Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe.
aus dem Urstoffe entstehen, und noch weit zäher zeigt sich das
Blastema der Drüsen. So wird der Urstoff des Knochens immer
fester und enthält dichtere Körperchen u. dgl. m.

b. Die Härte. Die Knorpelmasse zeigt sich härter, als die
seines Urstoffes, und der Knochen härter, als der Knorpel; die Ar-
terienhäute dichter, als das Blut u. dgl. m.

c. Die Durchsichtigkeit. Alle Organe und Organtheile,
welche später Höhlungen in ihrem Innern enthalten, werden zu-
erst in der Mitte ihres Urstoffes durchsichtiger, als an ihren künf-
tigen Wandungen.

d. Farbe. Wiewohl alle Fötaltheile eine mehr helle Farbe
haben, so charakterisirt sich doch diese bald auf eigenthümliche
Weise in jedem Organe und Organtheile. Ich erinnere nur z. B.
an das scharfe Weiss der Harnkanälchen (auf schwarzem Grunde),
an das mehr graulich Weisse mehrerer Häute des Auges u.
dgl. mehr.

Alle diese feinen Nüancen lassen sich in der Natur selbst weit
schärfer bestimmen und leichter erkennen, als durch jede Be-
schreibung oder Abbildung wiedergeben.

2. Das Gesetz der isolirten Entstehung. Dieses Gesetz gilt
wahrscheinlich allgemein für alle entfernteren Organtheile eines
Organes. Wir haben es bis jetzt in folgenden Theilen mit Be-
stimmtheit durch Beobachtung nachgewiesen.

a. In den Knochen. Die Höhlungen der Knochen entstehen
als einzelne isolirte Höhlen, welche sich verlängern und überhaupt
vergrössern und zuletzt zusammenstossen.

b. In den Muskeln. An frischen willkührlichen Muskeln
zeitiger Embryonen kann man sich sehr leicht hiervon überzeu-
gen. Bringt man ein Stück derselben unter das Mikroscop, so
sieht man die einzelnen Muskelbündel durch Blastemmassen auf
das Bestimmteste von einander geschieden.

c. In den Sehnen findet dasselbe wie in den Muskeln, im
Allgemeinen jedoch in einer etwas früheren Zeit Statt.

d. In dem Fette. Hier entstehen, wie schon oben berichtet
wurde, einzelne isolirte Fettkugeln, welche später erst zu ver-
bundenen Massen zusammenstossen.

e. In der Haut. Wir haben es oben schon wahrscheinlich
zu machen gesucht, dass die Spiralen der Hautdrüsen und der
Haare nur secundär zusammenfallen. Dass die ersteren von au-

41

VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe.
aus dem Urstoffe entstehen, und noch weit zäher zeigt sich das
Blastema der Drüsen. So wird der Urstoff des Knochens immer
fester und enthält dichtere Körperchen u. dgl. m.

b. Die Härte. Die Knorpelmasse zeigt sich härter, als die
seines Urstoffes, und der Knochen härter, als der Knorpel; die Ar-
terienhäute dichter, als das Blut u. dgl. m.

c. Die Durchsichtigkeit. Alle Organe und Organtheile,
welche später Höhlungen in ihrem Innern enthalten, werden zu-
erst in der Mitte ihres Urstoffes durchsichtiger, als an ihren künf-
tigen Wandungen.

d. Farbe. Wiewohl alle Fötaltheile eine mehr helle Farbe
haben, so charakterisirt sich doch diese bald auf eigenthümliche
Weise in jedem Organe und Organtheile. Ich erinnere nur z. B.
an das scharfe Weiſs der Harnkanälchen (auf schwarzem Grunde),
an das mehr graulich Weiſse mehrerer Häute des Auges u.
dgl. mehr.

Alle diese feinen Nüancen lassen sich in der Natur selbst weit
schärfer bestimmen und leichter erkennen, als durch jede Be-
schreibung oder Abbildung wiedergeben.

2. Das Gesetz der isolirten Entstehung. Dieses Gesetz gilt
wahrscheinlich allgemein für alle entfernteren Organtheile eines
Organes. Wir haben es bis jetzt in folgenden Theilen mit Be-
stimmtheit durch Beobachtung nachgewiesen.

a. In den Knochen. Die Höhlungen der Knochen entstehen
als einzelne isolirte Höhlen, welche sich verlängern und überhaupt
vergröſsern und zuletzt zusammenstoſsen.

b. In den Muskeln. An frischen willkührlichen Muskeln
zeitiger Embryonen kann man sich sehr leicht hiervon überzeu-
gen. Bringt man ein Stück derselben unter das Mikroscop, so
sieht man die einzelnen Muskelbündel durch Blastemmassen auf
das Bestimmteste von einander geschieden.

c. In den Sehnen findet dasselbe wie in den Muskeln, im
Allgemeinen jedoch in einer etwas früheren Zeit Statt.

d. In dem Fette. Hier entstehen, wie schon oben berichtet
wurde, einzelne isolirte Fettkugeln, welche später erst zu ver-
bundenen Massen zusammenstoſsen.

e. In der Haut. Wir haben es oben schon wahrscheinlich
zu machen gesucht, daſs die Spiralen der Hautdrüsen und der
Haare nur secundär zusammenfallen. Daſs die ersteren von au-

41
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0669" n="641"/><fw place="top" type="header">VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe.</fw><lb/>
aus dem Urstoffe entstehen, und noch weit zäher zeigt sich das<lb/>
Blastema der Drüsen. So wird der Urstoff des Knochens immer<lb/>
fester und enthält dichtere Körperchen u. dgl. m.</p><lb/>
          <p>b. Die Härte. Die Knorpelmasse zeigt sich härter, als die<lb/>
seines Urstoffes, und der Knochen härter, als der Knorpel; die Ar-<lb/>
terienhäute dichter, als das Blut u. dgl. m.</p><lb/>
          <p>c. Die Durchsichtigkeit. Alle Organe und Organtheile,<lb/>
welche später Höhlungen in ihrem Innern enthalten, werden zu-<lb/>
erst in der Mitte ihres Urstoffes durchsichtiger, als an ihren künf-<lb/>
tigen Wandungen.</p><lb/>
          <p>d. Farbe. Wiewohl alle Fötaltheile eine mehr helle Farbe<lb/>
haben, so charakterisirt sich doch diese bald auf eigenthümliche<lb/>
Weise in jedem Organe und Organtheile. Ich erinnere nur z. B.<lb/>
an das scharfe Wei&#x017F;s der Harnkanälchen (auf schwarzem Grunde),<lb/>
an das mehr graulich Wei&#x017F;se mehrerer Häute des Auges u.<lb/>
dgl. mehr.</p><lb/>
          <p>Alle diese feinen Nüancen lassen sich in der Natur selbst weit<lb/>
schärfer bestimmen und leichter erkennen, als durch jede Be-<lb/>
schreibung oder Abbildung wiedergeben.</p><lb/>
          <p>2. Das Gesetz der isolirten Entstehung. Dieses Gesetz gilt<lb/>
wahrscheinlich allgemein für alle entfernteren Organtheile eines<lb/>
Organes. Wir haben es bis jetzt in folgenden Theilen mit Be-<lb/>
stimmtheit durch Beobachtung nachgewiesen.</p><lb/>
          <p>a. In den Knochen. Die Höhlungen der Knochen entstehen<lb/>
als einzelne isolirte Höhlen, welche sich verlängern und überhaupt<lb/>
vergrö&#x017F;sern und zuletzt zusammensto&#x017F;sen.</p><lb/>
          <p>b. In den Muskeln. An frischen willkührlichen Muskeln<lb/>
zeitiger Embryonen kann man sich sehr leicht hiervon überzeu-<lb/>
gen. Bringt man ein Stück derselben unter das Mikroscop, so<lb/>
sieht man die einzelnen Muskelbündel durch Blastemmassen auf<lb/>
das Bestimmteste von einander geschieden.</p><lb/>
          <p>c. In den Sehnen findet dasselbe wie in den Muskeln, im<lb/>
Allgemeinen jedoch in einer etwas früheren Zeit Statt.</p><lb/>
          <p>d. In dem Fette. Hier entstehen, wie schon oben berichtet<lb/>
wurde, einzelne isolirte Fettkugeln, welche später erst zu ver-<lb/>
bundenen Massen zusammensto&#x017F;sen.</p><lb/>
          <p>e. In der Haut. Wir haben es oben schon wahrscheinlich<lb/>
zu machen gesucht, da&#x017F;s die Spiralen der Hautdrüsen und der<lb/>
Haare nur secundär zusammenfallen. Da&#x017F;s die ersteren von au-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">41</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[641/0669] VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe. aus dem Urstoffe entstehen, und noch weit zäher zeigt sich das Blastema der Drüsen. So wird der Urstoff des Knochens immer fester und enthält dichtere Körperchen u. dgl. m. b. Die Härte. Die Knorpelmasse zeigt sich härter, als die seines Urstoffes, und der Knochen härter, als der Knorpel; die Ar- terienhäute dichter, als das Blut u. dgl. m. c. Die Durchsichtigkeit. Alle Organe und Organtheile, welche später Höhlungen in ihrem Innern enthalten, werden zu- erst in der Mitte ihres Urstoffes durchsichtiger, als an ihren künf- tigen Wandungen. d. Farbe. Wiewohl alle Fötaltheile eine mehr helle Farbe haben, so charakterisirt sich doch diese bald auf eigenthümliche Weise in jedem Organe und Organtheile. Ich erinnere nur z. B. an das scharfe Weiſs der Harnkanälchen (auf schwarzem Grunde), an das mehr graulich Weiſse mehrerer Häute des Auges u. dgl. mehr. Alle diese feinen Nüancen lassen sich in der Natur selbst weit schärfer bestimmen und leichter erkennen, als durch jede Be- schreibung oder Abbildung wiedergeben. 2. Das Gesetz der isolirten Entstehung. Dieses Gesetz gilt wahrscheinlich allgemein für alle entfernteren Organtheile eines Organes. Wir haben es bis jetzt in folgenden Theilen mit Be- stimmtheit durch Beobachtung nachgewiesen. a. In den Knochen. Die Höhlungen der Knochen entstehen als einzelne isolirte Höhlen, welche sich verlängern und überhaupt vergröſsern und zuletzt zusammenstoſsen. b. In den Muskeln. An frischen willkührlichen Muskeln zeitiger Embryonen kann man sich sehr leicht hiervon überzeu- gen. Bringt man ein Stück derselben unter das Mikroscop, so sieht man die einzelnen Muskelbündel durch Blastemmassen auf das Bestimmteste von einander geschieden. c. In den Sehnen findet dasselbe wie in den Muskeln, im Allgemeinen jedoch in einer etwas früheren Zeit Statt. d. In dem Fette. Hier entstehen, wie schon oben berichtet wurde, einzelne isolirte Fettkugeln, welche später erst zu ver- bundenen Massen zusammenstoſsen. e. In der Haut. Wir haben es oben schon wahrscheinlich zu machen gesucht, daſs die Spiralen der Hautdrüsen und der Haare nur secundär zusammenfallen. Daſs die ersteren von au- 41

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/669
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/669>, abgerufen am 24.11.2024.