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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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§. 7.

Wir schreiten deswegen zu denen Pomerantzen/ welche die Lateiner

MALA AURANTIA

nennen/ weilen doch gemeiniglich dieselbe mit den Citronen in den Orangerien bey einander wachsen/ auch meistens bey einander feil getragen werden: sind von den Citronen theils durch die eusserliche Figur/ welche nicht oval, sondern rund und etwas zusammen gedruckt/ theils durch die Farb/ welche roth- oder Goldgelbe ist/ unterschieden: Haben gleichfals eine dicke lederichte Schale/ voller kleiner Löchlein und übertreffen/ an dem scharffen/ bitteren und aromatischen Geschmack/ die Citronen. Sie kommen ebenmäsig aus Italien/ Portugal und der Provintz Languedoc in Franckreich/ wo sie frey und ohne einige Gesetz oder Bedingungen verkauffet werden.

§. 8.

Der Pomerantzen-Baum kommet mit der Grösse dem Citronen-Baum nahe/ ist etwa zwey oder drey Ehlen lang/ mit vielen kurtzen Zweigen/ so immer grün/ auch das gantze Jahr über Frucht träget/ nachdem er zuvor im April oder Majo weisse und wohlriechende Blüte gehabt; wie dann auch die Blätter/ welche dick und den Lorbeer-Blättern gleich sind/ einen ziemlich guten Geruch haben. Man will sagen/ daß die Bäume/ so Früchte trügen/ aus Indien müsten gebracht werden/ indem aus dem Saamen keine Frucht-tragende zu erziehen seyen. Wann sie aber auff andere Bäume gepfropffet werden/ sollen sie tragen/ wie D. Hermanni in seinem Mss. setzet. Und daher mag es vielleicht kommen seyn/ daß man davor gehalten/ die Pomerantzen hätten ihren Ursprung von einem Citronen-Baum/ so auff einen Granaten-Baum gepflantzet worden; welches doch nicht glaublich/ sondern ist kein Zweiffel/ daß sie/ wie andere Bäume/ auch in der ersten Schöpffung erstanden seyen.

§. 9.

Ihr Unterscheid wird entweder von den Ländern/ wo sie wachsen/ genommen/ da man ohne die gemeine/ auch die so genandte Aepffel Sina unter die Pomerantzen zu zehlen hat: Oder von dem Geschmack/ in Ansehen dessen man Süsse/ Saure/ oder auch Wein-saure hat/ welche letztere am meisten gebräuchlich sind. Von allen aber kan man aus dem sehr schönen und raren Buch/ welches / Ferrarius Anno 1646. zu Rom in Folio unter dem Tit. Hort. Hesperidum her auß gegeben / mehreren Unterricht nehmen/ dessen wir bey den Citronen schon gedacht haben. Pomet gedencket auch der gantz kleinen und unzeitigen Pomeräntzlein/ welche zu den Rosen-Kräntzen gesucht werden; weswegen die Materialisten solche auch bringen lassen/ wie er in seinem Buch pag. 234. zeiget.

§. 10.

Wie Nützlich und dienlich aber diese Früchten seyen/ bezeuget der Indianer Sprich-Wort / welche sagen sollen/ daß derjenigen Schwelle kein Medicus betretten soll/ in deren Häusser viele Pomerantzen-Schalen zu sehen/ wie Piso von den Brasilianern in Histor. Brasil. Lib. 1. pag. 10. erwehnet. Weilen aber an denen Früchten ein so grosser Unterscheid/ als unter den Ländern selbsten ist/ so muß man in Europa behutsam damit umbgehen/ absonderlich die Teutschen/ deren viele sich in Franckreich und Italien an denen Pomerantzen todt gefressen / wie Sim. Paulli in seinem Quadr. Bot. pag. 385. bezeuget. Sonsten kommen sie den Kräfften nach mit denen Citronen in vielem überein/ doch also/ daß die Schale viel kräfftiger / aromatischer und erwärmender seyen/ als die Citronen-Schalen/ weswegen sie in allen Leibs- und Mutter-Schmertzen/ Windsucht/ Magen-Wehe und dergleichen sehr gut thun. Dem Safft hergegen ist der Citronen-Safft überlegen/ welcher doch auch kühlet und stärcket: beyde aber wehren der Fäulung des Scharbocks/ wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 520. zeiget.

§. 11.

Zu diesem End werden vielerley Praeparata von den Pomerantzen in denen Apothecken gefunden / als die Essentz/ Tinctur, Syrup und dergleichen/ welche im Schroeder und denen Dispensatoriis zu sehen sind. Jetzo wollen wir nur derjenigen gedencken/ welche die Materialisten aus den Frembden bringen lassen: da sie dann I. mit der Orangen-Blüt einen grossen Handel treiben / welche sie eingemacht aus Italien und der Provintz in Franckreich bringen lassen: Woher auch II. das Pomerantzen-Blüt-Wasser oder so genandte AQUA NAPHAE herkommet/ dessen sich nicht allein die Parfumierer gebrauchen/ sondern auch die Medici, indem es nicht allein das Hertz und die Frucht in Mutter-Leibe stärcket/ sondern auch gegen die Peste gelobet wird. Weilen es aber langsam verschrieben wird/ ist es gemeiniglich in denen Apothecken verdorben und schmäcket wie schlecht Wasser/ da es hergegen einen bitteren Geschmack und dabeneben einen sehr lieblichen starcken Geruch haben/ auch über ein Jahr nicht alt seyn soll: länger lässet es sich nicht halten. Ingleichen rühret III. dasjenige wohlriechende Oehl/ welches die Parfumierer NEROLI heissen von dieser Blüt her/ und ist nichts anders als das 80. destillarum florum aurantiorum oder destillirtes Pomerantzen-Blüt-Oehl/ ist schön hell und überaus

§. 7.

Wir schreiten deswegen zu denen Pomerantzen/ welche die Lateiner

MALA AURANTIA

nennen/ weilen doch gemeiniglich dieselbe mit den Citronen in den Orangerien bey einander wachsen/ auch meistens bey einander feil getragen werden: sind von den Citronen theils durch die eusserliche Figur/ welche nicht oval, sondern rund und etwas zusammen gedruckt/ theils durch die Farb/ welche roth- oder Goldgelbe ist/ unterschieden: Haben gleichfals eine dicke lederichte Schale/ voller kleiner Löchlein und übertreffen/ an dem scharffen/ bitteren und aromatischen Geschmack/ die Citronen. Sie kommen ebenmäsig aus Italien/ Portugal und der Provintz Languedoc in Franckreich/ wo sie frey und ohne einige Gesetz oder Bedingungen verkauffet werden.

§. 8.

Der Pomerantzen-Baum kommet mit der Grösse dem Citronen-Baum nahe/ ist etwa zwey oder drey Ehlen lang/ mit vielen kurtzen Zweigen/ so immer grün/ auch das gantze Jahr über Frucht träget/ nachdem er zuvor im April oder Majo weisse und wohlriechende Blüte gehabt; wie dann auch die Blätter/ welche dick und den Lorbeer-Blättern gleich sind/ einen ziemlich guten Geruch haben. Man will sagen/ daß die Bäume/ so Früchte trügen/ aus Indien müsten gebracht werden/ indem aus dem Saamen keine Frucht-tragende zu erziehen seyen. Wann sie aber auff andere Bäume gepfropffet werden/ sollen sie tragen/ wie D. Hermanni in seinem Mss. setzet. Und daher mag es vielleicht kommen seyn/ daß man davor gehalten/ die Pomerantzen hätten ihren Ursprung von einem Citronen-Baum/ so auff einen Granaten-Baum gepflantzet worden; welches doch nicht glaublich/ sondern ist kein Zweiffel/ daß sie/ wie andere Bäume/ auch in der ersten Schöpffung erstanden seyen.

§. 9.

Ihr Unterscheid wird entweder von den Ländern/ wo sie wachsen/ genommen/ da man ohne die gemeine/ auch die so genandte Aepffel Sina unter die Pomerantzen zu zehlen hat: Oder von dem Geschmack/ in Ansehen dessen man Süsse/ Saure/ oder auch Wein-saure hat/ welche letztere am meisten gebräuchlich sind. Von allen aber kan man aus dem sehr schönen und raren Buch/ welches / Ferrarius Anno 1646. zu Rom in Folio unter dem Tit. Hort. Hesperidum her auß gegeben / mehreren Unterricht nehmen/ dessen wir bey den Citronen schon gedacht haben. Pomet gedencket auch der gantz kleinen und unzeitigen Pomeräntzlein/ welche zu den Rosen-Kräntzen gesucht werden; weswegen die Materialisten solche auch bringen lassen/ wie er in seinem Buch pag. 234. zeiget.

§. 10.

Wie Nützlich und dienlich aber diese Früchten seyen/ bezeuget der Indianer Sprich-Wort / welche sagen sollen/ daß derjenigen Schwelle kein Medicus betretten soll/ in deren Häusser viele Pomerantzen-Schalen zu sehen/ wie Piso von den Brasilianern in Histor. Brasil. Lib. 1. pag. 10. erwehnet. Weilen aber an denen Früchten ein so grosser Unterscheid/ als unter den Ländern selbsten ist/ so muß man in Europa behutsam damit umbgehen/ absonderlich die Teutschen/ deren viele sich in Franckreich und Italien an denen Pomerantzen todt gefressen / wie Sim. Paulli in seinem Quadr. Bot. pag. 385. bezeuget. Sonsten kommen sie den Kräfften nach mit denen Citronen in vielem überein/ doch also/ daß die Schale viel kräfftiger / aromatischer und erwärmender seyen/ als die Citronen-Schalen/ weswegen sie in allen Leibs- und Mutter-Schmertzen/ Windsucht/ Magen-Wehe und dergleichen sehr gut thun. Dem Safft hergegen ist der Citronen-Safft überlegen/ welcher doch auch kühlet und stärcket: beyde aber wehren der Fäulung des Scharbocks/ wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 520. zeiget.

§. 11.

Zu diesem End werden vielerley Praeparata von den Pomerantzen in denen Apothecken gefunden / als die Essentz/ Tinctur, Syrup und dergleichen/ welche im Schroeder und denen Dispensatoriis zu sehen sind. Jetzo wollen wir nur derjenigen gedencken/ welche die Materialisten aus den Frembden bringen lassen: da sie dann I. mit der Orangen-Blüt einen grossen Handel treiben / welche sie eingemacht aus Italien und der Provintz in Franckreich bringen lassen: Woher auch II. das Pomerantzen-Blüt-Wasser oder so genandte AQUA NAPHAE herkommet/ dessen sich nicht allein die Parfumierer gebrauchen/ sondern auch die Medici, indem es nicht allein das Hertz und die Frucht in Mutter-Leibe stärcket/ sondern auch gegen die Peste gelobet wird. Weilen es aber langsam verschrieben wird/ ist es gemeiniglich in denen Apothecken verdorben und schmäcket wie schlecht Wasser/ da es hergegen einen bitteren Geschmack und dabeneben einen sehr lieblichen starcken Geruch haben/ auch über ein Jahr nicht alt seyn soll: länger lässet es sich nicht halten. Ingleichen rühret III. dasjenige wohlriechende Oehl/ welches die Parfumierer NEROLI heissen von dieser Blüt her/ und ist nichts anders als das 80. destillarum florum aurantiorum oder destillirtes Pomerantzen-Blüt-Oehl/ ist schön hell und überaus

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[308/0354] §. 7. Wir schreiten deswegen zu denen Pomerantzen/ welche die Lateiner MALA AURANTIA nennen/ weilen doch gemeiniglich dieselbe mit den Citronen in den Orangerien bey einander wachsen/ auch meistens bey einander feil getragen werden: sind von den Citronen theils durch die eusserliche Figur/ welche nicht oval, sondern rund und etwas zusammen gedruckt/ theils durch die Farb/ welche roth- oder Goldgelbe ist/ unterschieden: Haben gleichfals eine dicke lederichte Schale/ voller kleiner Löchlein und übertreffen/ an dem scharffen/ bitteren und aromatischen Geschmack/ die Citronen. Sie kommen ebenmäsig aus Italien/ Portugal und der Provintz Languedoc in Franckreich/ wo sie frey und ohne einige Gesetz oder Bedingungen verkauffet werden. §. 8. Der Pomerantzen-Baum kommet mit der Grösse dem Citronen-Baum nahe/ ist etwa zwey oder drey Ehlen lang/ mit vielen kurtzen Zweigen/ so immer grün/ auch das gantze Jahr über Frucht träget/ nachdem er zuvor im April oder Majo weisse und wohlriechende Blüte gehabt; wie dann auch die Blätter/ welche dick und den Lorbeer-Blättern gleich sind/ einen ziemlich guten Geruch haben. Man will sagen/ daß die Bäume/ so Früchte trügen/ aus Indien müsten gebracht werden/ indem aus dem Saamen keine Frucht-tragende zu erziehen seyen. Wann sie aber auff andere Bäume gepfropffet werden/ sollen sie tragen/ wie D. Hermanni in seinem Mss. setzet. Und daher mag es vielleicht kommen seyn/ daß man davor gehalten/ die Pomerantzen hätten ihren Ursprung von einem Citronen-Baum/ so auff einen Granaten-Baum gepflantzet worden; welches doch nicht glaublich/ sondern ist kein Zweiffel/ daß sie/ wie andere Bäume/ auch in der ersten Schöpffung erstanden seyen. §. 9. Ihr Unterscheid wird entweder von den Ländern/ wo sie wachsen/ genommen/ da man ohne die gemeine/ auch die so genandte Aepffel Sina unter die Pomerantzen zu zehlen hat: Oder von dem Geschmack/ in Ansehen dessen man Süsse/ Saure/ oder auch Wein-saure hat/ welche letztere am meisten gebräuchlich sind. Von allen aber kan man aus dem sehr schönen und raren Buch/ welches / Ferrarius Anno 1646. zu Rom in Folio unter dem Tit. Hort. Hesperidum her auß gegeben / mehreren Unterricht nehmen/ dessen wir bey den Citronen schon gedacht haben. Pomet gedencket auch der gantz kleinen und unzeitigen Pomeräntzlein/ welche zu den Rosen-Kräntzen gesucht werden; weswegen die Materialisten solche auch bringen lassen/ wie er in seinem Buch pag. 234. zeiget. §. 10. Wie Nützlich und dienlich aber diese Früchten seyen/ bezeuget der Indianer Sprich-Wort / welche sagen sollen/ daß derjenigen Schwelle kein Medicus betretten soll/ in deren Häusser viele Pomerantzen-Schalen zu sehen/ wie Piso von den Brasilianern in Histor. Brasil. Lib. 1. pag. 10. erwehnet. Weilen aber an denen Früchten ein so grosser Unterscheid/ als unter den Ländern selbsten ist/ so muß man in Europa behutsam damit umbgehen/ absonderlich die Teutschen/ deren viele sich in Franckreich und Italien an denen Pomerantzen todt gefressen / wie Sim. Paulli in seinem Quadr. Bot. pag. 385. bezeuget. Sonsten kommen sie den Kräfften nach mit denen Citronen in vielem überein/ doch also/ daß die Schale viel kräfftiger / aromatischer und erwärmender seyen/ als die Citronen-Schalen/ weswegen sie in allen Leibs- und Mutter-Schmertzen/ Windsucht/ Magen-Wehe und dergleichen sehr gut thun. Dem Safft hergegen ist der Citronen-Safft überlegen/ welcher doch auch kühlet und stärcket: beyde aber wehren der Fäulung des Scharbocks/ wie Ettmüllerus in Comment. Schroed. pag. 520. zeiget. §. 11. Zu diesem End werden vielerley Praeparata von den Pomerantzen in denen Apothecken gefunden / als die Essentz/ Tinctur, Syrup und dergleichen/ welche im Schroeder und denen Dispensatoriis zu sehen sind. Jetzo wollen wir nur derjenigen gedencken/ welche die Materialisten aus den Frembden bringen lassen: da sie dann I. mit der Orangen-Blüt einen grossen Handel treiben / welche sie eingemacht aus Italien und der Provintz in Franckreich bringen lassen: Woher auch II. das Pomerantzen-Blüt-Wasser oder so genandte AQUA NAPHAE herkommet/ dessen sich nicht allein die Parfumierer gebrauchen/ sondern auch die Medici, indem es nicht allein das Hertz und die Frucht in Mutter-Leibe stärcket/ sondern auch gegen die Peste gelobet wird. Weilen es aber langsam verschrieben wird/ ist es gemeiniglich in denen Apothecken verdorben und schmäcket wie schlecht Wasser/ da es hergegen einen bitteren Geschmack und dabeneben einen sehr lieblichen starcken Geruch haben/ auch über ein Jahr nicht alt seyn soll: länger lässet es sich nicht halten. Ingleichen rühret III. dasjenige wohlriechende Oehl/ welches die Parfumierer NEROLI heissen von dieser Blüt her/ und ist nichts anders als das 80. destillarum florum aurantiorum oder destillirtes Pomerantzen-Blüt-Oehl/ ist schön hell und überaus

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/354>, abgerufen am 23.11.2024.