Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.§. 1. DIe schwartze Nieß-Wurtzel oder Radix Hellebori Nigri bestehet auß vielen/ dünnen / zasselichten und an einem Gnoden hangenden Wurtzeln/ außwendig schwartz und inwendig weiß / eines bittern/ scharffen und beissenden Geschmacks und unannehmlichen eckelhafften Geruchs: ist eines von den uhralten Purgir-Mitteln/ so dem Hippocrati und andern alten Medicis sehr gebräuchlich gewesen. Sie wird sonsten auch Christ-Wurtz genennet/ weilen das Kraut umb das Christ-Fest zu blühen pfleget. Die Lateiner nennen sie auch Veratrum, a vertendo, weilen sie den verrückten Verstand wieder ändert und zurecht bringet. §. 2. Es finden sich aber unterschiedliche Arten dieses Krauts/ welche nicht allein in den Kräuter - Büchern/ sondern auch bey D. Ettmüllern in Comment. Schroed. können gelesen werden. Das rechte/ worvon der Materialisten Nieß-Wurtz herkommet/ hat schöne Rosen/ Anfangs weiß und endlich bleich-roth und zerkerbte Blätter wie auß der Fig. zu ersehen: Wächset in dem Schweitzer und Tyroler Gebürg/ aber häuffig in der Steyer-Marck/ dahero es auch Helleb. niger Stiriacus genennet wird. §. 3. Die Materialisten verkauffen sie entweder bloß oder in Säcklein/ welche von Nürnberg kommen / allwo man 144. oder 12. Dutzend in einen Bund machet und in Säcklein thut/ wie der Buchhalter Schurzius pag. 74. in seiner Material. Kammer meldet. So wissen sie auch die kleinere von den grössern zu sortiren/ unter welchen die letztere die beste find / absonderlich wann sie zu gleich lang/ wohl gedört und sauber sind/ daß sie sich lang halten können. Unterdessen mus man sich wohl fürsehen/ das man an deren statt nicht die Radices aconiti, welche gemeiniglich an einem Ort wachsen und der Nieß-Wurtz sehr gleich sehen / einsamble/ und an statt einer Artzney dem Krancken Gifft beybringe/ worvon Hildanus in Prafat. Oper. kan gelesen werden. §. 4. Dieser Wurtzel gebrauchet man sich den sauren und melancholischen Schleim und Feuchtigkeit / worvon die so genandte Miltz-Beschwerung/ Melancholie, Tobsucht und dergleichen herrühren / auß dem Leib zubringen. Ist auch sonsten in allen Haupt-Kranckheiten/ Krätz und andern affectibus curtaneis ein gut Ding: wird entweder in den Purgir-Wein und Säcklein gebraucht / oder macht man auß dem Extracto Helleb. Nigri und andern Sachen Pillen/ worvon Schroederus und dessen Commentatores, Doct. Hoffmann, Ettmüller und andere weitläufftig handeln. Die Schmiede curiren den Wurm an den Pferden mit dieser Wurtzel; wie dann auch Die weisse Nieß-Wurtz mehr den Pferden und räudichten Schaafen/ als den Menschen dienlich ist/ obwohlen einige Medici in der Tobsucht oder Mania auch solche innerlich gebrauchen/ und ein starck Erbrechen dadurch zu erregen suchen; weswegen der von diesem berümbdte Sächsische Medicus Doct. Michel eine Essentz daraus verfertiget; zum wenigsten mus man sehr behutsam damit verfahren/ sonsten es leichtlich eine hypercatharsin geben kan. Wie es Herr D. Ettmüllern damit ergangen/ als ein Apothecker Gesell an statt des verschriebenen helleb. nigri den weissen genommen/ kan in dessen Comment. Schroeder. pag. 745. gelesen werden. Eusserlich aber kommet sie unter den Schnupff-Tabac. §. 5. Die beste ist wann sie dicke und starcke Wurtzeln hat/ mit vielen weissen Zasseln umbfasset / außwendig gelb/ und inwendig weiß/ anbey scharff und etwas bitter/ auch eines äckelhafftigen Geruchs ist. §. 1. DIe schwartze Nieß-Wurtzel oder Radix Hellebori Nigri bestehet auß vielen/ dünnen / zasselichten und an einem Gnoden hangenden Wurtzeln/ außwendig schwartz und inwendig weiß / eines bittern/ scharffen und beissenden Geschmacks und unannehmlichen eckelhafften Geruchs: ist eines von den uhralten Purgir-Mitteln/ so dem Hippocrati und andern alten Medicis sehr gebräuchlich gewesen. Sie wird sonsten auch Christ-Wurtz genennet/ weilen das Kraut umb das Christ-Fest zu blühen pfleget. Die Lateiner nennen sie auch Veratrum, à vertendo, weilen sie den verrückten Verstand wieder ändert und zurecht bringet. §. 2. Es finden sich aber unterschiedliche Arten dieses Krauts/ welche nicht allein in den Kräuter - Büchern/ sondern auch bey D. Ettmüllern in Comment. Schroed. können gelesen werden. Das rechte/ worvon der Materialisten Nieß-Wurtz herkommet/ hat schöne Rosen/ Anfangs weiß und endlich bleich-roth und zerkerbte Blätter wie auß der Fig. zu ersehen: Wächset in dem Schweitzer und Tyroler Gebürg/ aber häuffig in der Steyer-Marck/ dahero es auch Helleb. niger Stiriacus genennet wird. §. 3. Die Materialisten verkauffen sie entweder bloß oder in Säcklein/ welche von Nürnberg kommen / allwo man 144. oder 12. Dutzend in einen Bund machet und in Säcklein thut/ wie der Buchhalter Schurzius pag. 74. in seiner Material. Kammer meldet. So wissen sie auch die kleinere von den grössern zu sortiren/ unter welchen die letztere die beste find / absonderlich wann sie zu gleich lang/ wohl gedört und sauber sind/ daß sie sich lang halten können. Unterdessen mus man sich wohl fürsehen/ das man an deren statt nicht die Radices aconiti, welche gemeiniglich an einem Ort wachsen und der Nieß-Wurtz sehr gleich sehen / einsamble/ und an statt einer Artzney dem Krancken Gifft beybringe/ worvon Hildanus in Prafat. Oper. kan gelesen werden. §. 4. Dieser Wurtzel gebrauchet man sich den sauren und melancholischen Schleim und Feuchtigkeit / worvon die so genandte Miltz-Beschwerung/ Melancholie, Tobsucht und dergleichen herrühren / auß dem Leib zubringen. Ist auch sonsten in allen Haupt-Kranckheiten/ Krätz und andern affectibus curtaneis ein gut Ding: wird entweder in den Purgir-Wein und Säcklein gebraucht / oder macht man auß dem Extracto Helleb. Nigri und andern Sachen Pillen/ worvon Schroederus und dessen Commentatores, Doct. Hoffmann, Ettmüller und andere weitläufftig handeln. Die Schmiede curiren den Wurm an den Pferden mit dieser Wurtzel; wie dann auch Die weisse Nieß-Wurtz mehr den Pferden und räudichten Schaafen/ als den Menschen dienlich ist/ obwohlen einige Medici in der Tobsucht oder Mania auch solche innerlich gebrauchen/ und ein starck Erbrechen dadurch zu erregen suchen; weswegen der von diesem berümbdte Sächsische Medicus Doct. Michel eine Essentz daraus verfertiget; zum wenigsten mus man sehr behutsam damit verfahren/ sonsten es leichtlich eine hypercatharsin geben kan. Wie es Herr D. Ettmüllern damit ergangen/ als ein Apothecker Gesell an statt des verschriebenen helleb. nigri den weissen genommen/ kan in dessen Comment. Schroeder. pag. 745. gelesen werden. Eusserlich aber kommet sie unter den Schnupff-Tabac. §. 5. Die beste ist wann sie dicke und starcke Wurtzeln hat/ mit vielen weissen Zasseln umbfasset / außwendig gelb/ und inwendig weiß/ anbey scharff und etwas bitter/ auch eines äckelhafftigen Geruchs ist. <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0204" n="158"/> </div> <div> <head>§. 1.</head> <p>DIe schwartze Nieß-Wurtzel oder Radix Hellebori Nigri bestehet auß vielen/ dünnen / zasselichten und an einem Gnoden hangenden Wurtzeln/ außwendig schwartz und inwendig weiß / eines bittern/ scharffen und beissenden Geschmacks und unannehmlichen eckelhafften Geruchs: ist eines von den uhralten Purgir-Mitteln/ so dem Hippocrati und andern alten Medicis sehr gebräuchlich gewesen. Sie wird sonsten auch Christ-Wurtz genennet/ weilen das Kraut umb das Christ-Fest zu blühen pfleget. Die Lateiner nennen sie auch Veratrum, à vertendo, weilen sie den verrückten Verstand wieder ändert und zurecht bringet.</p> </div> <div> <head>§. 2.</head> <p>Es finden sich aber unterschiedliche Arten dieses Krauts/ welche nicht allein in den Kräuter - Büchern/ sondern auch bey D. Ettmüllern in Comment. Schroed. können gelesen werden. Das rechte/ worvon der Materialisten Nieß-Wurtz herkommet/ hat schöne Rosen/ Anfangs weiß und endlich bleich-roth und zerkerbte Blätter wie auß der Fig. zu ersehen: Wächset in dem Schweitzer und Tyroler Gebürg/ aber häuffig in der Steyer-Marck/ dahero es auch Helleb. niger Stiriacus genennet wird.</p> </div> <div> <head>§. 3.</head> <p>Die Materialisten verkauffen sie entweder bloß oder in Säcklein/ welche von Nürnberg kommen / allwo man 144. oder 12. Dutzend in einen Bund machet und in Säcklein thut/ wie der Buchhalter Schurzius pag. 74. in seiner Material. Kammer meldet. So wissen sie auch die kleinere von den grössern zu sortiren/ unter welchen die letztere die beste find / absonderlich wann sie zu gleich lang/ wohl gedört und sauber sind/ daß sie sich lang halten können. Unterdessen mus man sich wohl fürsehen/ das man an deren statt nicht die Radices aconiti, welche gemeiniglich an einem Ort wachsen und der Nieß-Wurtz sehr gleich sehen / einsamble/ und an statt einer Artzney dem Krancken Gifft beybringe/ worvon Hildanus in Prafat. Oper. kan gelesen werden.</p> </div> <div> <head>§. 4.</head> <p>Dieser Wurtzel gebrauchet man sich den sauren und melancholischen Schleim und Feuchtigkeit / worvon die so genandte Miltz-Beschwerung/ Melancholie, Tobsucht und dergleichen herrühren / auß dem Leib zubringen. Ist auch sonsten in allen Haupt-Kranckheiten/ Krätz und andern affectibus curtaneis ein gut Ding: wird entweder in den Purgir-Wein und Säcklein gebraucht / oder macht man auß dem Extracto Helleb. Nigri und andern Sachen Pillen/ worvon Schroederus und dessen Commentatores, Doct. Hoffmann, Ettmüller und andere weitläufftig handeln. Die Schmiede curiren den Wurm an den Pferden mit dieser Wurtzel; wie dann auch</p> <p> <hi rendition="#b">Die weisse Nieß-Wurtz</hi> </p> <p>mehr den Pferden und räudichten Schaafen/ als den Menschen dienlich ist/ obwohlen einige Medici in der Tobsucht oder Mania auch solche innerlich gebrauchen/ und ein starck Erbrechen dadurch zu erregen suchen; weswegen der von diesem berümbdte Sächsische Medicus Doct. Michel eine Essentz daraus verfertiget; zum wenigsten mus man sehr behutsam damit verfahren/ sonsten es leichtlich eine hypercatharsin geben kan. Wie es Herr D. Ettmüllern damit ergangen/ als ein Apothecker Gesell an statt des verschriebenen helleb. nigri den weissen genommen/ kan in dessen Comment. Schroeder. pag. 745. gelesen werden. 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§. 1. DIe schwartze Nieß-Wurtzel oder Radix Hellebori Nigri bestehet auß vielen/ dünnen / zasselichten und an einem Gnoden hangenden Wurtzeln/ außwendig schwartz und inwendig weiß / eines bittern/ scharffen und beissenden Geschmacks und unannehmlichen eckelhafften Geruchs: ist eines von den uhralten Purgir-Mitteln/ so dem Hippocrati und andern alten Medicis sehr gebräuchlich gewesen. Sie wird sonsten auch Christ-Wurtz genennet/ weilen das Kraut umb das Christ-Fest zu blühen pfleget. Die Lateiner nennen sie auch Veratrum, à vertendo, weilen sie den verrückten Verstand wieder ändert und zurecht bringet.
§. 2. Es finden sich aber unterschiedliche Arten dieses Krauts/ welche nicht allein in den Kräuter - Büchern/ sondern auch bey D. Ettmüllern in Comment. Schroed. können gelesen werden. Das rechte/ worvon der Materialisten Nieß-Wurtz herkommet/ hat schöne Rosen/ Anfangs weiß und endlich bleich-roth und zerkerbte Blätter wie auß der Fig. zu ersehen: Wächset in dem Schweitzer und Tyroler Gebürg/ aber häuffig in der Steyer-Marck/ dahero es auch Helleb. niger Stiriacus genennet wird.
§. 3. Die Materialisten verkauffen sie entweder bloß oder in Säcklein/ welche von Nürnberg kommen / allwo man 144. oder 12. Dutzend in einen Bund machet und in Säcklein thut/ wie der Buchhalter Schurzius pag. 74. in seiner Material. Kammer meldet. So wissen sie auch die kleinere von den grössern zu sortiren/ unter welchen die letztere die beste find / absonderlich wann sie zu gleich lang/ wohl gedört und sauber sind/ daß sie sich lang halten können. Unterdessen mus man sich wohl fürsehen/ das man an deren statt nicht die Radices aconiti, welche gemeiniglich an einem Ort wachsen und der Nieß-Wurtz sehr gleich sehen / einsamble/ und an statt einer Artzney dem Krancken Gifft beybringe/ worvon Hildanus in Prafat. Oper. kan gelesen werden.
§. 4. Dieser Wurtzel gebrauchet man sich den sauren und melancholischen Schleim und Feuchtigkeit / worvon die so genandte Miltz-Beschwerung/ Melancholie, Tobsucht und dergleichen herrühren / auß dem Leib zubringen. Ist auch sonsten in allen Haupt-Kranckheiten/ Krätz und andern affectibus curtaneis ein gut Ding: wird entweder in den Purgir-Wein und Säcklein gebraucht / oder macht man auß dem Extracto Helleb. Nigri und andern Sachen Pillen/ worvon Schroederus und dessen Commentatores, Doct. Hoffmann, Ettmüller und andere weitläufftig handeln. Die Schmiede curiren den Wurm an den Pferden mit dieser Wurtzel; wie dann auch
Die weisse Nieß-Wurtz
mehr den Pferden und räudichten Schaafen/ als den Menschen dienlich ist/ obwohlen einige Medici in der Tobsucht oder Mania auch solche innerlich gebrauchen/ und ein starck Erbrechen dadurch zu erregen suchen; weswegen der von diesem berümbdte Sächsische Medicus Doct. Michel eine Essentz daraus verfertiget; zum wenigsten mus man sehr behutsam damit verfahren/ sonsten es leichtlich eine hypercatharsin geben kan. Wie es Herr D. Ettmüllern damit ergangen/ als ein Apothecker Gesell an statt des verschriebenen helleb. nigri den weissen genommen/ kan in dessen Comment. Schroeder. pag. 745. gelesen werden. Eusserlich aber kommet sie unter den Schnupff-Tabac.
§. 5. Die beste ist wann sie dicke und starcke Wurtzeln hat/ mit vielen weissen Zasseln umbfasset / außwendig gelb/ und inwendig weiß/ anbey scharff und etwas bitter/ auch eines äckelhafftigen Geruchs ist.
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Zitationshilfe: | Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/204>, abgerufen am 16.02.2025. |