 688. aus des Redi Observ. de Viperis angeführet hat. Wie irrig und lächerlich aber derjenigen Vorgeben sey/ welche behaupten wollen/ daß die Vipern sich durch den Mund paaren/ und dardurch empfangen sollen/ ist aus des Wormii Museo p. 263. zuersehen/ allwo gezeiget wird/ daß sie / wie alle andere Thiere sich vermehren/ und sich nur im paaren lecken/ oder gleichsam küssen sollen.
§. III. Es werden aber die VIPERAE oder Welsche Nattern/ nachdem sie gefangen worden/ entweder lebendig beschrieben und verschickt/ oder so bald getödtet/ auffgetrucknet/ und auf verschiedene Art praeparirt. Jene sollen recht lebhafftig/ fett und dick/ auch frisch gefangen seyn/ und muß man/ so balden sie ankommen/ die Einschläge öffnen/ und die abgestandene oder verstorbene auswerffen/ die andern aber unter Moos in Tonnen schlagen/ und an einen temperirten Ort stellen/ weilen sie weder Frost noch Hitze vertragen können/ allwo sie wol 6. Monat ohne einige Speise lebendig bleiben; doch muß man wol Achtung geben/ daß sie nicht ausbrechen/ und hin und wieder sich verkriechen/ da sie leicht grossen Schaden thun könten/ und wañ man sie heraus langet/ muß man sie nut gelind am Schwantz angreiffen / und nicht hart drucken/ sonsten sie böß werden/ und um sich beissen; weßwegen sie andere mit dem Zänglein fassen/ wie Ponet. in seiner Hist. Gen. des Drogues Part. 2. lib. I. c. 27. p. 61 treulich warnet.
§. IV. Die auffgedörrete Viperschlangen oder
VIPERAE EXSICCATAE
sind vordiesem/ auch wol heut zu Tag noch an etlichen Orten also praeparirt worden/ daß sie erstlich die lebendige Vipern/ ehe sie ihnen die Köpff und Schwäntze abschneiden/ weidlich peitschen/ damit sie also zum Zorn erreget/ ihren Gifft wegspeyen möchten; und weilen man vermeinet/ daß solcher sich alsdann aus dem gantzen Leib in den Kopff ziehe/ diesen nebenst dem Schwantz hinweg schneiden. Allein wie abgeschmackt und unverständig diese Meinung seye / hat obgemeldter Frantzos Moyses Charas nicht allein in dem schon allegirt. Tr. sondern auch in einem eigenen Frantzös. Buch de Viperis stattlich erwiesen; indem er zeiget/ daß/ weil Helmontius schon vor diesem gelehret/ auch D. Ettmüller in einer eigenen Disputation de Morsu Viperae weitläufftig dociret/ die Viperschlangen/ (welche von grossen Herren ohne Schaden in der Speise genossen werden /) an und vor sich nicht gifftig seyn/ sondern durch den Zorn / wann sie irritiret würden/ dergleichen gifftige Bisse/ wie die gifftig-böse und erzörnte Menschen selbsten/ anbringen und anlegen könten: Und ob zwar der berühmte Italiäner Franciscus Redi in seinen Obs. de Viperis durch gewisse Experimenta behaupten wollen/ daß der Speichel von den Schlangen den Gifft in sich hege/ und wann solcher in die Stiche und Wunden komme / den Menschen tödte/ so hat doch belobter Charas ihn mit andern Observationen widerleget; und weilen also obige Praeparation auf einem falschen Grund beruhet/ so unterlässet jetztgemeldter Apothecker das obige Geiseln gäntzlich/ sondern hauet den Nattern nur den
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Zitationshilfe: | Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/557>, abgerufen am 04.03.2025. |