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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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§. I.

Das rohe oder wahre Einhorn/ in den Apothecken Unicornu Verum, oder

UNICORNU MARINUM

genannt/ ist ein sehr langer/ gestreiffter und gleichsam gewunden oder gedräheter Zahn eines gewissen Grönländischen Wall-Fisches/ siehet äusserlich gelb/ inwendig aber weiß aus; wird von den Grönland-Fahrer nebst den See-Hund-Fellen/ Thraan und dergleichen aus Grönland gebracht/ allwo sie es gegen Messer/ Scheren/ Spiegel und dergleichen austauschen/ auch offt selbsten fangen/ wie Olearius im dritten Buch seiner Persianischen Reiß-Beschreibung p. 175. umbständlich berichtet hat.

§. II.

Der Fisch/ worvon es herrühret/ wird NARHUAL genennet/ weilen er sich von Aasen und Todten-Cörper/ so dorten Nar heissen/ ernehret/ und wird von dem berühmten Thoma Bartholino in einem eigenen Buch darvon abgemahlet und beschrieben/ daß er den andern Wall-Fischen nicht viel ungleich/ und ohngefehr 30. Elen lang seye/ zwey Floß-Federn auff den Seiten/ 3. Hügel auff dem Rücken/ und unten am Bauch nur einen habe/ aus dessen lincken Ober-Kinnbacken ein langer Zahn gerad vor sich heraus stehet/ wormit es das Eiß brechen soll/ weswegen das so genandte Horn offters forn abgebrochen ist. Es gehet also dieser Zahn nicht aus der Nasen/ wie Olearius l. 6. redet/ indem dieser Fisch keine Nase hat/ und wie die andere Wallfisch/ durch 2. Löcher/ so oben in dem Nacken stehen/ und nicht durch die Nasen respiriret/ auch das Wasser daraus in die Höhe wirfft: sondern er sitzet in seiner Höhle am obersten Kinnbacken / wie die Zähne an anderen Thieren/ wie solches schon längsten vom Herr Tulpio in Observ. und gar weitläufftig von Olao VVormio in Mus. p. 282. &amp;amp; seqq. beschrieben/ auch in verschiedenen Figuren unter Augen geleget worden/ welche mit dem Cranio, so ich vor diesem zu Amsterdam in der Schney-Kammer gesehen/ sehr übereinkommen. Ob aber jeder Fisch zwey solche Zähne habe/ wie D. Jacobi in Mus. Reg. Haffn. muthmasset/ auch dergleichen eines gesehen hat / muß die Erfahrung weiter lehren. Dieses aber ist gewiß/ daß unten in dem grossen Horn oder Zahn/ offt noch ein kleines stecke/ wie Herr D. Reisel in der Kunst-Kammer zu Stuttgard gesehen/ und solches in Misc. Nat. Cur. Dec. 3. A. 8. p. 351. unter Augen legt. Weswegen Simon Uries lib. 1. Groenlandiae Antiq. f. 285. nicht unbillich schliesset/ das diesem Wall-Fisch die Zähne/ wie denen Menschen/ ausfallen/ und andere wachsen thäten.

§. III.

Ob man nun über dieses anjetzo beschriebenes Einhorn noch ein anderes UNICORNU VERUM in der Welt finden könne/ welches an der Stirn eines vier füssigen und einem Pferd gleich sehenden Thiers (wie biß daher viele geglaubet und vorgegeben haben) hervor schiesse? wird von klugen und vorsichtigen Natur kündigern nicht unbillich gezweiffelt/ wie geschäfftig sich auch Catelanus in seinem Buch vom Einhorn gezeiget/ solches mit vielen Gründen und Verantwortungen zu behaupten. Und ob zwar in H. Schrifft des Einhorns offt gedacht wird/ so ist doch kein dergleichen erdichtetes Thier/ sonderu das Nasenhorn dadurch verstanden worden/ wie Andreas Baccius solches in seinem Tr. de Unicoruu behauptet. Es will sich gar nicht zusammen raumen / daß da dieses Thier so rar/ wild/ und nur in der Einöde zufinden/ doch in dem Schooß einer reinen Jungfrauen soll gezeuget werden/ welche dahin niemahl kommet: Und wann es so rar ist / wo kommen so viel hundert Hörner her/ die man hin und wieder findet und täglich verbraucht? Indeme über die jenige Einhörner/ so man in dem Königl. Schatz zu S. Denys bey Pariß/ zu Coppenhagen in der Schloß-Kirchen/ zu Dreßden in der Kunst-Kammer und andern Orten in kostbarrn Futteralen und Gold-Ketten auffhänget/ siehet/ fast ein jeder Materialist und Apothecker eines und mehr zeigen können/ und solche nun so gemein worden/ daß man eines/ welches vor diesen viel tausend Thaler geschätzet worden/ numehr umb ein paar Dutzend Thaler (wie neulich geschehen) kauffen kan. Weswegen gantz falsch ist/ das solche von einen so raren Thier herkommen sollen/ welches gantz erdichtet/ und deswegen so wohl von Gelährten als Ungelährten auch auff so mancherley Weiß beschrieben und abgemahlet wird/ daß man einen gantzen Bogen damit anfüllen kan/ wie in des Pometi Histoire des Drognes Part. 2. Lib. 1. p. 9. zu sehen ist/ allwo diese Hirn-Thiere gleichsam Rendezvous halten. Ist derohalbe sicherer / man meslire sich mit diesen Meynungen gar nit/ welche vor vielen Jahren schon Deusingius Tr. de Monocerote stattlich wiederleget: zumahlen auch die heutige Materialisten/ als Schurtzius, Marxius, Pomet und andere selbsten gestehen/ daß dasjenige Einhorn/ so bey ihnen zufinden / von obgedachtem Fisch herrühre; und wäre deswegen billich und recht/ daß man in den gemeinen Apothecker-Täx den allzuhoch gesetzten Preiß ändere/ weilen diese Hörner/ wie obgedacht / sehr wohl feil im Einkauf sind. Weshalben dann auch die Apothecker nicht mehr Ursach haben solches gar zu verfälschen/ und an statt der kleinen Stücken Helffenbein zugeben / worvon es dran zu unterscheiden/ daß es subtilere Streiffen und Fibras hat/ auch dichter und schwerer ist/ wie Schroeder in seiner Pharmac. Medico-Chym. Lib. V. p. 43. schon gezeiget hat.

§. IV.

Seine Kräffte oder Tugenden sind vor diesem und noch gar zu hoch gespannet uud heraus gestrichen worden/ indem man es vor ein gewisses Anditotum gegen das stärckeste Gift/ als Arsenicü und dergleiche rühmet/ so gar daß die

§. I.

Das rohe oder wahre Einhorn/ in den Apothecken Unicornu Verum, oder

UNICORNU MARINUM

genannt/ ist ein sehr langer/ gestreiffter und gleichsam gewunden oder gedräheter Zahn eines gewissen Grönländischen Wall-Fisches/ siehet äusserlich gelb/ inwendig aber weiß aus; wird von den Grönland-Fahrer nebst den See-Hund-Fellen/ Thraan und dergleichen aus Grönland gebracht/ allwo sie es gegen Messer/ Scheren/ Spiegel und dergleichen austauschen/ auch offt selbsten fangen/ wie Olearius im dritten Buch seiner Persianischen Reiß-Beschreibung p. 175. umbständlich berichtet hat.

§. II.

Der Fisch/ worvon es herrühret/ wird NARHUAL genennet/ weilen er sich von Aasen und Todten-Cörper/ so dorten Nar heissen/ ernehret/ und wird von dem berühmten Thoma Bartholino in einem eigenen Buch darvon abgemahlet und beschrieben/ daß er den andern Wall-Fischen nicht viel ungleich/ und ohngefehr 30. Elen lang seye/ zwey Floß-Federn auff den Seiten/ 3. Hügel auff dem Rücken/ und unten am Bauch nur einen habe/ aus dessen lincken Ober-Kinnbacken ein langer Zahn gerad vor sich heraus stehet/ wormit es das Eiß brechen soll/ weswegen das so genandte Horn offters forn abgebrochen ist. Es gehet also dieser Zahn nicht aus der Nasen/ wie Olearius l. 6. redet/ indem dieser Fisch keine Nase hat/ und wie die andere Wallfisch/ durch 2. Löcher/ so oben in dem Nacken stehen/ und nicht durch die Nasen respiriret/ auch das Wasser daraus in die Höhe wirfft: sondern er sitzet in seiner Höhle am obersten Kinnbacken / wie die Zähne an anderen Thieren/ wie solches schon längsten vom Herr Tulpio in Observ. und gar weitläufftig von Olao VVormio in Mus. p. 282. &amp;amp; seqq. beschrieben/ auch in verschiedenen Figuren unter Augen geleget worden/ welche mit dem Cranio, so ich vor diesem zu Amsterdam in der Schney-Kammer gesehen/ sehr übereinkommen. Ob aber jeder Fisch zwey solche Zähne habe/ wie D. Jacobi in Mus. Reg. Haffn. muthmasset/ auch dergleichen eines gesehen hat / muß die Erfahrung weiter lehren. Dieses aber ist gewiß/ daß unten in dem grossen Horn oder Zahn/ offt noch ein kleines stecke/ wie Herr D. Reisel in der Kunst-Kammer zu Stuttgard gesehen/ und solches in Misc. Nat. Cur. Dec. 3. A. 8. p. 351. unter Augen legt. Weswegen Simon Uries lib. 1. Groenlandiae Antiq. f. 285. nicht unbillich schliesset/ das diesem Wall-Fisch die Zähne/ wie denen Menschen/ ausfallen/ und andere wachsen thäten.

§. III.

Ob man nun über dieses anjetzo beschriebenes Einhorn noch ein anderes UNICORNU VERUM in der Welt finden könne/ welches an der Stirn eines vier füssigen und einem Pferd gleich sehenden Thiers (wie biß daher viele geglaubet und vorgegeben haben) hervor schiesse? wird von klugen und vorsichtigen Natur kündigern nicht unbillich gezweiffelt/ wie geschäfftig sich auch Catelanus in seinem Buch vom Einhorn gezeiget/ solches mit vielen Gründen und Verantwortungen zu behaupten. Und ob zwar in H. Schrifft des Einhorns offt gedacht wird/ so ist doch kein dergleichen erdichtetes Thier/ sonderu das Nasenhorn dadurch verstanden worden/ wie Andreas Baccius solches in seinem Tr. de Unicoruu behauptet. Es will sich gar nicht zusammen raumen / daß da dieses Thier so rar/ wild/ und nur in der Einöde zufinden/ doch in dem Schooß einer reinen Jungfrauen soll gezeuget werden/ welche dahin niemahl kommet: Und wann es so rar ist / wo kommen so viel hundert Hörner her/ die man hin und wieder findet und täglich verbraucht? Indeme über die jenige Einhörner/ so man in dem Königl. Schatz zu S. Denys bey Pariß/ zu Coppenhagen in der Schloß-Kirchen/ zu Dreßden in der Kunst-Kammer und andern Orten in kostbarrn Futteralen und Gold-Ketten auffhänget/ siehet/ fast ein jeder Materialist und Apothecker eines und mehr zeigen köñen/ und solche nun so gemein worden/ daß man eines/ welches vor diesen viel tausend Thaler geschätzet worden/ numehr umb ein paar Dutzend Thaler (wie neulich geschehen) kauffen kan. Weswegen gantz falsch ist/ das solche von einen so raren Thier herkommen sollen/ welches gantz erdichtet/ und deswegen so wohl von Gelährten als Ungelährten auch auff so mancherley Weiß beschrieben und abgemahlet wird/ daß man einen gantzen Bogen damit anfüllen kan/ wie in des Pometi Histoire des Drognes Part. 2. Lib. 1. p. 9. zu sehen ist/ allwo diese Hirn-Thiere gleichsam Rendezvous halten. Ist derohalbë sicherer / man meslire sich mit diesen Meynungen gar nit/ welche vor vielen Jahren schon Deusingius Tr. de Monocerote stattlich wiederleget: zumahlen auch die heutige Materialisten/ als Schurtzius, Marxius, Pomet und andere selbsten gestehen/ daß dasjenige Einhorn/ so bey ihnen zufinden / von obgedachtem Fisch herrühre; und wäre deswegen billich und recht/ daß man in den gemeinen Apothecker-Täx den allzuhoch gesetzten Preiß ändere/ weilen diese Hörner/ wie obgedacht / sehr wohl feil im Einkauf sind. Weshalben dann auch die Apothecker nicht mehr Ursach haben solches gar zu verfälschen/ uñ an statt der kleinen Stücken Helffenbein zugeben / worvon es dran zu unterscheiden/ daß es subtilere Streiffen und Fibras hat/ auch dichter uñ schwerer ist/ wie Schroeder in seiner Pharmac. Medico-Chym. Lib. V. p. 43. schon gezeiget hat.

§. IV.

Seine Kräffte oder Tugenden sind vor diesem und noch gar zu hoch gespannet uud heraus gestrichen worden/ indem man es vor ein gewisses Anditotum gegen das stärckeste Gift/ als Arsenicü und dergleichë rühmet/ so gar daß die

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        <p>genannt/ ist ein sehr langer/ gestreiffter und gleichsam gewunden oder gedräheter Zahn       eines gewissen Grönländischen Wall-Fisches/ siehet äusserlich gelb/ inwendig aber weiß aus;       wird von den Grönland-Fahrer nebst den See-Hund-Fellen/ Thraan und dergleichen aus Grönland       gebracht/ allwo sie es gegen Messer/ Scheren/ Spiegel und dergleichen austauschen/ auch       offt selbsten fangen/ wie Olearius im dritten Buch seiner Persianischen Reiß-Beschreibung p.       175. umbständlich berichtet hat.</p>
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[482/0531] §. I. Das rohe oder wahre Einhorn/ in den Apothecken Unicornu Verum, oder UNICORNU MARINUM genannt/ ist ein sehr langer/ gestreiffter und gleichsam gewunden oder gedräheter Zahn eines gewissen Grönländischen Wall-Fisches/ siehet äusserlich gelb/ inwendig aber weiß aus; wird von den Grönland-Fahrer nebst den See-Hund-Fellen/ Thraan und dergleichen aus Grönland gebracht/ allwo sie es gegen Messer/ Scheren/ Spiegel und dergleichen austauschen/ auch offt selbsten fangen/ wie Olearius im dritten Buch seiner Persianischen Reiß-Beschreibung p. 175. umbständlich berichtet hat. §. II. Der Fisch/ worvon es herrühret/ wird NARHUAL genennet/ weilen er sich von Aasen und Todten-Cörper/ so dorten Nar heissen/ ernehret/ und wird von dem berühmten Thoma Bartholino in einem eigenen Buch darvon abgemahlet und beschrieben/ daß er den andern Wall-Fischen nicht viel ungleich/ und ohngefehr 30. Elen lang seye/ zwey Floß-Federn auff den Seiten/ 3. Hügel auff dem Rücken/ und unten am Bauch nur einen habe/ aus dessen lincken Ober-Kinnbacken ein langer Zahn gerad vor sich heraus stehet/ wormit es das Eiß brechen soll/ weswegen das so genandte Horn offters forn abgebrochen ist. Es gehet also dieser Zahn nicht aus der Nasen/ wie Olearius l. 6. redet/ indem dieser Fisch keine Nase hat/ und wie die andere Wallfisch/ durch 2. Löcher/ so oben in dem Nacken stehen/ und nicht durch die Nasen respiriret/ auch das Wasser daraus in die Höhe wirfft: sondern er sitzet in seiner Höhle am obersten Kinnbacken / wie die Zähne an anderen Thieren/ wie solches schon längsten vom Herr Tulpio in Observ. und gar weitläufftig von Olao VVormio in Mus. p. 282. &amp;amp; seqq. beschrieben/ auch in verschiedenen Figuren unter Augen geleget worden/ welche mit dem Cranio, so ich vor diesem zu Amsterdam in der Schney-Kammer gesehen/ sehr übereinkommen. Ob aber jeder Fisch zwey solche Zähne habe/ wie D. Jacobi in Mus. Reg. Haffn. muthmasset/ auch dergleichen eines gesehen hat / muß die Erfahrung weiter lehren. Dieses aber ist gewiß/ daß unten in dem grossen Horn oder Zahn/ offt noch ein kleines stecke/ wie Herr D. Reisel in der Kunst-Kammer zu Stuttgard gesehen/ und solches in Misc. Nat. Cur. Dec. 3. A. 8. p. 351. unter Augen legt. Weswegen Simon Uries lib. 1. Groenlandiae Antiq. f. 285. nicht unbillich schliesset/ das diesem Wall-Fisch die Zähne/ wie denen Menschen/ ausfallen/ und andere wachsen thäten. §. III. Ob man nun über dieses anjetzo beschriebenes Einhorn noch ein anderes UNICORNU VERUM in der Welt finden könne/ welches an der Stirn eines vier füssigen und einem Pferd gleich sehenden Thiers (wie biß daher viele geglaubet und vorgegeben haben) hervor schiesse? wird von klugen und vorsichtigen Natur kündigern nicht unbillich gezweiffelt/ wie geschäfftig sich auch Catelanus in seinem Buch vom Einhorn gezeiget/ solches mit vielen Gründen und Verantwortungen zu behaupten. Und ob zwar in H. Schrifft des Einhorns offt gedacht wird/ so ist doch kein dergleichen erdichtetes Thier/ sonderu das Nasenhorn dadurch verstanden worden/ wie Andreas Baccius solches in seinem Tr. de Unicoruu behauptet. Es will sich gar nicht zusammen raumen / daß da dieses Thier so rar/ wild/ und nur in der Einöde zufinden/ doch in dem Schooß einer reinen Jungfrauen soll gezeuget werden/ welche dahin niemahl kommet: Und wann es so rar ist / wo kommen so viel hundert Hörner her/ die man hin und wieder findet und täglich verbraucht? Indeme über die jenige Einhörner/ so man in dem Königl. Schatz zu S. Denys bey Pariß/ zu Coppenhagen in der Schloß-Kirchen/ zu Dreßden in der Kunst-Kammer und andern Orten in kostbarrn Futteralen und Gold-Ketten auffhänget/ siehet/ fast ein jeder Materialist und Apothecker eines und mehr zeigen köñen/ und solche nun so gemein worden/ daß man eines/ welches vor diesen viel tausend Thaler geschätzet worden/ numehr umb ein paar Dutzend Thaler (wie neulich geschehen) kauffen kan. Weswegen gantz falsch ist/ das solche von einen so raren Thier herkommen sollen/ welches gantz erdichtet/ und deswegen so wohl von Gelährten als Ungelährten auch auff so mancherley Weiß beschrieben und abgemahlet wird/ daß man einen gantzen Bogen damit anfüllen kan/ wie in des Pometi Histoire des Drognes Part. 2. Lib. 1. p. 9. zu sehen ist/ allwo diese Hirn-Thiere gleichsam Rendezvous halten. Ist derohalbë sicherer / man meslire sich mit diesen Meynungen gar nit/ welche vor vielen Jahren schon Deusingius Tr. de Monocerote stattlich wiederleget: zumahlen auch die heutige Materialisten/ als Schurtzius, Marxius, Pomet und andere selbsten gestehen/ daß dasjenige Einhorn/ so bey ihnen zufinden / von obgedachtem Fisch herrühre; und wäre deswegen billich und recht/ daß man in den gemeinen Apothecker-Täx den allzuhoch gesetzten Preiß ändere/ weilen diese Hörner/ wie obgedacht / sehr wohl feil im Einkauf sind. Weshalben dann auch die Apothecker nicht mehr Ursach haben solches gar zu verfälschen/ uñ an statt der kleinen Stücken Helffenbein zugeben / worvon es dran zu unterscheiden/ daß es subtilere Streiffen und Fibras hat/ auch dichter uñ schwerer ist/ wie Schroeder in seiner Pharmac. Medico-Chym. Lib. V. p. 43. schon gezeiget hat. §. IV. Seine Kräffte oder Tugenden sind vor diesem und noch gar zu hoch gespannet uud heraus gestrichen worden/ indem man es vor ein gewisses Anditotum gegen das stärckeste Gift/ als Arsenicü und dergleichë rühmet/ so gar daß die

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/531>, abgerufen am 21.11.2024.